Kreis Südwestpfalz „Vertrackte Situation“

Drei Monate sind die Bürgerentscheide in Großbundenbach und Käshofen nun her. Die Großbundenbacher sprachen sich für, die Käshofer gegen Windräder aus. Passiert ist seitdem nichts. Denn die Verbandsgemeinde steckt in einer Zwickmühle: Verbandsbürgermeister Jürgen Gundacker hat zugesagt, den Willen der Bürger zu berücksichtigen. Allerdings eignen sich die Großbundenbacher ebenso wie die Käshofer Flächen für Windkraft. Lässt der Verbandsgemeinderat hier Windräder zu und dort nicht, muss er mit Klagen rechnen. Doch unternimmt der Rat nichts, öffnet er Windradfirmen in der ganzen Verbandsgemeinde Tür und Tor.

Als die Tagesordnung der jüngsten Verbandsgemeinderatsitzung öffentlich wurde, dachte mancher, jetzt wird’s ernst. Doch hinter dem Punkt „Änderung des Flächennutzungsplanes“ verbarg sich am Donnerstagabend lediglich ein Grillplatz, den die Gemeinde Großsteinhausen bauen will. Auch die Windräder hängen mit dem Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde zusammen: Um Flächen für Windräder zu benennen und so deren Bau zu steuern, müsste der Rat den Plan ändern. Verbandsbürgermeister Jürgen Gundacker hatte im Frühjahr angekündigt, der Rat werde sich damit noch vor der Sommerpause beschäftigen (). Nun hat er es offenbar nicht mehr ganz so eilig. „Ich sehe derzeit keine Veranlassung dazu“, erklärte er diese Woche der RHEINPFALZ. Der Rat werde sich „im Herbst damit auseinandersetzen, wenn alle Dinge politisch geregelt sind.“ Mehr gebe es dazu nicht zu sagen. Die Kaiserslauterer Firma Firu hat für die Verbandsgemeinde untersucht, wo Windräder stehen könnten. Ergebnis: Schließt man alle nicht geeigneten Flächen aus und nimmt auch die heraus, die zu klein sind, um mehrere Windräder aufzustellen, bleiben 113 Hektar südlich von Großbundenbach, 51 Hektar östlich plus sieben Hektar nordöstlich von Käshofen sowie 62 Hektar östlich plus 27 Hektar südlich von Riedelberg. Das hatte die Firma Firu Ende Mai öffentlich im Verbandsgemeinderat erklärt (). Passiert ist seitdem nichts. Großbundenbachs Bürgermeister Dieter Glahn und sein Käshofer Kollege Klaus Martin Weber sprechen von einer „vetrackten Situation“. Dass die Landesregierung es den Verbandsgemeinden überlässt, Windradzonen festzulegen, „hat sehr viel Unruhe in die Kommunen gebracht“, sagt Weber. Er weiß, wovon er spricht, war doch sein Vorgänger Karl Hoffmann wegen des Bürgerentscheids zur Windkraft zurückgetreten (). Die Mehrheit der Käshofer hatte sich Ende April gegen Windräder auf Käshofer Gemarkung ausgesprochen. „Der Gemeinderat muss sich nun drei Jahre nicht mehr mit diesem Thema befassen“, sagt Weber. Allerdings herrscht nach wie vor Unsicherheit, wie viel der Bürgerwille rechtlich zählt. So müssen die Käshofer befürchten, dass ein Nein im Bürgerentscheid Windräder nicht unbedingt verhindert. Zumal die Käshofer lediglich über Windräder auf Gemeindegrund abstimmten. Doch in Käshofen plante die Firma Abo-Wind bislang nur ein Rad auf Gemeindegrund, aber dazu noch zwei auf privatem Boden. Dass die Käshofer gegen Windräder stimmten, „finden wir sehr schade, da das die am besten geeigneten Flächen in der Verbandsgemeinde sind“, sagte Abo-Wind-Sprecherin Kathrin Dorscheid der RHEINPFALZ. Man akzeptiere den Bürgerentscheid, doch wolle man weitere Gespräche führen: mit Grundstücksbesitzern und auch mit dem neuen Bürgermeister Klaus Martin Weber. Wobei Weber sagt, er sei bislang noch nicht angerufen worden. Abo-Wind hat laut Dorscheid noch Spielraum, was die Standorte der geplanten Käshofer Windräder angeht. Das eine auf Gemeindegrund könnte auch noch auf privaten Boden geschoben werden. „Es könnte also passieren, dass Käshofen Windräder bekommt, die Bürger aber nichts davon haben“, sagt Dorscheid und meint damit die Pachteinnahmen. Die Situation sei „schwierig“. Wobei die Gemeinde auch profitieren kann, wenn die Windräder auf Privatflächen stehen: etwa durch Wege zu den Windrädern, die über Gemeindeboden führen. „Über das Großbundenbacher Ergebnis freuen wir uns natürlich sehr“, blickt Dorscheid auf die Nachbarn, die sich für Windräder aussprachen. Auch hier wolle man weiter mit Privatleuten und dem Bürgermeister sprechen. „Aber wir warten derzeit auf die Verbandsgemeinde.“ Denn wie sich der Verbandsgemeinderat auch entscheidet, es drohen Beschwerden. Gesetzt den Fall, der Rat lässt gemäß der Bürgerentscheide Windräder in Großbundenbach zu, aber in Käshofen nicht. Dann könnten sich etwa Käshofer Privatleute, die Windräder auf ihren Flächen wollen, juristisch zur Wehr setzen − mit dem Argument: Käshofer und Großbundenbacher Flächen sind laut Gutachten beide geeignet und dürften demnach nicht unterschiedlich behandelt werden. Lässt der Rat Windräder für beide Dörfer zu, würde er den Willen der Käshofer übergehen. Und gesetzt den Fall, der Rat legt auf der Sickinger Höhe gar keine Zonen für Windräder fest: Dann wäre der Wille der Großbundenbacher übergangen, denn die wollen Windräder. Keine Zonen auszuweisen birgt noch eine weitere Gefahr: Ohne so genannte Konzentrationszonen sind Windräder theoretisch überall in der Verbandsgemeinde möglich. Der Verbandsgemeinderat gäbe damit die Zügel der Planung aus der Hand. Wie die Sache ausgeht? Glahn und Weber wagen keine Prognose. Es drängt sich ein Pfälzer Sprichwort auf: „Wie des machsch, machsches vekehrt.“

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