Südpfalz Fachkräftemangel: Von einander lernen

Ein Auszubildender zum Zerspanungsmechaniker an der Maschine.
Ein Auszubildender zum Zerspanungsmechaniker an der Maschine.

Wie dem Fachkräftemangel begegnen? Zu diesem Thema haben sich rund 60 Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung auf Einladung der südpfälzischen Wirtschaftsförderung bei einem Symposium in Landau ausgetauscht. Es ging um Beispiele aus der Praxis.

Von einander zu lernen statt sich abzugrenzen, das ist das Leitmotiv der Zusammenarbeit, wie in einer Pressemitteilung der beiden Kreisverwaltung SÜW und Germersheim sowie der Stadtverwaltung Landau deutlich wird. Die Referenten berichteten über ihre Erfolge gegen den Fachkräftemangel durch gezielte Mitarbeiterentwicklung, Nachwuchs-Rekrutierung aus dem Ausland, Qualifizierung eigener Mitarbeiter sowie Motivation junger Menschen zur Berufsorientierung.

Kai Ellenberger vom gleichnamigen Metall-Verarbeitungsbetrieb in Kaiserslautern ist überzeugt, dass sein Erfolg bei der Transformation in Richtung Automatisierung und Digitalisierung vor allem durch ganz gezielte Fachkräfte-Entwicklung gelang. Vom reinen Werkstatt-Betrieb hat sich sein Unternehmen zum Serienfertiger entwickelt, der mit nur 25 Mitarbeitern auch für Großkunden interessant ist. „Der wesentliche Faktor für diesen Erfolg ist der Mensch“, so Ellenberger. Der ursprünglich reine Maschinenbediener werde nicht nur zum Anlagenbetreuer, sondern auch zum Entscheider, Problemlöser und Wissensmanager. Dazu müsse er befähigt und motiviert werden. Das Unternehmen bot sowohl fachliche Hilfestellungen an als auch eine offene Arbeitszeitgestaltung. Alle Mitarbeiter seien weiterhin an Bord, berichtete Ellenberger.

Auszubildende aus Ruanda

„Wir haben eine Win-Win-Situation durch internationale Ausbildungspartnerschaften geschaffen“, erzählte Reiner Rudolphi von der Rema Fertigungstechnik GmbH in Sembach. Bereits 2014 hat das Unternehmen mit dem Projekt „Machining for Rwandas Future“ durch die Ausbildung junger Ruander sowohl den eigenen Fachkräftebedarf gedeckt als auch den Aufbau des industriellen Sektors in Ruanda vorangebracht. Die Nachwuchskräfte werden in Ruanda sorgfältig ausgewählt und absolvieren Deutschkurse bis zum Level B1, bevor sie nach Deutschland kommen. Tatsächlich blieben viele der hochmotivierten jungen Menschen nach der Ausbildung dauerhaft hier und füllten nun manch eine Fachkräfte-Lücke, hieß es. Heute seien die Ausbildungsstellen zum Maschinen- und Anlagenführer sowie zum Zerspanungsmechaniker bei der Rema daher besetzt. Rudolphi will diese internationalen Ausbildungspartnerschaften ausbauen: „Aus dem Projekt wurde zwischenzeitlich ein eigenes Unternehmen: Das Projekt ,ZUBEE„ unterstützt Unternehmen, die einen ähnlichen Weg einschlagen möchten. Aktuell haben wir bereits 25 Schüler aus Ruanda in Industrie- und Handwerksunternehmen vermittelt.“

Von einer Hilfskraft sprach Pflegedienstleiter Christian Weidemann von Diakonissen Bethesda in Landau in seinem Gespräch mit Teamleiter Alexander Hahn vom Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit: „Die Mitarbeiterin war ungelernt, aber sie konnte mehr, war motiviert und an einem Berufsabschluss im Altenpflegebereich sehr interessiert. Ihre persönlichen Lebensumstände verwehrten ihr aber zunächst den Weg in ein Ausbildungsverhältnis, da die Vergütung für sie als alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern einfach nicht gereicht hätte.“ Hier kam der Berater vom Arbeitgeber-Service zu Hilfe. Über das Qualifizierungschancen-Gesetz wurde es möglich, dass die Hilfskraft ihre Ausbildung absolvieren und weiterhin ihr bisheriges Gehalt beziehen konnte.

Als Arbeitgeber attraktiv

Laut Hahn erstattet die Agentur für Arbeit die kompletten Ausbildungskosten, ebenso das Gehalt für die Ausfallzeit wegen der Ausbildung zu 100 Prozent. „Das hat uns als Arbeitgeber attraktiv gemacht“, ergänzte Weidemann. „Natürlich müssen wir betriebswirtschaftlich denken: Den Ausfall der Arbeitskraft während der Ausbildungszeit konnten wir aufgrund der Erstattung von Lohn- und Weiterbildungskosten kompensieren. Heute freuen wir uns umso mehr, dass wir die Mitarbeiterin mit ihrer neuen Qualifikation an einem höherwertigen Arbeitsplatz beschäftigen können. Und, ganz ehrlich: Die Bürokratie ist gar nicht so groß.“

Hahn ermutigt zur Kontaktaufnahme. Wo auch immer der Bedarf bestehe, Mitarbeiter durch Aus- oder Weiterbildung so zu fördern, dass höherwertige Arbeitsplätze besetzt und Mitarbeiter gebunden werden, stünden die Kollegen vom Arbeitgeber-Service mit Rat und Tat zur Seite.

Eigene Stärken entdecken

Frederic Keller, Mitbegründer der Mein Mutiger Weg GbR, ermutigt junge Leute in Mutmacher-Seminaren an Schulen, sich selbst zu entdecken. Denn Schüler tun sich bei ihrer Berufswahl oft sehr schwer. „Die Flut an Informationen über unzählige berufliche Möglichkeiten sowie der Einfluss von Freunden und der Druck der Eltern verunsichern die jungen Menschen. Nicht zuletzt durch wenig persönliches Selbstvertrauen und die Sorge, sich falsch zu entscheiden, sind sie oft völlig überfordert und verspüren Angst. Der Entscheidung, wie es nach der Schule weitergehen soll, stehen sie letztendlich planlos gegenüber.“ In den Seminaren können Schüler ihre eigenen Stärken erkennen und sich für ihre wirklichen Interessen begeistern.

Die Initiative hat nach eigenen Angaben mehr als 35.000 Jugendliche erreicht. Keller betont die Notwendigkeit einer neuartigen Berufsorientierung, die eine intensivere Vernetzung zwischen Schulen und Unternehmen beinhaltet. Gemeinsam mit Christian Schwab vom Südpfalz Innovation Hub hat er eine weitere Idee entwickelt: „Die Art und Weise, wie wir berufliche Möglichkeiten unseren Schülern präsentieren, muss sich grundlegend ändern“, ist Schwab überzeugt. „Wir brauchen eine neue Matching-Plattform, auf der Arbeitgeber mit einer schülergerechten, persönlichen Ansprache für sich werben, zur Interaktion ermutigen und ihre Arbeitgebermarke stärken können.“

Das Symposium wurde von der Initiative „We move it“ des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums unterstützt.

Info

Ein ausführlicher Bericht findet sich auf der Home der Wirtschaftsförderer unter www.suedpfalz.de.

Das Symposium bot die Möglichkeit des Austauschs.
Das Symposium bot die Möglichkeit des Austauschs.
x