Landau Südpfalz: Bauern entzünden Mahnfeuer

Südlich von Bad Bergzabern haben Bauern am Freitagabend ein Mahnfeuer entzündet.
Südlich von Bad Bergzabern haben Bauern am Freitagabend ein Mahnfeuer entzündet. Foto: Iversen

Mahnfeuer flackern in der Südpfalz: gestern Abend zwischen Bad Bergzabern und dem Deutschhof; heute Abend in Landau zwischen Wollmesheim und Mörzheim. Verärgert sind Winzer und Bauern über die aktuelle Politik.

„Wir werden verantwortlich gemacht für das Insektensterben, für die hohe Nitratbelastung der Böden und des Grundwassers und für den Klimawandel“, sagt Siegfried Oerther. Der Dörrenbacher Winzer ist Initiator des Bauernprotestes am Deutschhof. „Dagegen wehren wir uns.“ Weil dieser Januar viel zu warm gewesen sei, seien viele Insekten und Bienen schon früh unterwegs und stürben dann abends durch die Kälte, erklärt Oerther. Dieses Insektensterben verursache der Klimawandel, nicht die Handlungen der Winzer oder Bauern. Michael Wambsganß, Initiator der Bauernproteste in Landau, ergänzt: „Winzer brauchen Insektizide, aber diese sind sehr spezifisch. Eine chemische Keule gibt es längst nicht mehr.“ Wambsganß fordert Regelungen für Blühstreifen längs von Weinbergen und Feldern. Die EU fordert von Landwirten, die Mittel aus den Fördertöpfen wollen, fünf Prozent der bewirtschafteten Fläche nicht zu bepflanzen. Das reiche nicht, meint Wambsganß, die Brachflächen müssten zu Blühstreifen werden, damit Insekten Unterschlupf und Futter finden.

„Wir zahlen ordentliche Löhne“

Wambsganß und Oerther plädieren für eine differenzierte Sicht auf die Arbeit von Landwirten und Winzer. Kleine Winzer, die ihre Weine nicht selbst vermarkten, sondern auch an Großkellereien verkaufen, bekämen je nach Sorte zwischen 55 und 90 Cent für den Liter Wein – egal, ob als Most nach der Ernte oder als Fasswein im Frühjahr. „Diese Preise sind gesetzt, die kleinen Winzer sind zu schwach, um sich gegen dieses Preisdiktat zu wehren.“ „Wir zahlen unseren Helfern auf dem Hof ordentliche Löhne“, erklärt Wambsganß. „Ich kann keinen Wein für 1,29 oder 2,99 Euro, wie im aktuellen Aldi-Prospekt angepriesen, produzieren“, ergänzt Oerther. Unerwartete Unterstützung erhalten die Bauern vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Südpfalz. In seiner Stellungnahme „Die Bauern haben Recht“ verweist der BUND auf den Druck der vier großen Discounter, die den Lebensmittelmarkt in Deutschland mit ihrer „Quasi-Monopolstellung“ beherrschten. Die derzeitige Agrarpolitik der Bundesregierung und der Europäischen Union fördere die großen industriell arbeitenden Agrarbetriebe. Kleine Familienbetriebe würden zum Aufgeben gezwungen. Wambsganß bestätigt dies: „Wachsen oder weichen“, sei seine Erfahrung. In Mörzheim gebe es seiner Kenntnis nach 23 Weingüter. „Ich bin froh, wenn es davon in zehn Jahren noch die Hälfte geben wird.“

Neue Mittel gegen Pilze nötig

Aktuell fordern die protestierenden Winzer und Bauern eine differenzierte Messung der Nitratbelastung der Böden. „Es werden Böden als rot – also verseucht – gekennzeichnet, die überhaupt nicht bearbeitet werden“, berichtet Wambsganß. Die Förderung von Blühstreifen sei schnell und einfach möglich und wirke, vermutet Wambsganß, schon im ersten Jahr. Schließlich fordern die Winzer neue Fungizide, denn die Pilzerkrankungen nähmen bei diesen Witterungen zu und die alten seien kaum noch wirksam. Wambsganß lädt alle interessierten Landauer zum Mahnfeuer am heutigen Samstag ein. Um 18 Uhr soll das Feuer auf den Nauwiesen, eine Gewann zwischen Wollmesheim und Mörzheim, entzündet werden. Es werde Bio-Glühwein vom Bio-Winzer Stefan Kuntz und Roten Traubensaft vom Weingut Wambsganß sowie Bratwürste im Brötchen vom örtlichen Bäcker und Metzger geben. Rund 30 Kinder-Traktoren unterschiedlichster Modelle laden zum Fahren und Spielen ein. Lesen Sie dazu unseren Kommentar:

Handelt!

Im Alltag wird unsere Welt verändert, nicht in Sonntagsreden. Der Einzelne muss handeln. Bauern und Winzer protestieren gegen die Agrarpolitik. Auch die Familienbetriebe in der Südpfalz geraten unter den Kostendruck, den die großen Discounter für Lebensmittel erzeugen. Verbraucher genießen die günstigen Preise bei Aldi, Lidl und Co. Die Discounter wachsen – nicht nur wegen der Geiz-ist-geil-Mentalität der Kunden, sondern auch, weil die Kommunalpolitik ihnen immer wieder neue Flächen für ihre Geschäfte zur Verfügung stellt. Es gibt einen Wettbewerb der Kommunen um die größten Discounter-Filialen. Verloren gehen kleine Geschäfte, Bäcker und Metzger. In Sonntagsreden werden Dorfläden wie in Arzheim gelobt, doch im Alltag werden Strukturen geschaffen und weiterentwickelt, die diesen Konzentrationsprozess beschleunigen. Wer das Bauern- und Winzersterben verhindern will, muss dies im Alltag tun.

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