Kommentar Ein Rücktritt ist nicht der richtige Weg, um zu protestieren

Als der Gemeinderat zurücktrat, applaudierten die Freisbacher.
Als der Gemeinderat zurücktrat, applaudierten die Freisbacher.

In der Südpfalz ist ein ganzer Gemeinderat aus Protest zurückgetreten. Gut, dass das bei uns niemand nachmacht. Aber der Unmut ist groß. Deshalb gibt es eine größere Sorge.

Zwischen Landau und Speyer liegt ein Dorf, das etwa so groß ist wie Dellfeld: Freisbach. Bis vor wenigen Tagen hat dieser Name den meisten Pfälzern gar nichts gesagt, jetzt liest man ihn in ganz Deutschland: In Freisbach ist der komplette Gemeinderat zurückgetreten. Aus Protest gegen die Landesregierung. Die hatte den Haushalt nicht genehmigt und gefordert, dass Freisbach dafür erst seine Steuern deutlich erhöht.

Das kommt den Südwestpfälzern bekannt vor: Reihenweise mussten unsere Räte die Grundsteuer erhöhen. Für die Hausbesitzer bedeutet das, dass sie um die 80 Euro im Jahr mehr bezahlen müssen. Zweibrücken lag deshalb monatelang mit dem Land im Clinch, bis der Stadtrat am Ende doch die Steuererhöhung beschloss. Die Freien Wähler und die CDU sprachen im Mai sogar von „Erpressung“. Wobei Zweibrücken die Steuer auch deshalb heraufsetzen musste, damit es vom Land auf der anderen Seite 125 Millionen Euro an Schulden erlassen bekommt.

Es hat mal ordentlich geknallt

So mancher Lokalpolitiker in der Südwestpfalz wird froh sein, dass es mal ordentlich geknallt hat. Eine Kritik, die Bürgermeister immer wieder an der Landesregierung üben: Das Land drückt den Dörfern immer mehr Aufgaben auf, gibt ihnen aber nicht das notwendige Geld dafür. Deshalb kann man durchaus die Finanzpolitik des Landes bemängeln. Ein Rücktritt ist aber keine gute Form des Protestes. Die Freisbacher haben sich zumindest für eine Zeitlang die Chance genommen, die Zukunft ihres Dorfes selbst zu gestalten.

Es ist gut, dass in der Südwestpfalz niemand dem Beispiel aus der Südpfalz gefolgt ist. Aber das dicke Ende könnte in anderer Form noch kommen: wenn engagierte Bürgermeister aus Ärger übers Land überlegen, ob sie bei der Kommunalwahl 2024 überhaupt noch mal kandidieren möchten. Diese stillere Form der Resignation bereitet größeren Anlass zur Sorge als der Paukenschlag in Freinsheim.

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