Kreis Südwestpfalz Vom gefühlvollen Umgang mit Kühen

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Die beste Melkerin Deutschlands des Jahres 2014, Susann van den Ecker, siegte auch dieses Jahr wieder beim Landesentscheid im Wettmelken. Mit großem Abstand gewann sie auf Hofgut Neumühle vor einigen Tagen den Landesmeistertitel für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Deshalb darf sie Ende April beim Bundeswettbewerb der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) ihren Titel verteidigen. Die RHEINPFALZ stellt die Neu-Wallhalbenerin vor.

„Du hast Talent. Du kannst beim Melkwettbewerb mitmachen“, sagte vor zwei Jahren Axel Krause zu Susann van den Ecker. Krause war damals bei der Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung Hofgut Neumühle in Münchweiler an der Alsenz verantwortlich für den Milchviehbereich und Ecker Auszubildende im dritten Lehrjahr Landwirtschaft. Dem langjährigen Richter beim Bundes-Melkwettbewerb gefielen ihre geschickten Hände und ihr gefühlvoller Umgang mit den Kühen. Da der Leistungsvergleich die 19-Jährige reizte, trainierte sie mit dem Melkmeister intensiv die Handgriffe beim Melken. Er gab ihr wertvolle Tipps. „Es dauerte schon einige Zeit, bis ich die Routinearbeiten drin hatte. Beim Wettbewerb muss jeder Griff sitzen“, erzählt Ecker. Ihr Einsatz wurde belohnt. 2014 wurde sie in der Disziplin Side-by-Side-Melken, das bedeutet von hinten melken, auf Landesebene und auf Bundesebene Gesamtsiegerin. Sie sei mit Vieh, das heißt mit Hühnern, Enten, Hasen und Schafen, groß geworden. Mit etwa sieben oder acht Jahren kamen die Kühe dazu. Daher sieht sie sich als „Viehmensch“. Als Hobbyreiterin schwingt sie sich öfters auf ihre Arabische Vollblutstute Verczaska. Richtig Spaß am Melken fand die junge Frau allerdings erst bei der Ausbildung. Auf dem elterlichen Betrieb in Rothselberg im Landkreis Kusel werden die Rotbunten mit einer Rohrmelkanlage gemolken. Drei Melkgeschirre werden von Kuh zu Kuh getragen und an die Milch- und Vakuumleitung angeschlossen. Eine etwas mühsame Arbeit, findet die Spitzenmelkerin, und nur für Kleinbetriebe interessant. Ihre Ausbildung startete Ecker beim Milchkuhbetrieb Zimmer in Matzenbach-Gimsbach. An der Giebelwand des Stalls steht dort groß: „Ein Kuh macht Muh. Viele Kühe machen Mühe.“ Aber auch Freude, findet sie. Nach zwei Jahren wechselte sie an die Neumühle. Dort werden die Kühe in einem Melkstand gemolken. „Die Siege waren für meinen Ausbilder der schönste Abschied in die Rente“, sagt die Top-Melkerin. 2014 schloss sie ihre Berufsausbildung zur Landwirtin erfolgreich ab. Zurzeit besucht sie noch bis Ende März die einjährige Fachschule für Agrarwirtschaft, bei der der Unterricht auf zwei Winterhalbjahre verteilt ist. Nach dem Abschluss darf sie sich „Staatlich geprüfte Wirtschafterin“ nennen. Im Vordergrund eines Melkwettbewerbs steht die Hygiene und das Tierwohl. Wenn sie mit offenen langen Haaren und ohne Handschuhe in den Fischgrätenmelkstand, bei dem die Tiere schräg zur Melkgrube stehen, gekommen wäre, hätte sie gleich Punktabzüge bekommen, schildert Ecker den Ablauf des diesjährigen Championats. Auch die Kleidung wurde von den beiden Preisrichtern beäugt. Es sollen die Unterarme frei sein und die Hose in den Gummistiefeln stecken. „Für saubere Hände und kurze Fingernägel gibt es Pluspunkte“ berichtet die Landwirtin. „Das Tragen von Schmuck und einer Uhr wird negativ bewertet.“ Schwierig sei Piercing. Stichwort: Arbeitssicherheit. Es gehe beim Melken um das harmonische Zusammenspiel von Mensch, Tier und Technik. Der Melker habe mit viel Fingerspitzengefühl Kuh und Maschine in Einklang zu bringen. Nach dem Stimulieren der Tiere, dem Reinigen der Zitzen und vor dem Ansetzen des Melkzeugs an das Euter müssten zur Kontrolle zunächst einige Milchstrahlen in den Vormelkbecher gemolken werden. Und nach dem Absetzen sei das Euter vor dem Desinfizieren zu kontrollieren, ob es ausgemolken ist. Ecker: „Die Prüfer gucken dabei die ganze Zeit auf die Hände.“ Daneben hatten die Teilnehmer auch die Eutergesundheit der Kühe anhand des sogenannten Schalmtests, einem Milchzellzahltest, zu beurteilen und Fragen zur Milchproduktion und Agrarpolitik zu beantworten. Es ging im Theorie-Teil um Melktechnik, Milchhygiene, Fütterung, Rinderzucht, Euter- und Tiergesundheit und Tierschutz. Ein Lösungsansatz für die gegenwärtige Milchkrise wurde nicht gefordert, so die junge Frau. Zurzeit arbeitet Ecker auf Minijobbasis an zwei Wochenenden im Kuhstall der Neumühle. Außer rund 135 Kühe zu melken heißt es dort Liegeboxen sauber machen und einstreuen sowie Rinder behandeln. Ferner ist sie halbtags in Verbindung mit dem Maschinenring Südwestpfalz Kaiserslautern tätig. Dies war mit ein Grund für ihren Umzug von Weilerbach nach Wallhalben Mitte Februar. Als Betriebshelferin ist es ihr keineswegs eintönig. „Jeder Betrieb, jeder Stall und jeder Melkstand ist anders“, hat sie bei ihren Einsätzen beispielsweise in Martinshöhe und Kettrichhof erfahren. „Genauso wie jede Kuh einen eigenen Charakter hat.“ Grundsätzlich ist die Teilnahme am Bundeswettbewerb Melken der DLG nur einmal möglich. Lediglich für die Titelverteidigung wird eine zweite Teilnahme eingeräumt – soweit der Teilnehmer sich als Landessieger qualifiziert. Ecker darf daher Ende April zum 34. DLG-Bundeswettbewerb nach Achselschwang in Bayern fahren. 2014 hatte sie bei der 33. Auflage mit Karoline Neufang, der zweiten Teilnehmerin aus der Region, im Vorfeld ausgemacht, falls eine von beiden Siegerin wird, die andere Mitstreiterin mit auf die ausgelobte Studienreise für zwei Personen zu nehmen. So fuhren beide dann gemeinsam für einige Tage nach Schweden. Wie schätzt Ecker ihre Chance beim Bundes-Melkwettbewerb ein? Dieser findet seit 1951 im Turnus von zwei Jahren statt. Außer den Champions aus den einzelnen Bundesländern nehmen dort auch die besten Melker aus der Schweiz, Luxemburg, Österreich und erstmals aus Belgien in der Gästekategorie teil. „Es kommt auf die Konkurrenz an“, meint sie. „Einerseits könnte es mir zum Vorteil gereichen, dass ich schon einmal die beste Melkerin war. Andererseits könnte es mir zum Nachteil werden, weil die Juroren mich strenger beurteilen.“ Ecker zeigt sich jedenfalls optimistisch: „Wenn ich dieses Jahr den Bundesentscheid gewinne, mache ich vielleicht 2018 auf Landesebene noch einmal mit. Die Altersgrenze liegt bei 25 Jahren.“ Haben die Siege beim Melken ihre Heiratschancen bei den jungen Landwirten erhöht? Dazu die sympathische Ecker, die im Juni 22 Jahre alt wird: „Bisher habe ich noch nichts davon gemerkt.“

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