750 Jahre Stadtrechte Landau Im Widerstand: Heinrich Stützel

Ein Stolperstein in der Marktstraße 81 erinnert an Heinrich Stützel, der dort lebte.
Ein Stolperstein in der Marktstraße 81 erinnert an Heinrich Stützel, der dort lebte.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bildeten sich vielerorts bald Widerstandsgruppen, auch in der Südpfalz. Mit dabei war Heinrich Stützel.

Aktiven Widerstand leisteten in den Anfangsjahren des NS-Regimes vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten, die nach dem 30. Januar 1933 besonders unter Verfolgung und Terror zu leiden hatten. Einer dieser Widerstandskämpfer war der Landauer Sozialdemokrat Heinrich Stützel, geboren am 20. Oktober 1899. Von Beruf war er Schneider, er war verheiratet und hatte vier Kinder.

Heinrich Stützel
Heinrich Stützel

Stützel war schon seit Ende der 1920er-Jahre in Landau im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, in der sozialistischen Arbeiterjugend und gewerkschaftlich organisiert. Wie andere Sozialdemokraten beteiligte er sich zu Beginn der 1930-er Jahre an zahlreichen Demonstrationen gegen die NSDAP und geriet zunehmend in deren Visier. Im Frühjahr 1933, die „Machtergreifung“ wurde auch in der Provinz vollzogen, wurde er wie viele andere politisch missliebige und jüdische Männer in sogenannte Schutzhaft genommen. Über einen Monat, von März bis April 1933, musste er mit anderen südpfälzischen Häftlingen in der Fortkaserne, im Bereich des heutigen Universitätscampus, einen Fußballplatz für die Hitlerjugend (HJ) anlegen.

Geheimtreffen am Asselstein

Im Gegensatz zu den bürgerlichen Parteien hatte sich die SPD im März 1933 geweigert, dem sogenannten Ermächtigungsgesetz Hitlers zuzustimmen. Daraufhin wurde ihr am 22. Juni 1933 jegliche politische Tätigkeit verboten. Anfang 1934 nahmen Vertrauensleute der einzelnen pfälzischen SPD-Gruppierungen in der Südpfalz Kontakt zueinander auf und verabredeten ein Treffen. Das fand am 6. Mai 1934 am Asselstein statt, einem Felsen bei Annweiler. Man hatte dieses Datum gewählt, da Josef Goebbels, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, auf einer Grenzlandkundgebung in Zweibrücken sprach, und das Risiko, entdeckt zu werden, relativ gering erschien. Die genaue Anzahl der Teilnehmer des Treffens ist unbekannt, es müssen jedoch mindestens elf Personen gewesen sein. Um die jeweiligen Personen zu schützen, wurden Pseudonyme benutzt, Heinrich Stützel erhielt den Decknamen „Lauf“.

Das Logo zum Stadtgeburtstag Landaus.
Das Logo zum Stadtgeburtstag Landaus.

Man beschloss, die illegale Tätigkeit stärker zu vernetzen, neue Widerstandsgruppen zu bilden, Schulungsabende zu veranstalten und Flugblätter zu verteilen. Weitere Treffen fanden im Juli auch in Landau statt. Ende Juli 1934 wurde die Widerstandsgruppe jedoch denunziert. Ende September wurden die meisten Teilnehmer des Asselstein-Treffens festgenommen und im Mai 1935 vom Obersten Landgericht München verurteilt. Heinrich Stützel wurde am 17. Mai 1935 wegen eines „Verbrechens der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von fünf Jahren aberkannt.

Im Visier der Gestapo

Im Januar 1937 wurde er aus dem Zuchthaus in Straubing entlassen und kehrte zu seiner Familie nach Landau zurück. An eine geregelte Berufstätigkeit war nun nicht mehr zu denken: Wöchentlich musste er sich polizeilich melden, Anstellungen erhielt er kaum noch. Die Gestapo meldete stets die „politische Unzuverlässigkeit“ an potenzielle Arbeitgeber. Bis nach Kiel verschlug es den Familienvater, ehe er ab Herbst 1939 in Landau bei verschiedenen Schneidern eine zumindest zeitlich begrenzte Anstellung fand. Er stand weiterhin unter besonderer Kontrolle der Gestapo Neustadt. Seine Ehefrau und die noch minderjährigen Kinder müssen unter dieser Stigmatisierung als „Verräter“ sehr gelitten haben.

Nach dem gescheiterten Sprengstoff-Attentat auf Adolf Hitler in der Nacht vom 8. Oktober 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Schreiner Johann Georg Elser wurde Heinrich Stützel noch in der Nacht erneut verhaftet und verhört. Vor allem nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er mehr als 40 Mal von der Neustadter Gestapo verhört, da er angeblich Kontakt zu elsässischen Widerstandskämpfern gepflegt habe.

Heinrich Stützel starb im März 1951, 2011 wurde eine Straße im Wohnpark Am Ebenberg nach ihm benannt. Ein Stolperstein liegt vor seinem letzten Wohnsitz in der Marktstraße 81.

Die Autorin

Christine Kohl-Langer ist Historikerin und Leiterin des Stadtarchivs und Stadtmuseums Landau.

x