Klingenmünster Kirchturm verschwindet aus dem Ortsbild

Der Turm der protestantischen Kirche prägt das Ortsbild Klingenmünsters.
Der Turm der protestantischen Kirche prägt das Ortsbild Klingenmünsters.

Schon lange ist klar, dass der Kirchturm in Klingenmünster baufällig ist. Jetzt ist es bittere Realität: Er ist nicht mehr zu retten. Immerhin die Glocken erklingen weiterhin.

Im Juni 2018 berichtete die RHEINPFALZ erstmals über den verhüllten Kirchturm der protestantischen Kirche in Klingenmünster. Seither steht er da, wie von Christo verhüllt. Fast genau sechs Jahre später ist es bittere Realität: Der Betonkirchturm wird aus Sicherheitsgründen aufgrund herunterfallender Betonstücke, die durch Materialschäden verursacht wurden, in den letzten drei Sommerferienwochen vollständig zurückgebaut. Der Beginn der Vorarbeiten ist auf den 5. August terminiert. Während der Abrisszeit durch die südpfälzische Firma Semar bleibt die Weinstraße gesperrt, der Verkehr wird umgeleitet.

Die Kirchengemeinde hat sich diesen Entschluss nicht leicht gemacht und in den vergangenen Jahren immer wieder das „Für und Wider“ in allen Facetten durchdiskutiert. Gutachten wurden eingeholt, bei Gemeindeversammlungen wurde über den Stand der Ergebnisse informiert und in zahlreichen Presbyteriumssitzungen die Möglichkeit der Sanierung gegenüber dem Teil- oder kompletten Abriss abgewogen. Dabei standen immer die immensen Sanierungskosten und die zu erwartende erneute Sanierung nach etwa 20 Jahren im Raum. Es gab sowohl Befürworter einer Sanierung als auch Gegner, für die eine Sanierung mit einem Kostenvolumen von mittlerweile rund 600.000 Euro als Utopie galt. In der letzten Sitzung im Juni fiel schließlich die endgültige Entscheidung für den kompletten Rückbau. Die steigenden Kosten und das Risiko weiterer Schäden, insbesondere für die Menschen auf dem Kirchenvorplatz – dort spielen oft die Kita-Kinder –, führten zu diesem Entschluss.

Auch der Abriss kostet viel Geld

Der Abriss bringt die Kirchengemeinde jedoch auch an ihre finanziellen Grenzen: „Wir haben zum Zeitpunkt der Abstimmung noch mit Abrisskosten von 171.000 Euro gerechnet. Nun sind zusätzlich Kosten für Verkehrsregelung, Pendelbuseinsätze, Straßensperrungen und Ampelregelungen für ganze drei Wochen hinzugekommen, wodurch sich die Gesamtkosten des Abrissvorhabens auf 232.196 Euro erhöht haben“, erläutert Pfarrerin Almendra Garcia de Reuter die finanziellen Belastungen. Die Seelsorgerin hat vor zwei Jahren mit der Übernahme der Kirchengemeinde auch das Problem Kirchturm übernommen und sorgt sich zu Recht um die finanzielle Lage ihrer Gemeinde. „In Rücksprache mit unserem Dekan Dietmar Zoller wird uns die Landeskirche ein Darlehen für Härtefälle in Höhe von 30.000 Euro gewähren. Ich hoffe nur, dass keine weiteren unerwarteten Reparaturen auf uns zukommen.“

Für Architekt Jens Huck war die Entscheidung emotional: „Nicht nur der Turm, auch die Turmuhr wird im Dorfbild fehlen, aber aus Sicherheitsgründen ist es unumgänglich. Wir werden uns daran gewöhnen müssen.“ Schon einmal mussten sich die Klingenmünsterer an den Abriss einer baufälligen Kirche samt Turm gewöhnen. Zwischen 1956 und 1958 wurde eine neue Kirche gebaut, deren Turm mit fünf Glocken 1965 eingeweiht wurde. Seither läuten die Glocken zu vielen kirchlichen Festen.

Glockengeläut wird digitalisiert

Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt: Die Kirchturmglocken werden nicht verkauft und bleiben der Gemeinde erhalten, vorläufig sicher verpackt in einer privaten Unterkunft. Ihre endgültige Zukunft hängt von Spenden ab. Eine konkrete Möglichkeit ist die Errichtung eines separaten Stahlturms, wie er bereits in anderen Kirchen genutzt wird. Dieser Turm könnte Platz für drei der fünf Glocken bieten und würde eine dauerhafte Lösung zur Nutzung der Glocken darstellen. Bis dies jedoch realisiert werden kann, werden die Glocken digital erklingen. Ein Beschallungstechniker wird diese Woche Dienstag oder Donnerstag, je nach Wetterlage, das Geläut aufnehmen. Dadurch können Einladung zum Gottesdienst, Taufglocke, Vaterunser-Läuten, Glockenklang zu Hochzeiten oder Sterbefällen, Mittags- und Abendläuten wie bisher erklingen. Die dafür benötigte Anlage kostet etwa 5000 Euro.

Pfarrerin Almendra Garcia de Reuter ruft die Gemeinde dazu auf, mit Spenden die Zukunft des Kirchengeläuts zu sichern. Am Sonntag, 4. August, 17 Uhr, findet am Kirchvorplatz eine Freiluftandacht statt, bei der sich die Gemeinde gemeinsam vom Glockenturm verabschiedet.

Spendenkonto

Protestantisches Verwaltungsamt Bad Bergzabern, Sparkasse Südpfalz, IBAN DE32 5485 0010 0000 083006, Verwendungszweck: Kirchengeläut Klingenmünster.

Seit 2018 steht der Kirchturm schon da wie von Christo verhüllt.
Seit 2018 steht der Kirchturm schon da wie von Christo verhüllt.
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