Landau Streit im Wirtshaus kostet Bürgermeisteramt

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Der Name der Familie Lombardino, die politischen Geschicke der Stadt Germersheim und das Wirtshaus „Zum Bayerischen Hof“ waren im 19. Jahrhundert eng miteinander verbunden. Die Geschichte des Gasthauses reicht jedoch zurück bis in jene Zeit, als Germersheim noch kurpfälzische Oberamtsstadt war.

In Schriftstücken aus der Zeit um 1700 trug das Wirtshaus noch den Namen „Zum Adler“. Als die Pfalz im Jahr 1816 Teil des Königreichs Bayern geworden war, scheinen die veränderten politischen Strukturen und der damit einhergehende Zeitgeist Anlass zur Umbenennung des Gasthauses in „Baierischer Hof“ gewesen zu sein. In jener Zeit wurde das Wirtshaus von Wilhelm Lombardino geführt, dem 1788 in Germersheim geborenen Spross einer um 1700 aus Oberitalien eingewanderten Kaufmannsfamilie. Lombardino machte nicht nur als Wirt von sich reden, sondern war von 1815 bis Ende 1834 auch Germersheimer Bürgermeister. Nach einer Meinungsverschiedenheit in seiner Gaststätte aufgrund der verhängten Polizeistunde und des daraus entstandenen „Raufhandels“ zwischen weinfrohen Gästen und einem Polizeibeamten an einem Novemberabend des Jahres 1834 ging seine kommunalpolitische Laufbahn jäh zu Ende: Die Regierung der Pfalz setzte ihn aufgrund eines Vorfalls noch im Dezember als Bürgermeister ab: Sein Sohn Franz Wilhelm Lombardino hatte dem Germersheimer Polizei-Kommissär beim Verlassen des „Bayerischen Hofs“ noch eine Flasche nachgeworfen, die das Vollzugsorgan der Staatsgewalt am Rücken traf. Nach 20 Dienstjahren abrupt aus dem Amt geschieden, scheint sich Wilhelm Lombardino bald darauf gänzlich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und den Betrieb der Gastwirtschaft in jüngere Hände gelegt zu haben: Im November des Jahres 1836 vermeldete der „Eilbote aus dem Bezirk“, dass Franz Wilhelm Lombardino den „Bayerischen Hof“ von seinem Vater übernommen hatte und nun auf eigene Rechnung betrieb. Doch trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs, den Germersheim in den Jahren des Festungsbaus erlebte, sah sich Lombardino bereits wenige Jahre später gezwungen, den „Bayerischen Hof“ zu veräußern. Der Grund war vermutlich, dass sich seine Frau Philippina Lederle von ihm scheiden ließ und ihren Anteil an Gebäude und Einrichtung forderte. Daher sollte eine Versteigerung die notwendigen Geldmittel erbringen: Am 23. Dezember 1840 kam der Gebäudekomplex unter den Hammer. In einer Bekanntmachung im Landauer „Eilboten“ wurde das Anwesen näher beschrieben. Danach handelte es sich um ein zweistöckiges Wohnhaus „mit holländischem Dache“ und einen Seitenbau, in denen im Erdgeschoss ein „Wirthszimmer“, ein Speisesaal, drei weitere Zimmer und eine Küche mit einem großen eisernen Herd untergebracht waren. Im ersten Obergeschoss hatte man den für besondere Festlichkeiten vorgesehenen Gesellschaftssaal eingerichtet, in dem im Oktober 1834 rund 110 Gäste die Grundsteinlegung zum Bau der Festung Germersheim mit einem Dinner und einem Ball gefeiert hatten. Des Weiteren verfügte diese Etage über elf Gästezimmer, eine Wäschekammer und zwei Zimmer für Mägde. Unter dem Hauptgebäude befand sich ein Keller „mit Kreuzgewölb“, in dem 80 Fuder Wein gelagert werden konnten, sowie ein Flaschenkeller. Das Anwesen verfügte über einen geschlossenen Innenhof mit einem Säulengang, einem Pumpbrunnen sowie über eine „bedeckte Dunggrube“.Im Nebengebäude befanden sich eine Waschküche und Remisen für „Chaisen“ (Kutschen), ein Heuspeicher sowie ein Keller zum Einlagern von Gemüse. Stallungen, in denen 40 Pferde untergestellt werden konnten, drei Schweineställe und zwei Scheunen – „alles in bestem baulichen Zustande“ – rundeten das Ensemble ab. Vielleicht war das Anwesen, das sich in der Mittelstraße bis auf Höhe der protestantischen Kirche entlangzog, einfach zu groß, als dass sich ein zahlungskräftiger Käufer dafür gefunden hätte. Im September des Folgejahres waren Franz Wilhelm Lombardino und Philippina Lederle geschieden. Die Ex-Ehefrau des Gastronomen, die nach Hambach gezogen war, drängte auf die Auszahlung des ihr zustehenden Geldes, so dass sie auf auf Zwangsversteigerung des „Bayerischen Hofs“ klagte. Offenbar scheint sich am 18. September 1841 ein Käufer für das stattliche Gasthaus gefunden zu haben: In der Folgezeit betrieb Georg Zahn als Eigentümer des „Bayerischen Hofs“ dort eine Brauerei. Während die Biere von Braumeister Zahn in Zeiten einer stetig anwachsenden Garnison schäumenden Absatz fanden, wurde es still um die vormaligen Eigentümer. Franz Wilhelm Lombardino heiratete ein weiteres Mal, verstarb allerdings am 18. Dezember 1846 im Alter von 37 Jahren. Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren keine Namensträger der Kaufmannsfamilie Lombardino, deren Angehörige schon im 18. Jahrhundert Bürgermeister und Ratsmitglieder gestellt hatten, in Germersheim mehr präsent. (lh)

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