Kreis Südwestpfalz Rechtswidrig ja – aber auch absichtlich falsch?

Bürgermeister Lethen hat beim Kreis eine Baulast für Parkplätze am Dorfgemeinschaftshaus eintragen lassen – allerdings ohne gült
Bürgermeister Lethen hat beim Kreis eine Baulast für Parkplätze am Dorfgemeinschaftshaus eintragen lassen – allerdings ohne gültigen Beschluss. Der Kreis sieht keine Nachteile für die Gemeinde.

Urkundenfälschung werfen Mitglieder des Gemeinderats Riedelberg Bürgermeister Peter Lethen und einem Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung vor. Es geht um Parkplätze für die neue Tischtennishalle. Die Kommunalaufsicht hat den Bürgermeister gerügt, weil er hierfür eine Baulast eintragen ließ – ohne Ratsbeschluss. Weiteres lasse sich aber nicht mehr klären. Riedelbergs Beigeordneter Christian Schwarz möchte sich damit nicht zufrieden geben.

Worum geht es?

Der TTC Riedelberg baut eine neue Tischtennishalle. Für die Baugenehmigung muss er Parkplätze nachweisen. Die muss er nicht alle neu bauen, sondern er kann auch auf vorhandene Parkplätze zurückgreifen, etwa am Friedhof, am Kindergarten und am Dorfgemeinschaftshaus. Dafür braucht er aber die Zustimmung der Gemeinde. Regeln kann man das durch eine sogenannte Baulast. Bürgermeister Peter Lethen ließ im April 2016 beim Kreis eine Baulast für sechs Parkplätze am Dorfgemeinschaftshaus eintragen – allerdings rechtswidrig. Denn es geschah ohne Beschluss des Gemeinderates (wir berichteten am 14. Juli 2016). Hier liegt allerdings der Knackpunkt: Teile des Rates werfen dem Bürgermeister vor, er habe den Rat hintergangen und gemeinsam mit dem Schriftführer der Verbandsgemeinde die Niederschrift gefälscht. Denn in der Niederschrift steht, der Rat habe die Eintragung einer Baulast beschlossen. Man habe gar nicht über eine Baulast geredet, sagen Lethens Kritiker. Sie haben sich im Februar 2017 an den Kreis gewandt, und die Kommunalaufsicht hat den Fall erneut untersucht, wie die Pressesprecherin der Kreisverwaltung, Ulla Eder, auf Anfrage der RHEINPFALZ mitteilte. Das Ergebnis: Der Beschluss ist ungültig. Aber ob die Niederschrift tatsächlich absichtlich falsch abgefasst wurde, lasse sich nicht mehr klären. Wenn ein Ratsmitglied mit der Niederschrift nicht einverstanden ist, kann es seine Einwände vorbringen, und zwar spätestens in der folgenden Ratssitzung. Das sei hier nicht geschehen. Warum ist der Beschluss dennoch unwirksam? Das Thema Baulast stand nicht auf der Tagesordnung und wurde auch nicht zu Beginn der Sitzung nachträglich aufgenommen. Selbst wenn in der Sitzung hierzu ein Beschluss gefasst wurde, ist der damit unwirksam – ganz unabhängig von der Frage, ob die Niederschrift falsch ist oder nicht. Deshalb hat die Kommunalaufsicht den Bürgermeister „Anfang Juli 2016 gerügt und angehalten, künftig rechtmäßig zu handeln“, schreibt Eder. Was bedeutet das für den TTC? Gar nichts. Nachdem die Baulast eingetragen war, hat der Kreis die Baugenehmigung für die Sporthalle erteilt. Der TTC, als unbeteiligter Dritter, muss darauf vertrauen können, dass das gilt. „Eine Möglichkeit, die Baulast anzufechten, gibt es nicht, da sie bereits Wirkung nach außen entfaltet hat“, erklärt die Pressesprecherin. Allerdings sei auch kein Schaden entstanden: „Die Flächen am Dorfgemeinschaftshaus sind hierfür auch geeignet, Nachteile für die Ortsgemeinde durch die Ausweisung von TTC-Parkplätzen sind an dieser Stelle nicht zu erwarten.“ Was sagt die Verbandsgemeinde? Der damalige Schriftführer überlegt sich, Strafanzeige wegen übler Nachrede zu stellen. Er weist den Vorwurf der Urkundenfälschung zurück. Schließlich habe er schlicht gar nichts davon, für den Riedelberger Bürgermeister oder den Tischtennisclub eine falsche Niederschrift zu verfassen. Die Sache sei anderthalb Jahre her, und er habe seitdem ungefähr 20 weitere Sitzungen gehabt, sagt er und verweist darauf, dass direkt danach auch niemand die Niederschrift beanstandet hat. Offizielle Presseerklärungen seien aber Sache der Zentralabteilung. Seine Vorgesetzten gehen davon aus, dass die Niederschrift korrekt ist. „Ich muss mich auf das verlassen, was mein Schriftführer sagt“, findet Büroleiter Karl-Heinz Brügel. Zum Vorwurf der Urkundenfälschung, äußert sich Verbandsbürgermeister Jürgen Gundacker so: „Ein solcher Vorwurf ist mir nicht bekannt. Sollte es den geben, stelle ich mich vor meinen Mitarbeiter. Sowas kann ich mir in unserer Verwaltung nicht vorstellen.“ Was sagen Lethens Kritiker? Ihnen stößt sauer auf, dass der Sohn des Bürgermeisters der zweite Vorsitzende des TTC ist: Gereon Lethen, der auch im Gemeinderat sitzt. Der Vorwurf vereinfacht ausgedrückt: Der Bürgermeister habe die Baulast eintragen lassen, um seinem Sohn einen Gefallen zu tun. Dass die Halle ein Gewinn fürs Dorf ist, erkennen sie an. Wo die Fronten verlaufen, zeigen zwei Abstimmungen in der Ratssitzung Ende Mai (wir berichteten am 2. Juni): Dabei ging es um Änderungen der Tagesordnung. Beide Male bildeten Sven Agne, Markus Hammerschmidt, Gerald Legleitner, Harald Schmitt und Christian Schwarz eine Gruppe, Bürgermeister Peter Lethen, Gereon Lethen, Norbert Feix und Edgar Huber den Gegenpart. Falls die Niederschrift vom Dezember 2015 wirklich falsch abgefasst war, so haben es die Ratsmitglieder, die sich später an den Kreis gewandt haben, versäumt, darauf hinzuweisen. Das sei ein Fehler gewesen, räumen sie ein. Lethens Stellvertreter, der erste Beigeordnete Christian Schwarz, will die Sache dennoch nicht auf sich beruhen lassen, sondern „weitere Schritte unternehmen“. Wer mit einer Entscheidung der Kommunalaufsicht nicht einverstanden ist, kann sich laut Eder an die nächsthöhere Instanz wenden. Das wäre in diesem Fall die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier. Der Beigeordnete kritisiert zum einen, dass Bürgermeister Lethen die Baulast eintragen ließ, zum anderen, dass der Kreis außer der Rüge keine Sanktionen verhängt hat: „Wenn solche Handlungen und Vorgehensweisen ohne Konsequenzen bleiben, müssen zukünftig keine Beschlüsse getroffen und protokollierte Sitzungen mehr abgehalten werden. Mir verbieten es meine Erziehung und meine Einstellung zu Recht und Ordnung, eine solche Vorgehensweise zu akzeptieren oder stillschweigend hinzunehmen“, schreibt Schwarz in einer Stellungnahme. Der Beigeordnete ist einer der größten Kritiker von Bürgermeister Lethen. Er wirft ihm vor, sich nicht an demokratisch gefasste Entscheidungen zu halten: „Beschlüsse werden nicht oder anders umgesetzt, beziehungsweise es wird erst gar kein Beschluss eingeholt.“ Außerdem informiere der Bürgermeister die Ratsmitglieder zu spät. „Mehrfach haben Ratsmitglieder in der Vergangenheit darum gebeten, bereits in der Einladung zur Sitzung die Informationen über die Tagesordnungspunkte zu bekommen und nicht erst in der Sitzung selbst.“ Schwarz beklagt zudem den Umgang im Rat, weil „Ratsmitglieder beim Fehlen von sachlichen Argumenten andere persönlich angreifen, um dadurch Stimmung zu betreiben“. Was sagt Bürgermeister Peter Lethen zu den Vorwürfen? Er weist sie zurück. Dass er einen Fehler gemacht hat, hat er bereits im Juli 2016 eingeräumt – auch im Gespräch mit der RHEINPFALZ –, und er habe sich auch beim Rat entschuldigt. Dass der Beschluss ungültig war, weil das Thema nicht auf der Tagesordnung stand, sei ihm erst bewusst geworden, als der Kreis ihn darauf aufmerksam gemacht hat. Die Niederschrift sei aber nicht falsch abgefasst. Der Schriftführer habe ihm auch nicht bei einer Urkundenfälschung geholfen: „Dem darf man das nicht unterstellen. Der hätte doch gar keinen Grund. Warum sollte er mir oder dem TTC was Falsches reinschreiben?“ Christian Schwarz sei auch gar nicht in der Dezember-Sitzung gewesen. Für Lethen ist auch kein Schaden entstanden: Ein Vertreter des Bauamtes des Kreises habe bei einer Ortsbegehung vorgeschlagen, die sechs Parkplätze an der Halle einzutragen. Die Parkplätze seien vorher da gewesen, und sie seien es immer noch. Auch den Vorwurf, er wolle seinen Sohn begünstigen, weist er zurück. Zur Kritik, der Umgangston im Rat sei rau, sagt der Bürgermeister: „Das kann möglich sein. Aber so wie es in den Wald reinruft, schallt es heraus.“ Als er vor drei Jahren Bürgermeister wurde, habe er vorab gesagt, dass er bereit sei, die Kandidatur zurückzuziehen, wenn es jemand Jüngeres machen wollte. Aber weder Christian Schwarz noch Gerald Legleitner, der Vorsitzende des Fördervereins Dorfjugend aktiv, hätten sich bereit erklärt. Vor allem seinen Beigeordneten kritisiert er scharf: „Der Schwarz Christian hat gemeint, ich mach’ den Bürgermeister, und er sagt mir, wo’s lang geht.“ Er habe ihm auch angeboten, die Themen der Ratssitzung vorab zu besprechen, aber Schwarz habe das Angebot nie wahrgenommen. „Er soll zu mir kommen, nicht umgekehrt. Der Knochen kommt nie zum Hund“, sagt Lethen. Wie geht es weiter? Für die Kommunalaufsicht und die Verbandsgemeinde ist die Sache erledigt. Für Bürgermeister Peter Lethen auch. Obwohl die Baulast rechtskräftig ist, hatte die Kommunalaufsicht im Juli 2016 empfohlen, den fehlenden Beschluss nachzuholen. Das ist bisher nicht geschehen. Zwar stand das Thema in der Ratssitzung Ende Mai auf der Tagesordnung, aber der Rat fasste keinen Beschluss, weil Christian Schwarz noch Fragen an die Kreisverwaltung hatte. Die sollen nun zunächst beantwortet werden, danach wäre die ADD die nächste Instanz. In der Ratssitzung am Mittwoch steht das Thema Baulast nicht auf der Tagesordnung.

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