Vorderweidenthal Festplatz mit kurzer Leitung

Seine Bewährungsprobe hat der Platz schon hinter sich.
Seine Bewährungsprobe hat der Platz schon hinter sich.

Die Einweihung des neuen Dorfplatzes fiel buchstäblich ins Wasser. Die viertägige Kerwe danach hat er aber mit Bravour gemeistert. Vieles wurde verbessert, das auf den ersten Blick nicht auffällt: Wer es nicht weiß, entschlüsselt das Geheimnis in einem der großen Sandsteinfindlinge nicht.

Aus dem August-Becker-Platz wurde nach der Neugestaltung per Gemeinderatsbeschluss der Platz „Alter Schulhof“. Nach fast genau zehn Jahren, genau so lange ist er im Amt, kann Ortsbürgermeister Volker Christmann langsam aber sicher das Riesenprojekt Umbau des Alten Schulhauses zum Dorfgemeinschaftshaus und Neugestaltung des ehemaligen August-Becker-Platzes abschließen. Rund 600 Quadratmeter wurden gepflastert, fünf einzelne Bänke und drei Sitzgarnituren installiert. Im Schatten oder in der Sonne, je nach Bedarf. Bei großer Hitze, wenn mittwochs der Eismann kommt oder bei Festen können in sieben im Boden eingelassenen Hülsen auch große Sonnenschirme aufgebaut werden.

Die Probe aufs Exempel bestand der neue Platz bei der Kerwe im Juni. Denn der bisher nur überdachte Anbau mit den vier kleinen spitzen Dächern wurde nicht nur ehrenamtlich mächtig aufgehübscht, sondern jetzt auch mit Rollläden versehen, die der Dorfverein gestiftet hat. „Unter den rund 40 Quadratmetern werden die Gäste mit Essen und Trinken versorgt, abends können wir jetzt einfach die Rollläden herunterlassen und müssen nicht alles wegräumen“, erzählt Christmann von der Arbeitserleichterung für die freiwilligen Helfer.

Mehrfach Neuland betreten

„Unisex“ steht auf der Tür zu den Sanitäranlagen – will heißen alle Geschlechter haben eine Toilette. „Viele Unisex-Toiletten gibt es im Kreis bestimmt noch nicht“, glaubt der Ortschef. Eine eigene Toilette wurde für Menschen mit Einschränkungen gebaut. Und die Räume an beiden Seiten des Anbaus für die Utensilien des Gemeindearbeiters und die des Pfälzerwaldvereins wurden mit Garagentoren versehen.

Drei riesige Sandsteinfindlinge sind auf dem Platz und an der Straße aufgestellt, einer mit dem Namen des Platzes, einer als Willkommensstein und der dritte mit einer Besonderheit und einem Geheimnis. Wasser fließt aus dem Stein in eine gepflasterte Rinne. Was noch nicht ungewöhnlich ist. Aber das Wasser wird in einer Zisterne mit mehr als 3000 Litern Fassungsvermögen gesammelt und mit Sonnenenergie und einer Zeitschaltuhr gepumpt. Was auch noch keine Sensation ist. Aber da ist noch der kleine silberne Hahn an der Seite des Steins. Nein, nicht für Trinkwasser, sondern für Bier. Der Schlauch führt vom Hahn durch den Felsblock in einen Raum mit Kühlschrank, in dem dann bei Festen das Bierfass steht. Die Hopfengetränk kann dann am Stein gezapft werden.

Kampf mit der Bürokratie

Die Bushaltestelle, die direkt an den Platz grenzt, ist neu. „Es ist die erste behindertengerechte Haltestelle in der Verbandsgemeinde“, weiß der Ortsbürgermeister. Mit einem Leitsystem für Sehbehinderte, Fahrradständern und dem auch für Rollstuhlfahrer von der Bordsteinkante aus problemlosen Einstieg in den Bus. Rund 83.000 Euro hat der Umbau gekostet und war ein Muss. „Wir mussten die alte Haltestelle verändern, dann ist es aber Vorschrift, sie behindertengerecht zu bauen“, erläutert Christmann – nicht ohne Kopfschütteln. Ein Zuschussantrag für die Bushaltestelle wurde gestellt, die Gemeinde erwartet rund 30.000 Euro bei Baukosten von rund 84.000 Euro. „Wir mussten im Antrag begründen, warum wir diese Bushaltestelle bauen, dabei ist es doch schon Vorschrift“, wundert sich Christmann über die Bürokratie. Zumal das gesamte Schulhaus- und Schulhofprojekt schon ein gewaltiger bürokratischer Aufwand gewesen sei.

Für Besitzer von E-Bikes hat der Platz noch etwas Besonderes zu bieten: eine Ladestation für die Batterie. „Neulich war ein Tourist da und hat ein Foto gemacht, das er auf eine Infoseite für Fahrradtouristen stellen will. So eine Lademöglichkeit gibt es wohl nicht so oft“, erzählt Volker Christmann.

Noch fehlt der Backofen

Von einem ist er überzeugt: Die gesamte Maßnahme ist auch finanziell ein Vorzeigeprojekt. Die Kostenschätzung von 2016, die bei der Zuschussberechnung zugrunde gelegt wurde, belief sich auf 1,15 Millionen Euro. Den Baukostenindex von mehr als zehn Prozent jährlicher Kostenerhöhung hinzugerechnet, hieße das ganz grob, dass es nach zehn Jahren weit mehr als zwei Millionen sein müssten. Was für den Zuschuss leider keine Rolle spielt. „Es waren insgesamt rund 1,6 Millionen Baukosten, davon werden die 1,15 damals veranschlagten Millionen mit 65 Prozent über die Dorferneuerung bezuschusst“, erläutert der Ortsbürgermeister. Er ist über das „große Projekt in der kleinen Gemeinde“ zufrieden, auch weil es gut angenommen wird.

Was noch fehlt, ist der Dorfbackofen, der auf dem Alten Schulhof aufgestellt und dann für Gemeinschaftsprojekte zur Verfügung stehen wird. Und wer sich beim Vorbeifahren über das zufriedene Rentnerpaar wundert, das bei Wind und Wetter völlig entspannt auf einer der Bänke sitzt, merkt auf den zweiten Blick, dass es lebensgroße Puppen sind, made in Vorderweidenthal, die für einen Moment täuschend echt wirken und für ein Lächeln sorgen. Oder für ein Selfie von Touristen.

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