Südwestpfalz Schüler werden zu digitalen Experten

Schüler, die fit sind in der Mediennutzung, können auch zu einem effizienterem Unterricht beitragen, indem sie ihr Digitalwissen
Schüler, die fit sind in der Mediennutzung, können auch zu einem effizienterem Unterricht beitragen, indem sie ihr Digitalwissen in der Klasse und auch an Lehrkräfte weitergeben.

Das Klassenzimmer ist Ort so mancher Offenbarung. Auch beim Umgang mit Tablet & Co., den dort nicht jeder beherrscht. Das betrifft jedoch keineswegs nur analog geprägte Lehrkräfte, sondern auch Schüler, die nicht selten in ihren digitalen Kompetenzen überschätzt werden. Ein Pilotprojekt will Schüler nun gezielt fit machen.

Sie kennen die angesagten Youtuber und wissen um die neuesten Spiele, können aber selbst die Tastatur nicht richtig bedienen. Jungs und Mädchen kennen sich zwar aus in der digitalen Welt, Kompetenzen haben viele jedoch nur als Konsumenten entwickelt und nicht als aktive Anwender. Eine Diskrepanz, die Simone Stein-Lücke zuweilen erschütternd findet. Junge Menschen vom passiven Konsum weg und hin zu einer zielgerichteten Nutzung des digitalen Angebots zu führen, hat sich die Geschäftsführerin des Bildungsdienstleisters BG3000 Service GmbH aus Bonn zum Ziel gesetzt. Dafür veranstaltet das Unternehmen unter anderem ein Digital-Training für Schüler. Insgesamt 50 Schüler der Daniel-Theysohn-IGS Waldfischbach-Burgalben und des Otfried-von-Weißenburg-Gymnasiums (OWG) in Dahn können sich nun zu „IT-Ersthelfenden“ ausbilden lassen. Angesprochen sind Jugendliche von der 8. bis zur 10. Klassenstufe, pro Klasse sollen jeweils ein Junge und ein Mädchen trainiert werden.

Ein respektvoller Umgang

Mit dem dreitägigen Intensivtraining im September endet die Unterstützung nicht; die Schüler sollen über das ganze Schuljahr von den IT-Experten begleitet werden. Damit sollen sie in die Lage versetzt werden, als „Ersthelfer“ im digitaler werdenden Unterricht mit Tipps und Wissen anderen zu helfen, auch ihrer Lehrkraft. Eine Chance, nun den ungeliebten Lehrer endlich einmal bloßzustellen, soll dies freilich nicht bieten. Im Gegenteil. Ein respektvoller Umgang miteinander stehe im Vordergrund, betont Simone Stein-Lücke – und damit ebenfalls die Förderung sozialer Kompetenzen. Die Wissenvermittlung ist breitgefächert und reicht von Technik über Medienrecht, Datenschutz und den Umgang mit Hassbotschaften bis hin zu praktischen Anwendungen wie die Erstellung eines IT-Glossars. Auch ein Laptop wird dann mal auseinandergeschraubt.

Die Medien- und Technikkompetenz von Schülern zu fördern – auch mit Blick auf spätere Anforderungen in vielen Ausbildungen und Berufen – haben sich drei Partner gemeinsam zum Ziel gesetzt: der IT-Dienstleister Bechtle AG (Neckarsulm), nach eigenen Angaben Deutschlands größtes IT-Systemhaus, der Digitalbildungs-Dienstleister BG3000 und die Daniel-Theysohn-Stiftung, die das Vorhaben unterstützt. Mit 30.000 Euro, mehr als der Hälfte der Kosten, beteiligt sich die Stiftung aus Ludwigswinkel an dem Projekt, das auch andernorts Nachahmer finden soll. Sie hätten sich sehr schnell entschieden, diesen Förderantrag zu bewilligen, stellt Stiftungsvorstand Hans G. Pieper fest. Denn digitale Bildung sei zunehmend gefragt in der Arbeitswelt, und zwar nicht nur in Person einzelner Experten. Deswegen wollten sie das Thema auch in die Breite tragen – als Pilotprojekt, das weitere Stiftungen zu ähnlichen Projekten anregen könne. Damit entspreche man auch, betonte Geschäftsführer Gerhard Andreas, dem Willen des Stiftungsgründers, dem die Bildung junger Menschen besonders am Herzen gelegen habe.

Dass die Bechtle AG, die für den Rest der Finanzierung aufkommen wird, mit der Stiftung ins Gespräch kam, hat auch mit Heimatverbundenheit zu tun. Denn Manuel Liesenfeld, der sich bei Bechtle als Leiter eines Zentralbereiches um Kunden der öffentlichen Hand kümmert, kommt aus Ludwigswinkel und hat das Dahner Gymnasium besucht. Auch wenn er inzwischen in Neckarsulm arbeitet und wohnt, blieb die Verbindung zum Heimatort, wo sein Vater Ortsbürgermeister ist. Er habe schon sehr viel Hardware an Schulen verkauft, berichtet er, aber die Umsetzung und Anwendung vor Ort sei doch sehr unterschiedlich. Und gerade im ländlichen Raum hält er digitale Bildung für wichtig – auch, um räumliche Entfernungen zwischen Arbeitsplatz und Wohnort einmal digital überbrücken zu können.

Eine „riesige Chance“ sieht auch Landrätin und Schirmherrin Susanne Ganster in dem Projekt für den Landkreis. Denn der Kreis, verdeutlicht sie, sei – nur – zuständig für die Hardware, die technische Ausstattung der von ihm getragenen Schulen. Da sei man im Plan: Alle weiterführenden Schulen seien mit einer Bandbreite von einem Gigabit ausgerüstet, im OWG habe der Kreis gerade über eine Million Euro investiert in eine großflächige WLan-Ausleuchtung.

Nicht gleich den Staat rufen

Öffentliche Gelder fließen nicht in das Modellprojekt. Für den Stiftungsvorstand ist das freilich kein Nachteil. So sei das Ganze innerhalb von zwei Monaten zustande gekommen – bei der öffentlichen Hand kaum denkbar. Außerdem, meint Pieper, müsse man ja nicht gleich nach dem Staat rufen, wenn etwas fehle. Es gehe auch manches über Initiativen wie diese.

Partner beim Modellprojekt „IT-Ersthelfende“: Landrätin Susanne Ganster (vorne) mit den Schulleitern Ina Schatzmann-Hinkel und P
Partner beim Modellprojekt »IT-Ersthelfende«: Landrätin Susanne Ganster (vorne) mit den Schulleitern Ina Schatzmann-Hinkel und Peter Gutmann (v.l), daneben Simone Stein-Lücke (BG3000), Manuel Liesenfeld (Bechtle AG) und Stiftungsvorstand Hans G. Pieper.
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