Lokalsport Südpfalz Wenn Ex-Profi Heß nach Fassung ringt

RÜLZHEIM (mame). Diese Meldung überraschte gestern wohl nicht nur Außenstehende, für Freddy Heß war es ein Schlag ins Kontor, der so unerwartet kam wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel. Obwohl er mit dem SV Rülzheim im Sommer in die Fußball-Landesliga aufgestiegen ist und bislang eine gute Runde spielt, teilte der Verein dem Ex-Profi am Mittwoch mit, dass es im Sommer bei den Lilanen ohne ihn weitergehen wird. Marco Weißgerber, noch Trainer beim TuS Schaidt, soll übernehmen.

Noch gestern spürte man bei Heß, wie hart ihn diese Entscheidung getroffen hat. Er rang im Gespräch mit der RHEINPFALZ um Fassung, um die richtigen Worte: „Ich kenne die Gründe derzeit nicht. Es gibt sportlich keinen Ansatz.“ Sportlich sind da auch beim Blick auf die Tabelle keine Gründe auszumachen. Der Aufsteiger steht nach 18 von 30 Spielen auf Platz sieben. Und auch mit der Mannschaft sei alles bestens, versichert Heß: „Es gab keinerlei Probleme.“ Er fühlt sich „mitten auf der Wegstrecke ausgebremst“, spricht von „komischen Wegen“, die der Fußball gehe. Wege, die er nicht nachvollziehen kann. Was ihn besonders irritierte: Die Vereinsführung habe ihm am Mittwoch mitgeteilt, dass man einen anderen Weg gehen wolle, eventuell mit einem Spielertrainer, und man den Etat reduzieren wolle. Alles sei recht vage formuliert gewesen. Und dann stand der Nachfolger schon am Donnerstag fest: Marco Weißgerber, derzeit Spielertrainer beim TuS Schaidt in der Bezirksliga. Er will und soll den SVR mittelfristig in die Verbandsliga führen: „Da gehört dieser professionell geführte Verein mit diesen Rahmenbedingungen und seinem Umfeld auch hin“, sagt der 32-jährige Polizist, der über berufliche Kontakte zu dem geschäftsführenden Vorstand des SVR, Dieter Wolff, bei der Polizei verfügen soll. Dass dieses Ziel nur schwer mit einer Reduzierung des Etats einhergehen kann, erscheint logisch. Umso mehr drängt sich die Frage auf, warum der SVR gerade jetzt auf Trainersuche ging. Wolff sagte auf Anfrage der RHEINPFALZ nur: „Weißgerbers Konzept und seine Arbeit in Schaidt haben uns überzeugt. Das wollen wir jetzt hier bei uns auch haben.“ So darf über die Hintergründe von Heß’ Demission munter spekuliert werden. Ging es dem Verein nicht schnell genug nach oben? Wollte man insgeheim schon in dieser Runde aufsteigen? Hat Heß mit seiner gut besetzten Truppe zu lange gebraucht, um aus der Bezirksliga aufzusteigen? Oder spielte er den Verantwortlichen zu defensiv und ohne das große Spektakel? Zu solide also? Heß soll nun noch bei den restlichen zwölf Spielen auf der Bank sitzen. Doch kann er das überhaupt, nachdem er vom Verein so enttäuscht wurde? „Stand heute mache ich weiter, weil die Mannschaft es verdient. Die Jungs sind charakterstark genug, um mit dieser ganz schwierigen Situation umzugehen. Und ich bin keiner, der wegläuft, habe immer ehrliche Arbeit abgeliefert, bin ein Kämpfer“, sagt Heß. Er schlägt auch versöhnliche Töne an: „Enttäuscht bin ich, aber man muss die Entscheidung des Vereins auch akzeptieren, auch wenn ich ab jetzt nur noch verlieren kann nach vier Jahren, in denen ich hier alles eingeleitet habe.“ Weißgerber übernimmt im Sommer eine Mannschaft, die Heß aufgebaut hat – mit Spielern, die seine professionelle Arbeitsweise akzeptieren, aber auch von höherklassigen Klubs und nicht ohne finanzielle Anreize geholt wurden. „Rülzheim ist eine Topadresse in der Südpfalz, für mich ist es der nächste Schritt nach vier erfolgreichen Jahren in Schaidt und Anerkennung meiner Arbeit dort“, sagt der gebürtige Annweilerer Weißgerber: „Ich kann auf der guten Arbeit von Heß aufbauen.“ Weißgerber, der als Spieler beim SC Hauenstein, FK Clausen, FC Dahn und nach seinem Umzug nach Mörzheim beim FSV Offenbach und TB Jahn Zeiskam kickte, bringt seinen Co-Trainer Reiner Vollmar aus Schaidt mit. Er ist sich sicher, dass das, was er in Schaidt geschaffen hat, auch ohne ihn fortgesetzt wird: „Auch Schaidt ist inzwischen eine Top-Adresse. Es wird da bestimmt viele Bewerber geben.“ Dass er Spieler aus Schaidt zum SVR lotse, sei nicht geplant. Die Entscheidung zum Wechsel sei ihm nicht leicht gefallen: „Ich habe schlaflose Nächte verbracht, weil mir die Mannschaft dort am Herzen liegt.“ In Rülzheim muss er sich nun ab Sommer neu beweisen. Zunächst lautet sein Ziel, die Mannschaft weiter zu entwickeln und eine gute Rolle in der Landesliga zu spielen. Den Verbandsliga-Aufstieg will er erst später anvisieren.

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