Landau „Es ist normal, verschieden zu sein“

Daniel, Henrik und Michael (von links) leben in der Trainingswohnung und sind selbstständiger als die anderen Bewohner im Haus.
Daniel, Henrik und Michael (von links) leben in der Trainingswohnung und sind selbstständiger als die anderen Bewohner im Haus.

Ausgelassen feierten die Bewohner des Konrad-Lerch-Wohnheims im Lazarettgarten in Landau gestern den Einzug der ersten Behinderten dort vor 20 Jahren. Und sie feierten Landrätin Theresia Riedmaier mit einer besonderen Ehrung. Die Lebenshilfe hatte das Ärztewohnhaus des zuletzt französischen Militärlazaretts 1997 gekauft. Heute leben 33 Menschen auf den vier Etagen.

„Die Bewohner, die zu Fuß in die Stadt laufen und einkaufen gehen, sind angekommen in der Gesellschaft, akzeptiert von der Nachbarschaft und der Stadt. So stellen wir uns Integration vor“, sagte Georg Rothöhler, Vorsitzender der Lebenshilfe Landau-Südliche Weinstraße. Er hatte in den Archiven geblättert und gab einen kurzen zeitlichen Abriss: Der Komplex wurde 1907 als königlich-bayerisches Garnisonslazarett außerhalb der Stadt gebaut, 1932 bis 1937 war es eine Anlage des Bethesda mit 400 „Insassen“, danach bis 1945 diente es wieder als Lazarett, ab 1945 unter französischer Führung. Erst 1997 wurden die Tore des Sperrgebiets geöffnet. Danach verwirklichten die Lebenshilfe und Thorsten Holch neue Lebensformen auf dem Areal in der Stadt. Mit Beifall und Freudenrufen begleiteten die Bewohner die Festreden im Festzelt hinter dem markanten Gebäude in der Lazarettstraße. „Der Jubel zeigt die Identifikation mit der Einrichtung“, kommentierte Geschäftsführer Heiner Dahl. Unter den 33 Bewohnern seien drei der ersten Stunde, drei weitere seien im März 1998 eingezogen. Leiter ist seit Beginn Joachim Graf. In den 20 Jahren habe sich die Pädagogik gewandelt vom Gedanken des in Obhut geben hin zu Integration, Normalisierung und Inklusion – „so selbstständig wie möglich, so viel Hilfe wie nötig“. Die Lebenshilfe zählt 139 vollstationäre Wohnplätze in Offenbach, Landau und Ramberg sowie 40 ambulante Plätze in Offenbach. Eine Besonderheit in Landau ist die Trainingswohnung unter dem Dach, in der drei Bewohner durch intensive Begleitung fit gemacht werden, um eines Tages in eine Außenwohngruppe wechseln zu können. „Satt und sauber“, so sei früher die Arbeit mit Behinderten überschrieben gewesen, betonte Oberbürgermeister Thomas Hirsch, heute gehe es um selbstbestimmte Teilhabe mitten im Leben. Die Lebenshilfe sei ein verlässlicher Partner. Aus Mitteln der Sparkassenstiftung SÜW überreichte Hirsch dem Heimbeirat einen Scheck über 500 Euro. Dessen Sprecher Felix Dutiné hatte zuvor das Wohnheim als Ort bezeichnet, an dem sich die Bewohner sicher und zu Hause fühlen sollten. „Wir sind sehr zufrieden mit unseren Mitarbeitern und danken allen“, sagte Dutiné, selbst Bewohner. Sehr zufrieden äußerte sich auch Georg Rothöhler – über die 20-jährige Zusammenarbeit mit Landrätin Theresia Riedmaier. Sie sei vom ersten Tag an für die Behinderten da gewesen. „Wir haben immer vertrauensvoll und offen geredet und uns aufeinander verlassen können“, lobte der Vorsitzende der Lebenshilfe, der bis 2005 als Baudezernent auch im Kreishaus mit Riedmaier zusammengearbeitet hat. Zum ersten Mal überhaupt überreichte er ihr die Ehrenmedaille der Lebenshilfe. „Es ist normal, verschieden zu sein“ steht dort zu lesen. Die Bewohner ließen rote Rosen regnen, drückten und herzten die Landrätin, die sich mit herzlichen Worten bei allen bedankte.

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