Kommentar Verein Stadtbild nicht die alleinige Architektur-Autorität

Jede Epoche baut in ihrem Stil. Der Verein Stadtbild liebt es rückwärtsgewandt.
Jede Epoche baut in ihrem Stil. Der Verein Stadtbild liebt es rückwärtsgewandt.

Es ist gut, dass sich Menschen um die Gestaltung ihrer Stadt Gedanken machen. Doch beim südpfälzischen Ableger von Stadtbild Deutschland gibt es ein Problem.

Die selbsternannten Architekturpäpste melden sich als Regionalverband zu Wort. Als solcher sind ihre Darstellungen kein Fall für die Leserbriefseiten, sondern redaktionell zu behandeln. Man darf allerdings nicht übersehen, dass besagter Regionalverband im Wesentlichen aus dem Gymnasiallehrer Mario Albers und dem Architekten Joachim Weißmann besteht und sich auf seiner Facebookseite des Öfteren mit einem (!) Like als Rückmeldung zufriedengeben muss. Okay, beim Vorschlag, den Luitpold-Brunnen auf dem Rathausplatz zu rekonstruieren, waren es sieben positiv gereckte Daumen und Herzchen. Insofern sind Zweifel angebracht, ob der Verein ein von ihm ins Gespräch gebrachtes Bürgerbegehren für eine andere Architektur in Landau überhaupt stemmen und genügend Stimmen einsammeln könnte.

Doch mangelnde Unterstützung ficht den dem Nostalgischen verhafteten Verein nicht an. Er unterstellt der Stadt nicht nur, dass sie „projektbezogen und interessengeleitet“ entscheide, also im Interesse der Investoren, sondern auch mangelnde Expertise. Stadtbild nimmt für sich in Anspruch, diese zu haben. Doch Architektur ist mehr als „neues traditionelles Bauen“, dem sich der Verein verpflichtet fühlt, mehr als Walmdächer, Klappläden, Erker, Simse und Gauben. Seine Kritik am Garderobenbau fürs Universum ist unberechtigt.

Insofern ist es gut, dass der von Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) initiierte Gestaltungsbeirat als Vermittler, Erklärer und Autorität in Streitfällen in Kürze seine Arbeit aufnimmt. Geißler selbst träumt schon lange von einem architektonischen Knaller im Stadtbild. Dabei denkt er nicht an rückwärtsgewandtes Bauen. Architektur ist eine Kunstform, die sich weiterentwickeln muss und an der man sich auch reiben kann. Heute käme niemand mehr auf die Idee, sich einen röhrenden Hirsch übers Sofa zu hängen. Der könnte handwerklich noch so gut gemalt sein, heute wäre er Kitsch. Diese Gefahr ist auch bei Retroarchitektur groß.

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