Herschberg „Schmittperersch“ und „Ebs Good“: Wie Hausnamen das Dorfleben prägten

In Herschberg sind die so genannten Hausnamen heute noch gebräuchlich. Hier das Haus der „Oddos“ im Jahr 2024...
In Herschberg sind die so genannten Hausnamen heute noch gebräuchlich. Hier das Haus der »Oddos« im Jahr 2024...

Hausnamen sind ein faszinierendes Stück Sprachgeschichte, das tief in den Dörfern verwurzelt ist. In Herschberg etwa sind es diese besonderen Namen, die ein lebendiges Bild der Vergangenheit zeichnen. Sie erzählen von Berufen, Familien und Ereignissen, die die Zeit überdauert haben. Und manche geben bis heute Rätsel auf.

HERSCHBERG. Wer in Herschberg nach „Schmittperersch“ fragt, kann höchstens von einem der älteren Einwohner Auskunft erhalten. Bei Jüngeren wird er wohl jedenfalls ein Kopfschütteln ernten. Das ist verständlich, denn bei dem in Frage kommenden mächtigen Sandsteinhaus in der Eckersgasse 8 der Sickingerhöhgemeinde hat noch nie ein Bewohner dieses Namens gelebt.

Bei „Schmittperersch“ handelt es sich um einen sogenannten Hausnamen, der meist nur mündlich gebraucht und weitergegeben wurde. Sie waren quasi so etwas wie ein zweiter Familiennamen im örtlichen Dialekt. Viele von den heute noch bekannten Hausnamen gehen auf die Zeit um 1800 zurück. Sie waren oft schon deshalb notwendig, weil es in dieser Zeit auf den Dörfern noch keine Straßennamen oder gar Hausnummern gab. Jedenfalls haben sie nichts mit Spitznamen oder „Uznamen“ zu tun, die auch heute noch einzelne Mitbürger verpasst bekommen.

Wichtig bei mehreren gleichen Familiennamen

Hausnamen hatten ihren Ursprung oftmals im abgewandelten Namen der Besitzer, teilweise in der Lage des Anwesens oder sehr häufig auch im Beruf des Bewohners oder seiner Vorfahren. Meist blieben diese Namen weiter bestehen, wenn Häuser verkauft wurden und die neuen Eigentümer völlig andere Namen trugen. Wichtig waren Hausnamen in früheren Zeiten auch dann, wenn es im Dorf mehrere gleiche Familiennamen gab. In Herschberg fanden sich beispielsweise einige Bauernhöfe, deren Besitzer alle den Namen Bohl trugen. Da wurde dann aus Jörg Bohl dann „Bohleie“ und aus Otto Bohl „Bohloddos“. „Bohlams“ (Adam Bohl) und „Bomichels“ (Michael Bohl) kamen auf die gleiche Weise zu ihrem Hausnamen.

Die Ursprünge und Bedeutungen von Hausnamen hat der verstorbene Heimatkundler und Dorfchronist Klaus Juner in einem Mundartbuch beschrieben. Sein Elternhaus gehört auch dazu, denn er kam in „Oddos“ in der Hauptstraße 39 in Herschberg zur Welt. Das Haus mit Nebengebäuden war ursprünglich ein etwa 1850 erbautes jüdisches Gehöft. Seinen Hausnamen bekam es dann im Jahr 1898 durch den neuen Besitzer namens Otto Schneider von der Konradsmühle, welcher nach dem Umbau darin eine Backstube und im ersten Stock eine Gastwirtschaft betrieb.

Ein Hufschmied namens Arzt

Wahrscheinlich ist „Oddos“ Haus das in Herschberg, in dem die unterschiedlichsten Gewerbe betrieben wurden. Nach der ursprünglichen Gaststätte waren dort über Jahrzehnte eine der beiden Bäckereien im Ort und lange Zeit ein Lebensmittelladen sowie eine Futtermittelhandlung. 40 Jahre lang war in den Räumen eine Massagepraxis eingerichtet, die erst vergangenen Monat geschlossen wurde.

Die Geschichte von „Schmittperersch“ beschreibt die in Herschberg geborene Christel Arzt-Weis aus Merzalben in ihrer Chronik „Sickinger-Höhen-Luft“ sehr anschaulich. Das eindrucksvolle Bauernhaus in der Eckersgasse 8 wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut. Dorthin zog der 1803 in Herschberg geborene Hufschmied Johann Peter Arzt. Der Beruf und sein Vorname Peter haben wohl den Hausnamen geprägt. Nach einem Brand wurde es im Jahr 1903 in Sandstein neu aufgebaut.

Metzger prägt Generationen von Landwirten

Bemerkenswert ist, dass aus diesem Haus gleich zwei Bürgermeister kamen. Nicht nur der Namensgeber Peter Arzt selbst hatte dieses Amt drei Jahre lang inne, sondern auch sein Sohn Jakob Arzt führte insgesamt 14 Jahre als Ortsbürgermeister die Amtsgeschäfte der Sickingerhöhgemeinde.

„Junermetzjersch“ hatten früher einen großen landwirtschaftlichen Betrieb in der Hauptstraße und die Familie Arzt war stolz auf ihre Pferdezucht. Der Hausname kam aber kurioserweise vom Vater der Bäuerin. Gustav Juner, Begründer der ersten Schuhfabrik in Herschberg, war ursprünglich Metzger von Beruf und hat 1912 den Bauernhof für seine Tochter Karoline und ihren Mann Adam Arzt gekauft, wodurch aus seinem Namen und Beruf der Hausname entstand. Drei Generationen haben die Landwirtschaft erfolgreich betrieben und erst der Urenkel hat dann tatsächlich wieder den Beruf des Metzgers ergriffen. Von „Ebs“ lebt heute niemand mehr in Herschberg, aber den Namen des Bauernhofs kennen ältere Mitbürger heute noch. Geprägt wurde er von der Großmutter Eva Kiefer, von allen nur „Ebs Good“ genannt. Aus Eva wurde in umgangssprachlicher Verfremdung dann Evchen, Ebchen und dann Eb.

Von Schlaghütern und Zwickern

Die Reihe der Hausnamen ist lang in Herschberg, weit mehr als 50 gab und gibt es heute noch, von denen einige auch durch die Lage des Anwesens bedingt sind. „Gernersch“ wohnten zum Beispiel im „Geren“ – wie die Thaleischweiler Straße teilweise heute noch im Volksmund genannt wird. Bei „Schlaghütersch“ spielte wohl der Beruf eine Rolle, denn August Schneider war in den 50er und 60er Jahren als Waldhüter – also im Schlag – unterwegs.

Beim ehemaligen Bauernhof der Familie Kiefer reicht der Beiname „Scheff’ches“ wohl schon weit zurück. In der Ortschronik von Klaus Juner ist in der Liste der Bürgermeister (damals noch Schultheiß genannt) ein Peter Scheffe für die Zeit um 1725 aufgeführt. Auf ihn soll der bis in unsere Zeit gebräuchliche Hausname zurückgehen. Jüngeren Datums ist jedenfalls die Bezeichnung „Zwiggersch“, der Hausherr hat nämlich als Zwicker in der Schuhfabrik seinen Lebensunterhalt verdient.

Besonders im alten Ortskern von Herschberg kennt man auch heute noch Haus- oder Beinamen aus früherer Zeit. Während sich eine ganze Reihe von ihnen über die Verbindung von Vor- und Familiennamen leicht erklären lassen, war bei anderen ein gründliches Recherchieren notwendig. Allein die Bezeichnung „Fogge“ gab auch den Herschberger Heimatforschern ein Rätsel auf.

... und im Jahr 1899.
... und im Jahr 1899.
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