Landau Vom Suchen und Finden

Giftig oder ungiftig, das ist hier die Frage beim Pilz-Seminar, den der Nabu Landau im Silzer Wald anbot.
Giftig oder ungiftig, das ist hier die Frage beim Pilz-Seminar, den der Nabu Landau im Silzer Wald anbot.

„Pilze haben kein Schraubgewinde. Man kann sie nicht aus der Erde drehen. Also nehmt bitte Eure Messer mit, damit ihr sie mit Stil und Knollen ausgraben und später optimal bestimmen könnt“, gibt der Landauer Pilzexperte Dietmar Gottlieb letzte Tipps mit auf den Weg, bevor die großen und kleinen Teilnehmer des Nabu-Pilzseminars in den Silzer Wald ausschwärmen, um möglichst viele und vor allem verschiedenartige Objekte ihrer Begierde zu finden. Zuvor wurden sie von Nabu-Geschäftsführerin Sabine Heilmann im Hirtenhaus in Mörzheim darauf eingestimmt, dass es bei diesem Seminar nicht nur um das Bestimmen essbarer Pilze gehe, sondern vor allem darum, „die Faszination für die Pilzwelt zu wecken. Da ist so viel Schönheit im Verborgenen, so viel Varianz an Formen und Farben. An den Pilzen mit ihren symbiotischen Lebensweisen sieht man, dass in der Natur nichts singulär ist, sondern das eine vom anderen abhängt“. Und der Beweis folgt quasi auf den Fuß. Die bunt gemischte Gruppe ist kaum hundert Meter im Wald, da meldet ein älterer Herr schon den ersten Fund. Ganz praktisch am Wegrand steht das prächtige Exemplar eines Hexenröhrlings, den manche auch als Schusterpilz oder Steinpilz des armen Mannes kennen. Essbar ist er – wenn er denn gut gekocht wird. Aber ist das jetzt ein flockenstieliger oder ein netzstieliger Vertreter seiner Spezies? Die Frage ist für Pfälzer Feinschmecker wichtig. Denn den netzstieligen Typen darf man nie in Verbindung mit Alkohol verzehren. Da hat der Finder noch mal Glück gehabt und packt sein flockenstieliges Abendessen zufrieden in den Korb. Auch die anderen Seminarteilnehmer haben Fortune und Dietmar Gottlieb ist ganz in seinem Element: Mit Lupe, Messer und Fingern, aber auch mit der Nase und sogar mit der Zunge und nicht zuletzt mit seinem Bestimmungsbuch findet er auf alle Fragen eine meist frappierende Antwort. Und schnell wird klar, dass sich meisten Pilze ihre markanten Namen wirklich verdient haben. Der grünblättrige Schwefelkopf riecht beispielsweise „so eklig, dass man ihn gleich beim ersten Biss ausspuckt“. Und beim Speitäubling funktioniert diese Reaktion noch schneller. Roh soll man Pilze nicht essen. Auch das lernt man an diesem Wochenende: „Fast alle Pilze sind roh giftig – mit Ausnahme des Steinpilzes und des Zuchtchampignons. Alle anderen Pilze müssen mindesten eine Viertelstunde gekocht werden. Manchmal kommt eine Pilzvergiftung schlicht daher, dass die Pilze nicht richtig zubereitet wurden.“ Bedenken sollte man außerdem, dass Wildpilze – so aromatisch sie auch schmecken – die im Boden enthaltenen Schwermetalle aufnehmen und noch immer erhöhte Cäsium-Werte als Tschernobyl-Nachwehe enthalten. Mehr als einmal pro Woche sollten sie deshalb nicht auf dem Speiseplan stehen, bremst Gottlieb vor möglichen Junkie-Allüren. Die enorme Vielfalt der Pilze führe auch dazu, dass man von vielen die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus gar nicht kenne. Bei anderen wiederum stelle sich erst spät heraus, dass sie mehr Giftstoffe enthalten, als dem menschlichen Körper guttun, weshalb die Liste empfohlener Speisepilze stetig schrumpfe. Dennoch sei die Panik vor Giftpilzen, die manche Menschen ins ich tragen, völlig übertrieben, beruhigt Sabine Heilmann. „Es gibt nur 15 von Hunderten Pilzen, die wirklich giftig sind.“ Und wenn man dann noch die Unterscheidung von Lamellen- und Röhrenpilzen mache, sei die Gefahr eines Fehlgriffs noch geringer. Denn es gibt in Deutschland nur einen giftigen Röhrenpilz und der heißt passenderweise Satans-Röhrling. Mit den ersten Nachtfrösten geht die Pilzsaison, die in diesem heißen und trockenen Jahr nur eine geringe Ausbeute mit auffallend kleinen Exemplare brachte, zu Ende. Dann findet man im Wald nur noch die großen Hexenringe nebelgrauer Trichterlinge . „Wenn ich die sehe, werde ich immer ein bisschen traurig“, verrät Dietmar Gottlieb mit einem sehr sympathischen Hauch mykologischer Melancholie.

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