Landau Kalkulierter Tanz auf Pulverfass

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Die unliebsamen Überraschungen der neun Bombenfunde auf dem Gartenschaugelände sollen sich nicht wiederholen. Zwar ist noch mit vielen Altlasten zu rechnen, unmittelbare Gefahr droht aber offenbar nicht. Das geht aus der jetzt vorliegenden Auswertung alter Militär-Luftbilder aus dem Zweiten Weltkrieg hervor.

Aus Ladelisten der alliierten Bomberverbände weiß man recht genau, was alles auf Landau abgeworfen worden ist. Die gute Nachricht: Bomben mit chemischen Langzeitzündern, die auch heute noch als sehr gefährlich gelten, weil sie jederzeit auch ohne Berührung oder Erschütterung hochgehen können, waren nicht dabei. Von Munition mit Aufschlagzünder geht dagegen, so weit man weiß, keine akute Gefahr aus, solange man sie in Ruhe lässt. Solche Funde sind noch zu erwarten, eventuell sogar Reste eines abgeschossenen Kampfflugzeugs. Vor einem guten Jahr hatte der Stadtrat beschlossen, eine Luftbildauswertung vom Landauer Stadtgebiet machen zu lassen. Nun liegen die Ergebnisse vor. Das Fachbüro Luftbilddatenbank Dr. Carls aus dem bayerischen Estenfeld hat zahlreiche militärische Quellen ausgewertet, damit sich Verzögerungen wie die am Ebenberg und natürlich auch Gefährdungen nicht wiederholen. Denn zehn bis 15 Prozent aller Bomben, die einst abgeworfen worden sind, waren Blindgänger. 70 Jahre nach Kriegsende schlummern viele noch im Untergrund. Die Datenlage ist gut, da die Luftwaffe der Alliierten nach einem Bombenangriff das Ziel nochmals überflogen und mit Luftbildern den Erfolg des Angriffs und das Ausmaß der Zerstörung dokumentiert hat. Das Unternehmen konnte allein 516 Luftbilder ab 1943 auswerten (für frühere Angriffe auf die heutigen Stadtdörfer fehlen solche Quellen). Die meisten liegen als Bildpaare vor und können unter dem Stereoskop betrachtet werden. Der räumliche Eindruck ermöglicht sehr viel bessere Ergebnisse. Während ein Bombentrichter auf solchen Fotos als großer Krater gut zu erkennen ist und sich aus deren Aufreihung wie Perlen auf der Schnur oft sogar die Flugrichtung eines einzelnen Flugzeuges ablesen lässt, deuten kleine Punkte auf Einschläge nicht explodierter Spreng- und Brandbomben hin. Dort droht Gefahr. Nicht selten wurde dort restliche Munition einfach entsorgt

Das ist bei rund 15 Prozent der städtischen Gesamtfläche der Fall. Schwerpunkte der Bombardierungen waren Bahngelände, Kasernen, Stellungen und Übungsplätze. Es gab aber auch kurze Bodenkämpfe beim Vorrücken der Amerikaner aus Richtung Westen. Dort ist mit Artilleriegranaten, Handgranaten, Panzerfäusten und Gewehrmunition zu rechnen, weshalb auch solche Flächen kartiert wurden. Und schließlich war Landau von einem ausgedehnten Netz an Laufgräben, Westwall-Anlagen und Stellungen umgeben. Dort gab es Maschinengewehre und Panzerabwehrkanonen. Solche Vertiefungen wurden nach dem Krieg zugeschüttet. Nicht selten wurde dort restliche Munition einfach entsorgt. Auf dem Ebenberg gab es zudem Munitionsvernichtungsstellen. Die knapp 60.000 Euro teure „Luftbildauswertung zur Kampfmittelvorerkundung“ wird heute dem Hauptausschuss vorgestellt. Das umfangreiche Papier ist bereits mit der Gewerbeaufsicht bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt sowie mit dem Kampfmittelräumdienst des Landes besprochen worden. Untersucht wurde das komplette, 58 Quadratkilometer große Stadtgebiet mit Ausnahme des Stadtwaldes. Die Stadt hält die Auswertung nicht nur für wirtschaftlich sinnvoll, sondern sieht darin auch einen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Denn künftig muss nicht mehr jedes Baugrundstück in Landau aufwendig untersucht werden, bevor die Bagger rollen können, sondern es reicht ein Studium der Auswertung. Bei Bauarbeiten auf Verdachtsflächen muss der Bauherr das Grundstück sondieren und die Kampfmittelfreiheit bescheinigen lassen. Bei Blindgänger-Verdachtspunkten werden die Eigentümer des Grundstücks informiert. Außerdem wird die Kampfmittel-Belastungskarte auf den Internetseiten der Stadt (www.landau.de) hinterlegt. (boe)

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