Landau Für ein liberales Judentum: Erinnerung an einem Rabbiner

Eine AUfnahme von Berthold Einstein um 1900.
Eine AUfnahme von Berthold Einstein um 1900.

Berthold Einstein wurde durch verhängnisvolle Umstände Rabbiner. Vier Jahrzehnte wirkte er in Landau.

Da Berthold Einstein jüdischer Konfession war, konnte sein erst gewählter Lebensweg als Gymnasialprofessor nicht verwirklicht werden. Also fiel die Entscheidung auf den Beruf des Rabbiners.

40 Jahre lang in Landau gewirkt

Einstein wurde am 31. Dezember 1862 in Ulm geboren. Bis zuletzt war er mit seiner Heimat tief verbunden. Von 1883 bis 1889 studierte er am jüdisch-theologischen Seminar in Breslau, wo er von seinen Freunden, die ihn als „Frohnatur, voll ungebundener Jugendlaune“ bezeichneten, umgeben war. In Tübingen legte er dann das württembergische Rabbinatsexamen ab. Sein freiwilliges Jahr absolvierte er im Infanterieregiment Ulm. Daraufhin erlangte Einstein seine erste Stelle, die ihn nach Heilbronn führte. Dort lernte er auch seine Frau, Betty Victor, kennen. Sie beide verband ihre Liebe zur schwäbischen Heimat. Einstein bezeichnete sich deshalb gerne hin und wieder als „Schwabenkind“.

Von 1895 an wirkte der Rabbiner für knapp 40 Jahre in Landau. Eine Zeit, in der er sich beruflich sehr engagierte. Unter anderem gründete er die Ortsgruppe der Vereinigung für das liberale Judentum. Außerdem hielt er viele Vorträge und schrieb einige Aufsätze. In seiner religiösen Anschauung bekannte er sich zum aufrichtigen und offenen Liberalismus. Aber auch der Religionsunterricht an Schulen gehörte zu seinen Aufgaben. In Gottesdiensten, und besonders an Feiertagen, hielt Einstein bedeutende Predigten. Zu seinen bekanntesten zählen die „zwei Zeitpredigten“, die den Ersten Weltkrieg thematisieren. Ein Abdruck dieser sowie handschriftliche Aufschriebe zu seinen Vorträgen sind im Landauer Stadtarchiv erhalten geblieben.

Liebe zur Musik

Auch privat kümmerte sich Einstein um seine Beziehungen. Insbesondere seine Familie spielte eine wichtige Rolle in seinem Leben. Er pflegte, den Erzählungen seiner Tochter nach, innige und harmonische Familienbande. Ihr Vater sei ein eher bescheidener und zurückhaltender Zeitgenosse gewesen, der das gemütliche Familienleben einer großen öffentlichen Runde vorzog. Er liebte auch die Musik und das gemeinsame Musizieren. In seiner Freizeit oder auf Festen spielte er Klavier, und auch seine Schulkollegen kamen wöchentlich zu den Kammermusikabenden vorbei.

Berthold Einstein schien ein beliebter Rabbiner, Familienmitglied und Freund zu sein, dem Wärme und Harmonie im Gemeindeleben sowie im allgemeinen gesellschaftlichen Leben wichtig waren. Er setzte sich für eine liberale jüdische Religion und Kultur ein. Einstein starb im Jahr 1935, kurz vor dem Zweiten Weltkrieg und der Verfolgung jüdischer Bürger. Der Zeitpunkt war ganz im Zeichen der „Gottesgnade“, wie seine Tochter es nannte.

Die Autorin

Katharina Slawik ist Mitarbeiterin des Landauer Stadtarchivs.

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