Landau Stalking-Fall: Gericht verurteilt Mann zu Geldstrafe

Dem Gericht wurden zwei völlig widersprüchliche Versionen einer Geschichte präsentiert.
Dem Gericht wurden zwei völlig widersprüchliche Versionen einer Geschichte präsentiert.

Ein Südpfälzer soll seiner Ex-Frau seit Jahren nachgestellt, soll sogar einen GPS-Sender an deren Auto befestigt haben. Vor Gericht streitet er die Vorwürfe ab – ohne Erfolg.

In diesem Prozess gab es zwei Wahrheiten. Da war zum einen die Version der Anzeigestellerin, die sich die Staatsanwaltschaft und schließlich auch das Gericht zu eigen machten. Der Angeklagte stelle seiner deutlich jüngeren Ex-Frau seit Jahren immer wieder nach. Verfahrensgegenstand war unter anderem ein Tag im Dezember 2023, als er ihr auf dem Parkplatz des Lidl-Marktes in Landau aufgelauert haben soll. Zeugen bestätigten, dass an ihrem Auto ein Peilsender gefunden wurde. Und dass sie am nächsten Tag, als sie an seinem Haus vorbeifuhr, von ihm erspäht und verfolgt wurde. Ein weiterer Zeuge sagte aus, dass er gesehen habe, wie der Angeklagte im gleichen Zeitraum mehrmals vor dem Haus seiner Ex herumgefahren sei, obwohl diese in einer abgelegenen Seitenstraße wohnt. Dazu beschrieb er einen Besuch in einer Pizzeria, bei dem der Mann plötzlich durchs Fenster hineingeschaut habe.

Die Anzeigestellerin hatte auch zwei Gutachten vorgelegt, die ihr bescheinigen, unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, Angst- und Schmerzstörungen zu leiden, die von der psychischen und körperlichen Misshandlung durch ihren Ex-Mann herrühren. Fortschritte, die sie bei einer Langzeittherapie gemacht habe, seien durch die erneuten Kontaktversuche zunichtegemacht worden.

Verteidiger spricht von Lügenkonstrukt

Für Verteidiger Hans-Peter Schimanek ist all das ein einziges Lügenkonstrukt, das seinem Mandanten schaden soll. In seinem Plädoyer nahm er sich zunächst die Vorwürfe an sich vor, um Zweifel an der Richtigkeit der Anklage zu säen. Für die Begegnung vor dem Lidl-Markt oder dafür, dass sein Mandant den GPS-Sender angebracht hat, gebe es keine Beweise. Die Behauptung, der Angeklagte habe die Frau von seinem Haus aus mit dem Auto verfolgt, sei hanebüchen. Die Tat soll sich einen Tag nach der Entdeckung des GPS-Senders ereignet haben. „Sie sagt, sie wollte in Klingenmünster spazieren gehen und Pilze suchen. Erstmal wachsen dort zu dieser Jahreszeit gar keine Pilze. Zweitens gibt es von ihrer Wohnung drei Routen, die nach Klingenmünster führen – warum ist sie genau einen Tag nach ihrem Fund am Haus ihres Ex-Manns vorbeigefahren, vor dem sie angeblich eine solche Angst hat?“

Schimanek legte Bilder vom Anwesen des Mannes vor, das an der Grundstücksgrenze von Hecken eingesäumt ist. „Da ist eine kleine Lücke. Er soll in Sekundenbruchteilen erkannt haben, wie sie da mit 50 Kilometern pro Stunde vorbeifährt, und dann innerhalb weniger Sekunden den Weg in sein Auto geschafft haben, und dann zu ihr aufgeschlossen haben? Nichts davon ergibt den geringsten Sinn.“ Der Anwalt verwies außerdem auf Widersprüche zwischen den Zeugenaussagen. So sagte die Frau, sie habe auf einem Parkplatz gewartet, bis ihr Verfolger vorbeigefahren war, während ihr Mitfahrer aussagte, der Mann sei auf den Parkplatz gefahren. „Das ist alles erstunken und erlogen, was wir hier gehört haben“, echauffierte sich der Verteidiger.

Ärztliche Gutachten nicht anerkannt

Noch nicht einmal die Atteste von zwei Psychotherapeuten wollte Schimanek gelten lassen. Diese hätten auch nur aufgeschrieben, was die Zeugin ihnen gesagt habe. „Sie spielt das tragische Opfer, heult beim Psychologen etwas vor. Und das Gericht und die Staatsanwaltschaft gehen ihr auf den Leim.“

Oberstaatsanwalt Bertram Calletsch erwiderte, es sei „ausgesprochen kühn“, den Bericht eines Fachmanns anzuzweifeln, bei dem die Zeugin seit fünf Jahren in Behandlung sei. Die Route nach Klingenmünster sei die, die jeder von ihrem Startpunkt aus wählen würde. Und die Hecken am Rand des Anwesens seien zum Tatzeitpunkt lichter als zum Zeitpunkt der Bildaufnahme gewesen.

Doch Schimanek war noch nicht fertig. Er legte die Scheidungsurkunde vor, die bestätigte, dass sein Mandant die Scheidung beantragt hatte – die Zeugin hatte zuvor versichert, dass sie den Antrag gestellt hatte. Außerdem richtete er die Aufmerksamkeit auf ein Verfahren aus dem Jahr 2019, als das Amtsgericht die Zeugin dazu verurteilte, ihrem Ex-Mann eine Leihe in Höhe von 2500 Euro zurückzuzahlen, die sie für eine Schönheits-OP verwendet hatte. Die jetzigen Vorwürfe seien eine Retourkutsche für dieses Verfahren.

Ex-Mann: Verflossene prostituiert sich

Und dann der Schlag tief unter die Gürtellinie: Die Zeugin sei eine Sozialhilfeschmarotzerin, die sich ihr Geld mit Prostitution verdiene. Der Angeklagte berichtete, er habe ihr Profil auf einer einschlägigen Website gefunden. „Die macht solche Sachen und trägt dabei immer noch meinen Namen“, entrüstete sich der Mann. Und weiter: Er habe selbst gesehen, wie die Frau mit einem Freier Sex gehabt habe – als er um zwei Uhr nachts bei ihr durchs Fenster schaute. Da wurde Richterin Claudia Steinel hellhörig.

Die Vorsitzende schenkte letztlich der Version der Ereignisse, die die vier Zeugen geschildert hatten, Glauben. Der Angeklagte habe den Tatbestand der Nachstellung erfüllt, weil er mehrmals die räumliche Nähe zu seiner Ex-Frau gesucht und ihre Lebensgestaltung damit nicht unerheblich beeinträchtigt habe. Sie verurteilte den Mann zu einer Strafe von 1200 Euro, zahlbar in 30 Tagessätzen zu je 40 Euro.

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