Kreis Südliche Weinstraße Raus aus der Illegalität

Städtisches Museum und Tourismusbüro sollen nach einem Vorschlag des Landesrechnungshofs ins Erdgeschoss des Engel einziehen.
Städtisches Museum und Tourismusbüro sollen nach einem Vorschlag des Landesrechnungshofs ins Erdgeschoss des Engel einziehen.

Bad Bergzabern: Für das städtische Museum im Gasthaus Zum Engel gibt es keine gültige Baugenehmigung. Das geht aus einem Gutachten des Landesrechnungshofs hervor. Dass es auch in Zukunft eine Weinstube in dem Renaissancegebäude gibt, wie von der Stadt gewünscht, ist unwahrscheinlich.

Thema beschäftigt Stadtrat 

Die Sanierung und zukünftige Nutzung des Engel sind ein Dauerbrenner in der Kurstadt. Schon seit Jahren beschäftigt das Thema den Stadtrat, aber auch die Landesregierung und den Landesrechnungshof. Nachdem im vergangenen Jahr für rund 250.000 Euro das Fundament des zwischen 1556 und 1579 erbauten Gebäudes saniert worden ist, wird seither über Zuschüsse und die künftige Nutzung gestritten. Nach einem Beschluss des Stadtrats soll der Engel im Eigentum der Stadt bleiben, außerdem soll das städtische Museum weiterhin in den beiden Obergeschossen seinen Platz haben. Seit 1802 war der Engel ein Gasthaus. Das Erdgeschoss soll nach Willen der Stadt auch in Zukunft gastronomisch genutzt werden. Laut Stadtbürgermeister Fred-Holger Ludwig (CDU) gibt es einen Interessenten, der einen Pachtvertrag über zehn Jahre abschließen möchte. Mit diesen Vorgaben ging Ludwig am 30. Juni in ein Gespräch mit dem Landesrechnungshof, an dem auch Vertreter der Bauabteilung der Kreisverwaltung und der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Neustadt beteiligt waren. Nach diesem Gespräch sowie einem weiteren Gutachten des Landesrechnungshofs, das vor wenigen Tagen in der Kurstadt eingetroffen ist, kann die Stadt ihre Pläne nicht aufrechterhalten.

Obergeschoss ist städtisches Museum  

1980 gelangte das Gebäude in den Besitz der Stadt, es wurde grundlegend renoviert. 1984 genehmigte die Bauabteilung der Kreisverwaltung der Kunstgilde, in einer Wohnung im ersten Obergeschoss Bilder auszustellen und Versammlungen abzuhalten. Seit Anfang der 1990er-Jahre werden die Räume der Kunstgilde sowie eine weitere Wohnung im ersten Obergeschoss als städtisches Museum genutzt. Seit 1998 stellt die Stadt in der Wohnung im zweiten Obergeschoss den Nachlass von Martha Saalfeld und Werner von Scheidt aus. „Beide Umnutzungen sind durch die Baugenehmigung aus dem Jahr 1984 nicht gedeckt“, teilt der Rechnungshof mit. Anfang August bestätigte die Bauabteilung der Kreisverwaltung dies. „Sollten weiterhin die Räume als Museum genutzt werden, ist hierzu ein Bauantrag einzureichen. Die Prüfung dieses Antrages muss jedoch auf Grundlage des aktuellen Baurechts erfolgen“, schreibt die Kreisverwaltung. „Es ist absurd, da haben wir all die Jahre ein illegales Museum betrieben. Das haben wir nicht gewusst“, sagt Ludwig. Der Rechnungshof hat Bedenken, dass die oberen Stockwerke auch in Zukunft als Museum genutzt werden können. Die Treppenbreite reiche für eine gefahrlose Nutzung, etwa im Brandfall, nicht aus. Um die Vorgaben für die Barrierefreiheit, den Brandschutz und die Rettungswege erfüllen zu können, müsste ein Aufzug eingebaut und das Treppenhaus auf die erforderlichen Maße ausgebaut werden. Damit seien massive Eingriffe in die denkmalgeschützte Bausubstanz erforderlich, teilt der Rechnungshof mit. Die Kosten wären enorm.

Rechnungshof: Umbau nicht umsetzbar 

Angesichts der desolaten finanziellen Situation der Stadt – der Schuldenstand liegt bei rund 20 Millionen Euro – hält der Rechnungshof auch den geplanten Umbau der Weinstube im Erdgeschoss für nicht umsetzbar. Der Umbau würde nach den Berechnungen des Architekten rund 680.000 Euro kosten. Dem stehen laut Gutachten 18.000 Euro an Pachteinnahmen gegenüber. Die Kosten für Instandhaltung und Zinsen mit einberechnet, ist laut Rechnungshof eine Tilgung des Kredits aus den Pachteinnahmen nicht möglich. Der Rechnungshof vertritt außerdem die Auffassung, dass es nicht Aufgabe einer Kommune sein könne, gastronomische Betriebe zu subventionieren. Der Rechnungshof schlägt der Stadt ein alternatives Nutzungskonzept für den Engel vor. Im Obergeschoss sollen Wohnungen reaktiviert und vermietet werden. Das städtische Museum soll mit seinen wichtigsten Exponaten ins Erdgeschoss ziehen. Zudem schlagen Innenministerium und Rechnungshof vor, dass das Tourismusbüro, das in der Südpfalz-Therme untergebracht ist, neben dem Museum im Erdgeschoss des Engel seinen Platz findet. Sie sehen das Tourismusbüro mit Museum als klassischen Frequenzbringer im historischen Stadtkern. Umbau und Sanierung könnten in diesem Fall mit bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten gefördert werden. Der Rechnungshof schlägt weiter vor, die Öffnungszeiten des Tourismusbüros denen des Museums anzupassen. Die Aufsicht könnten die Mitarbeiter des Tourismusbüros übernehmen. Für das Museum wäre so kein weiteres Personal erforderlich. Im Gegenzug solle die Stadt auf Pachtzahlungen des Tourismusbüros verzichten. Ein Vorschlag, mit dem sich Stadtchef Ludwig durchaus anfreunden kann: „Das Tourismusbüro würde gut in die Altstadt passen.“ Der Tourismusverein als Betreiber des Tourismusbüros habe sich von der Idee aber wenig begeistert gezeigt, so Ludwig. Info Heute, 19 Uhr (Sitzungssaal des Schlosses), beschäftigt sich der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt mit dem Engel. In der nächsten Wochen auch der Stadtrat.

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