Landau Pokémon-Spuk zwischen Gräbern

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Friedhöfe sollten pokémonfreie Zonen sein – darin sind sich Stadt Landau und Dekane einig. Allein, die kleinen Monster halten sich nicht daran. Nur auf dem Handy zu sehen, treiben sie auch auf dem Hauptfriedhof ihr Unwesen. Bislang allerdings gänzlich unbeachtet.

Noch ist alles ruhig auf dem Landauer Hauptfriedhof. Vereinzelt zwitschert hier und da ein Vogel. Eine alte Frau wässert mit der Gießkanne frisch eingepflanzte Blumen, ein Ehepaar kniet im Sand vor einem Kindergrab und richtet ein buntes Windrad auf. Für die virtuellen Pokémons, die zwischen Gräbern und Denkmälern flattern und hüpfen und nur auf dem Handy-Display sichtbar sind, interessiert sich hier niemand. Doch das kann sich ändern, denn auch auf dem Landauer Hauptfriedhof tummeln sich die kleinen Monster. Weniger ruhig geht es bereits in Frankenthal zu, was den dortigen Beigeordneten Bernd Knöppel (CDU) Anfang der Woche zur Forderung „Kein Pokémon Go auf Frankenthaler Friedhöfen“ veranlasste. In einem Brief an den Spieleentwickler, die japanische Firma Nintendo, bat er darum, die Frankenthaler Friedhöfe aus dem Spiel zu entfernen. Auch auf dem Neustadter Hauptfriedhof wurden schon hektisch umherlaufende Pokémon-Jäger gesichtet, den Blick immer auf das Smartphone gerichtet und laut kieksend. Anders in Landau. „Wir sind glücklicherweise noch verschont geblieben und würden es auch gerne bleiben“, sagt Stefanie Rasig, Mitarbeiterin der Pressestelle der Stadtverwaltung. Weder auf dem Hauptfriedhof noch auf den Friedhöfen in den anderen Stadtteilen habe es bislang Beschwerden gegeben. Rasig räumt jedoch ein, dass ein Pokémon-Verbot auf Friedhöfen schwer umsetzbar wäre, da diese grundsätzlich öffentlich sind. Ähnlich sieht das der Landauer Dekan der Katholischen Kirche, Axel Brecht: „Friedhöfe sind zwar öffentliche Plätze, haben aber eine besondere Aura.“ Der Spielehersteller Nintendo solle daher Pietät und Respekt beweisen und Friedhöfe aus dem Spiel heraushalten. Um den Spielern eine digitale Karte ihrer Umgebung bereitzustellen, greift Pokémon Go auf Daten des Online-Kartendienstes Google Maps zu. Auch für das Spiel wichtige Orientierungspunkte, sogenannte Pokéstops und virtuelle Kampf-Arenen, in denen die Spieler ihre gefangenen Monster trainieren können, generiert das Spiel durch besondere Punkte in Google Maps. Auf dem Landauer Friedhof heißen die Pokéstops „Madonna“, „Pokal“ oder „Trauernder Engel“ und befinden sich an auffälligen Grabsteinen oder Denkmälern. Die dortige Arena heißt schlicht „Großes Kreuz“. Im Internet schwärmen Fans davon, dass auf Friedhöfen besonders außergewöhnliche Pokémons herumspuken – die Rede ist von „Geister-Pokémons“. Ebenfalls im Internet kursiert der Vorschlag, beim Spielen auf Friedhöfen gewisse Verhaltensregeln zu beachten. „Gräber nicht betreten“, „nicht unnötig rennen und springen“ oder „nicht laut lachen“ wird dort empfohlen. Axel Brecht hält davon indes wenig. Er glaube nicht daran, dass diese Regeln eingehalten werden. „Ein Friedhof ist ein ernster Ort, an dem wir mit Leben und Tod konfrontiert sind. Viele Leute suchen dort die Stille.“ Doch dass Pokémon Go und Stille nur schwer vereinbar sind, zeigt ein Beispiel aus Köln: Auf der Jagd nach Minimonstern stehen auf dem Zentralfriedhof regelmäßig Scharen von lärmenden Pokémon-Jägern vor dem Grab des Komikers Dirk Bach. Denn darüber befindet sich offenbar eine Pokémon-Arena. In der Landauer Arena „Großes Kreuz“ kämpfen bislang keine Monster und auch auf den Gräbern bleiben sie unbeachtet – was laut dem protestantischen Dekan Volker Janke schlicht daran liegen könnte, dass das Spiel hier noch gar nicht mit seiner vollen Wucht angekommen ist. „Wir sind ja noch am Anfang“, warnt er. „Da könnte noch einiges auf uns zukommen.“ |adh

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