Kreis Südwestpfalz Schneidewind ins Dschungelcamp

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„Mancher hat seine Aue ned getraut – uff de Weiße Trisch hann se vier große Windräder gebaut“, stellte die Kirrberger Närrin Margit Herz gestern beim Sturm aufs örtliche Bürgerhaus fest. Im elften Jahr seines Bestehens, beim elften „Umzug für Arme“, übernahm der Verein „Freunde Kerbricher Fasenacht (FKF)“ am Fetten Donnerstag die Macht im Dorf. Vergeblich versuchte Homburgs OB Rüdiger Schneidewind dem bedrängten Ortsvorsteher Manuel Diehl bei der Verteidigung zu helfen – um wenig später im Homburger Rathaus seinerseits vor den Narren zu kapitulieren.

Der „Umzug für Arme“ mit kunterbunt geschmückten Handkarren und Kinderwagen ist in Kirrberg längst eine schöne, urige Tradition. Angeführt vom Sitzungspräsidenten Erik Schütz, machten sich Hunderte Kostümierte und Geschminkte mit Blasmusik auf dem Weg zum Bürgerhaus. Wie immer verteilte der Obst- und Gartenbauverein unterwegs jede Menge frische Äpfel an die Kinder, während in seinem Karren Schnaps- und Likörfläschchen für die Großen klirrten. Jemand vom Roten Kreuz schob einen dampfenden Grill auf Rädern vor sich her. Und nach kurzer Diskussion durften gestern auch die Kindergartenkinder trotz der Vormittagskühle beim Umzug wieder mitmachen – wie die Grundschüler auch. Es war ja Weiberfasching, also hatte gegen 11 Uhr die FKF-Frauenabteilung ihren Auftritt. Deren Rednerin Margit Herz mutmaßte beim Erobern des Bürgerhaus-Schlüssels, dass die neuen Kirrberger Windräder wohl deshalb so groß ausgefallen sind, „damit die Ufos ihre Landefläche auf der Weißen Trisch besser sehen können“. Zum Homburger OB, der bekanntlich selbst ein Kirrberger ist, sagte Margit Herz, dass die Homburger Männer neuerdings kaum noch Seitensprünge riskierten. Schließlich seien in der Stadt so viele Detektive unterwegs. Apropos Damen: Noch lange werden in Kirrberg die beiden erstklassigen Auftritte der Büttenrednerin Gertrud Hilger in Erinnerung bleiben. Die 86-Jährige rockte die Kappen- und die Seniorensitzung in der Lambsbach-Halle mit ihrem zündenden Textbeitrag über eine „Schüssel Gequellte“. In Rehlingen-Siersburg bei Saarlouis hatten sie gestern einen Heidenrespekt vor dem herannahenden Sturm. Dort wurde die Rathaus-Eroberung kurzerhand abgesagt. Nicht so in Kirrberg, Blieskastel, Bexbach, Neunkirchen und Homburg: Im Homburger Forum waren gestern sowohl Landrat Theophil Gallo als auch der Oberbürgermeister fällig. Letzterer wurde in närrisch-frecher Manier von der „Oberhexe“ Sabine Blatt-Engel entmachtet: „Schneidewind, ab jetzt kannsche dehemm bleiwe. Aber gebb dort net nochmol unser Steuergeld ohne uns aus!“ Und sollte es dem Kirrberger langweilig werden, könne er ja ins Dschungelcamp ziehen. Bis in den Abend schallte im Homburger Forum aus dem mit Luftschlangen geschmückten Sitzungssaal und dem Foyer mit seinen improvisierten Getränke-Bars immer wieder der Schlachtruf „Nix wie druff!“ Windböen sorgten am späteren Donnerstagnachmittag bei der karnevalistischen Burg-Erstürmung in Kirkel für unverhofften zusätzlichen Schwung. Auf dem Paradeplatz in Blieskastel waren die Narren hingegen etwa anderthalb Stunden früher dran: Im Windschutz der barocken Altstadt-Häuserzeilen klappte es mit ihrer Attacke aufs Rathaus der Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener wie am Schnürchen. Kaum waren die Machtverhältnisse in den saarpfälzischen Rathäusern für die Zeitspanne bis Aschermittwoch geklärt, ging es andernorts mit der Weiberfasnacht nahtlos weiter – unter anderem beim „Weiberdonner“ im Homburger Saalbau, beim Fetten Donnerstag im Erbacher Sportzentrum und bei den „Wilden Faschingsnächten“ mit Männer-Striptease in der Alten Schmelz in St. Ingbert. |ghm

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