Freimersheim Kunst-Workshop: Junge Leute lernen Sprühen

Schnell zaubern die jungen Talente ein großes Kunstwerk an die Mauer – links der Künstler Till Heim.
Schnell zaubern die jungen Talente ein großes Kunstwerk an die Mauer – links der Künstler Till Heim.

Illegale Graffitis sind vielen Leuten ein Dorn im Auge. Dass das Sprühen Geschick erfordert, hat der Künstler Till Heim im öffentlichen Raum schon oft bewiesen. Nun hat er jungen Menschen gezeigt, wie das funktioniert.

„Mir gefällt es sehr gut und ich würde es sofort wieder machen“, lautete die begeisterte Zustimmung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter zwei Geschwisterpaare, am Graffiti-Workshop in Freimersheim.

Insgesamt 20 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 15 Jahren aus den umliegenden Ortschaften, die Mehrzahl davon Jungs, waren dabei. Für die Veranstaltung hatten sich das Jugendbüro der Verbandsgemeinde Edenkoben und der Freimersheimer Verein kult-Futur stark gemacht. Innerhalb von nicht mal zwei Tagen waren alle Plätze vergeben.

Grundstück erworben

Gemeinsam mit der Jugendpflegerin der Verbandsgemeinde, Clara Hettler, war die Idee zu einem Graffiti-Workshop aufgekommen, nachdem die Gemeinde Freimersheim das Grundstück in der Hauptstraße 64 erworben hat. Dort befindet sich eine alte Mauer, die abgerissen werden soll. Die konnte für die ersten Graffiti-Versuche genutzt werden. „Bisher hatte ich noch keinen Graffiti-Kurs angeboten oder mich damit ausprobiert und bin froh, dass wir Till Heim gewinnen konnten“, freute sich Clara Hettler über die neue Zusammenarbeit.

Kürzlich werkelten dann die 20 Kinder und Teenager insgesamt sieben Stunden lang, um erste Erfahrungen mit dem Sprayen zu sammeln oder, wie die Brüder Samy und Pino, ihre Fähigkeiten zu vertiefen. Der Landauer Künstler Till Heim hat bereits unzählige Auftragsgraffitis, unter anderem auch von der Stadt Landau, im öffentlichen Raum gestaltet. Tätig ist er ebenso für Privatpersonen und Firmen. Als Künstler malt oder sprüht er auch abstrakte Bilder auf Holz, Leinwand und weiteren Materialien, die oft mit beiden Techniken entstehen.

Vorher einen Plan machen

Der Fachmann machte deutlich, dass man nicht einfach irgendwas sprüht, sondern das geplante Motiv zunächst mit Bleistift auf Papier bringt. Dann wird mit den gewählten Stiften die farbliche Ausgestaltung festlegt. Etwa 75 Spraydosen waren als bunte Farbpalette für die beiden Tage geplant. Für die ersten Versuche durften sich die Teilnehmer je zwei Farbdosen aussuchen. Vor dem Sprayen mussten die Dosen kräftig geschüttelt werden, damit sich die Farbe vermischen und Druck aufgebaut werden konnte. Da beim Sprühen ganz feine Teilchen freigesetzt werden, mussten alle eine FFP2-Maske tragen. An Till Heim konnte man anhand seiner großen Profi-Maske mit speziellem Filterschutz sehen, wie wichtig das Tragen ist, zumal sich auch der typische Farbgeruch schnell ausbreitete.

Bevor es los ging, zeigte Till Heim anhand eines großen gelben, mit grün umrandeten „S“ auf der Mauer die Handhabung der Dosen. Immer vier Teilnehmer bekamen eine bestimmte Fläche, auf der sie ihr erstes Motiv sprühen konnten. So entstanden zuerst die Initialen ihrer Vornamen. Beim 13-jährigen Samy war schon nach den ersten Strichen zu sehen – wie auch bei seinem neunjährigen Bruder Pino –, dass er deutlich weiter ist und sich sogar schon den Künstlernamen „Saekeris“ gegeben hat; Pino nennt sich „RexFlower“. Für Außenstehende sind die Namen oft nicht zu entziffern. Mit dieser speziellen Schreibweise signierten die jungen Künstler auch ihre Werke. Schnell war das Geheimnis ihrer Fähigkeiten gelüftet: Ihre Mutter ist Kunstlehrerin.

Beide waren rundum begeistert. Es sei cool, dass Till Heim „uns erst versuchen lässt“ und dann zeige, wie man es auch anders machen könne, sagte Samy. Pino gefiel, „dass man sich mit den daneben Arbeitenden unterhält und diese sagen, was man verbessern könnte“. Der zehnjährige Jonathan sagte: „Mir gefällt es sehr gut, weil es mal anders ist als Schule und Lernen.“ Er habe vorher noch nie gesprüht, „aber es macht viel Spaß und ist echt cool“, brachte es der 13-jährige Robert auf den Punkt.

Die Mauer reichte fast nicht

Sichtlich zufrieden zeigte sich auch der Künstler: „Mit 20 Kindern ist es eine sehr große Gruppe. Aber das hat immer gut geklappt, sogar das Wetter hat mitgemacht“. Natürlich war auch Jugendpflegerin Clara Hettler dabei. Eine große bunte Katze mit langem Schwanz zeugte von ihrem Talent. Auch die Zusammenarbeit der Teilnehmer war wichtig. Max erzählt: „Mir gefällt es sehr gut. Ich habe mich mit fünf Leuten zusammengetan und wir haben ein Gesamtbild gemacht, in dem jeder sein Motiv gesprüht hat“. Bei den unzähligen Ideen wurden manchmal auch unabsichtlich andere Werke übersprüht, dies sei oft das Los von Sprayern, wie Till Heim erzählt.

Es gibt auch Regeln

Er ermahnte alle Teilnehmenden nichts und nirgends ohne Genehmigung zu sprühen, weil das absolut nicht erlaubt und eine Sachbeschädigung sei. „Die Stadt Landau stellt auf Antrag eine ganz genau bezeichnete Fläche zur Verfügung, die man besprühen darf“, erklärt er. Meist sei es ein Übersprühen, weil die Flächen begrenzt seien, aber dann auf jeden Fall legal.

Bei 20 Teilnehmern ist irgendwann auch die längste Mauer zu Ende. Die Westseite des Anwesens zum Hof hin wurde daher auch noch freigegeben. In ihrer Begeisterung war schnell auch der Sockel vor dem Tor zur Straße hin besprüht. Till Heim blieb entspannt und machte sich an die „Schadensbegrenzung“. Nun ziert eine große blau-rosa blühende Blume mit saftig-grünen Stängeln und Blättern vor gelbem Hintergrund und schwebenden Pollen den Eingangsbereich und erzählt allen Vorbeikommenden von der kreativen Ferienaktion.

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