Lokalsport Südpfalz 69 und kein bisschen leise

Gerhard Hey (rechts) und Jochen Krieger mit dem WM-Gespann.
Gerhard Hey (rechts) und Jochen Krieger mit dem WM-Gespann.

«Kapellen-Drusweiler.» Vor zwei Jahren stieg Rennsport- und Paris-Dakar-Veteran Gerhard Hey beim Jochpass-Bergrennen für historische Autos und Motorräder von seiner Wes Cooley Suzuki: „Auf zwei Rädern ist es mir doch zu schnell.“ Der heute 69-Jährige schickte das Motorrad ins Museum, liebäugelte selber aber damit, es doch noch einmal auf drei Rädern zu probieren. Die Suche nach einem passenden Gefährt dauerte etwas länger und nahm einen kuriosen Verlauf.

Ein amerikanischer Seitenwagen-Fan war auf Heys Facebook-Seite von einem Bild so begeistert, dass er bei ihm anfragte: „Hast du mehr davon?“ Das Foto zeigte Hey im „Boot“ von Winfried Schowalter aus Klingenmünster, mit dem er 1968 und 1969 in der Internationalen Seitenwagenklasse auf den Gras- und Sandbahnen in ganz Deutschland unterwegs war. „Der Winfried hat sicher noch mehr Bilder hinterlassen“, dachte sich Hey und nahm Kontakt Evi, der Tochter des 1998 verstorbenen Schowalter auf, der damals nach dem Abstecher zum Bahnsport zum Straßenrennsport zurückgewechselt war. Beim Besuch in Klingenmünster hatte sie nicht nur Bilder parat, sondern erwähnte beiläufig „dem Vadder sei letztes Strose-gschbann hämmer a noch, awer leider ohne Motor“. Hey wurde hellhörig, stammt das Gespann doch von Rolf Steinhausen, dem Weltmeister 1975 und 1976. Schnell war man sich handelseinig, und das Gespann wanderte von Klingenmünster in die alte Mühle in Drusweiler, wo es in alle Einzelteile zerlegt und mit dem Wiederaufbau begonnen wurde. Bei der Suche nach einem passenden Motor wurde Hey bei Dieter Decker in Böchingen fündig. Doch dann machte der Einbau des bei Langstreckenrennen bewährten 1000er-Suzuki-Motors Probleme: „Das Material war so dünn, dass es nicht zu schweißen war.“ Hey suchte nach weiteren Informationen zur Konstruktion und erfuhr über Schowalters ehemaligen Beifahrer Manfred Thüns alles, was er wissen musste. „Der Motor ist bei unserem letzten Bergrennen 1988 knapp 100 Meter vor dem Ziel explodiert. Danach haben wir aufgehört“, erinnerte sich der 82-jährige Schwetzinger, der auch noch Unterlagen zur Gespannkonstruktion parat hatte. Demnach arbeitete Steinhausen mit superleichten Rohren aus dem Flugzeugbau und erzielte dadurch gegenüber der Konkurrenz eine Gewichtseinsparung von über 30 Kilo. Nachdem das Material nun bekannt war, bekam Hey ein Spezialschweißgerät von Reifenhändler Pirmin Nist in Niederotterbach geliehen, der aber bei den seltenen Reifen passen musste. Übers Internet war die Suche schließlich erfolgreich, und so konnte das Gespann komplettiert werden. „Das Gerät hat richtig Power und der Motor ist mächtig am Röhren“, fiebert der 69-jährige Hey nun den Klassikrennen entgegen, die er mit seinem Neffen, dem 35-jährigen Jochen Krieger, als Beifahrer bestreiten wird. Fast 30 Jahre nach seinem letzten Renneinsatz rollt das ehemalige Weltmeistergespann am 30. September beim Ried-Grand-Prix in Boesenbiesen-Schwobsheim bei Colmar und am ersten Oktober-Wochenende beim Jochpass-Memorial in Bad Hindelang an den Start.

x