Kreis Südwestpfalz Nicole, Honni und ein Elfer-Held aus Auersmacher

Weltenbummler Heinz Rox-Schulz 1959 im Amazonasgebiet.
Weltenbummler Heinz Rox-Schulz 1959 im Amazonasgebiet.

«Saarbrücken.» „Wenn Sie hier schon den Lafontaine ausstellen, dann müssen Sie aber auch den Röder zeigen“: Kritik an der Personal-Auswahl der 113 ausgestellten Prominenten aus Deutschlands kleinstem Flächenland muss sich das Kuratorium des Saarbrücker Museums in diesen Tagen immer wieder anhören. Wollen die Leute wirklich daran erinnert werden, dass DDR-Diktator Erich Honecker aus Neunkirchens Stadtteil Wiebelskirchen stammte? Und ist Max Palu wirklich ein Prominenter? Den gab’s doch gar nicht wirklich, den von Jochen Senf gespielten „Tatort“-Saarfranzosen mit Baguette, der stets „Salü“-rufend über den St. Johanner Markt radelte! Und wer bitte ist Nicole Seibert? Ach so, das ist unsere Nicole, die 1982 im englischen Harrogate den Eurovision Song Contest gewann. Ihr Nachname ist ja eher wenig bekannt – doch dafür hat jeder auch heute noch die weiße Gitarre und das schwarze Perlenkleid vor Augen, die jetzt einen Ehrenplatz in der Sonderausstellung „Prominente Saarländer“ einnehmen. Nicole darf da ebenso wenig fehlen wie „Heinz Becker“, dessen Batschkapp samt Schaffhos, Hosenträgern und kariertem Hemd nun ebenso zu den Glanzstücken der Promiparade aus dem Lyonerland zählt. 31 herausgehobenen Persönlichkeiten wird in der Schau besonders breiter Raum zugebilligt – neben großen Fotos mit Texttafel jeweils mit einem oder mehreren Gegenständen aus persönlichem Gebrauch. Zu entdecken gibt es hier zum Beispiel jene Fußballschuhe, mit denen der Kicker Jonas Hector, ein Bub aus Auersmacher, bei der EM 2016 den entscheidenden Elfmeter gegen Italien-Ikone Gianluigi Buffon versenkte. Museumsdirektor Simon Matzerath versichert, dass an den abgewetzten Stiefelstollen noch Reste des Viertelfinal-Rasens von Bordeaux kleben. Aus dem Privatbesitz von Oskar Lafontaine hat jener Koffer den Weg ins Museum gefunden, mit dem der Saarbrücker 1999 überraschend seine Sachen packte und den Job als Bundesminister und SPD-Vorsitzender hinwarf. Die Münchner Bavaria-Studios haben jenes U-Boot-Modell nach Saarbrücken geschickt, das bei Tricksequenzen beim Dreh des Spielfilms „Das Boot“ zum Einsatz kam. Produzent des legendären Streifens war Günther Rohrbach aus Neinkerje. Einen harten Kampf um den Preis des verrücktesten Exponats der Ausstellung liefern sich der kauzige Weltenbummler Heinz Rox-Schulz (1924 - 2004) und der bereits erwähnte Erich „Honni“ Honecker: An den Erstgenannten erinnert die Tasche voller geheimnisvoller Zaubermittelchen eines indianischen Medizinmanns, geflochten aus den Schuppen eines Gürteltiers. Und den „Großen Vorsitzenden“ aus der DDR würdigen eine Jagduniform und „Honnis“ private Hausbar in der geschmacklich grenzwertigen Form einer Ritterrüstung. Ein Hingucker ist das Kanu, mit dem Therese Zenz 1954 Weltmeisterin wurde – als Sportlerin in den Farben des damals noch autonomen Staats Saarland. Kostbar sind die reich ausgemalten Handschriften aus dem 15. Jahrhundert, mit denen sich die belesene Saarbrücker Gräfin Elisabeth von Lothringen um die deutsche Literaturgeschichte verdient machte. Als Leihgabe aus Berlin können Besucher hier nun den Verdienstorden bewundern, der dem Saarbrücker Kindermädchen Katharine Weißgerber (1818 - 1886) verliehen wurde: Aufopferungsvoll versorgte „Schultze Kathrin“ auf dem Schlachtfeld bei Spichern am 6. August 1870 im Kugelhagel zahllose verwundete Soldaten. Gäste können sich auf Wunsch per Hör-Führung (Audio-Guide) durch die Ausstellung leiten lassen. Je nachdem, was er verständlicher findet, hat der Besucher die Auswahl zwischen Sprachbotschaften auf Französisch und im Saarbrücker Dialekt. Darüber, dass „die Auswahl, die wir getroffen haben, Diskussionen auslösen“ wird, ist sich Museumsdirektor Matzerath klar. In der Tat wird nicht immer deutlich, warum es diese oder jene Persönlichkeit nun in den engen Kreis der 31 besonders ausführlich präsentierten Saarländer geschafft hat – und andere in das erweiterte Feld der 82 anderen, die in der Schau lediglich durch stetig wechselnde Porträtfotos auf einem Bildschirm gewürdigt werden. Wurde etwa eine Laura Theiss deshalb in die erlesene Riege aufgenommen, weil man von der Homburger Strickmode-Schöpferin nun einige schön bunte Kleider im Museum vorführen kann? Oder warum müssen sich andererseits Persönlichkeiten wie Ludwig Harig, Philipp Jakob Siebenpfeiffer, Wolfgang Staudte, Dzenifer Marozsán, Jupp Derwall, Hieronymus Bock, Cindy & Bert, Peter Hartz, Dieter Thomas Heck oder Manfred Sexauer mit einem Platz am Katzentisch bescheiden? Eine salomonische Lösung hofft Simon Matzerath mit der Entscheidung gefunden zu haben, einen ganz speziellen Ehrenplatz im Ausstellungsraum einem „Saar-Prominenten der Zukunft“ frei zu halten: Der wird nämlich erst am morgigen Sonntag in einer Saarbrücker Klinik geboren. Einen Strampelanzug und einen Schnuller des noch nicht namentlich genannten Mädchens haben sich die Museumsmacher bereits gesichert. Info —Die Ausstellung im Historischen Museum Saar am Saarbrücker Schlossplatz 15 ist ab Dienstag, 29. August, bis zum 13. Mai 2018 zu sehen. Geöffnet täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr. —Der Eintritt für das gesamte Historische Museum kostet sechs Euro, ermäßigt drei Euro. Ein 30-minütiger Kurzbesuch ist für zwei Euro möglich. Bis 18-Jährige sind frei. —Der 384-seitige Katalog mit Personenbeschreibungen und 260 Abbildungen, darunter aller Exponate, kostet im Buchhandel 24,90 Euro, im Museum 19,90 Euro.

„Schultze Kathrin“ pflegte Opfer der Schlacht von Spichern.
»Schultze Kathrin« pflegte Opfer der Schlacht von Spichern.
Honeckers Ritter-Bar mit klappbaren Schnaps-Schultern.
Honeckers Ritter-Bar mit klappbaren Schnaps-Schultern.
Darf nicht fehlen: Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker. Hier überquert er in klassischer Pose den Saarbrücker Ilseplatz.
Darf nicht fehlen: Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker. Hier überquert er in klassischer Pose den Saarbrücker Ilseplatz.
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