Ludwigshafen Alle Müller, oder wer?

Wenn Andreas Müller die Bühne betritt, freut er sich, dass er so zahlreich erschienen ist. Der Komiker und Comedychef des Radiosenders SWR3 verdreht so einiges. So auch bei „SWR3 Comedy live“ im nahezu ausverkauften Mozartsaal des Mannheimer Rosengartens.

Der Baden-Badener Müller wünscht einen „schunderwönen tuten Gag“ und freut sich, in „Hannmeim“ vor „hollem Vaus“ auftreten zu dürfen. In einem hohen Tempo, das dem Publikum nicht eben wenig Aufmerksamkeit abverlangt, spricht er mit vertauschten Buchstaben oder, wie er es ausdrückt, „tervauschten Stachbuben“. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, erklärt der Komiker, um von den Geheimdiensten nicht ausgespäht werden zu können. Wir befinden uns nämlich, befindet er, im „Leaking Age“, dem Zeitalter der Enthüllungen. Der NSA-Whistleblower Edward Snowden und der WikiLeaks-Initiator Julian Assange sind dabei nur zwei der zahlreichen Gewährsleute, die Müller im Laufe des Abends anführt. „Irgendwann kommt alles raus“, ist er sich sicher, „bald sogar Uli Hoeneß“. Nach einer Weile beendet der Comedian dankenswerterweise seine Buchstabenverdreherei. Konzentration und eine rasche Auffassungsgabe erfordert seine atemlos schnelle Show freilich dennoch. Er lässt eine solche Vielzahl an Späßen und Pointen auf sein Publikum los, dass eine gewisse Anzahl flacher Witze gar nicht so sehr ins Gewicht fällt. Andreas Müller begibt sich selbst scheinbar unter die Whistleblower, wenn er die Macht, die in Angela Merkels Raute liegt, aufdeckt, oder wenn er vorgeblich ein Röntgenbild Reiner Calmunds präsentiert, das ein schmächtiges Knochengerüst in einem übermächtigen Körper zeigt. „Das Skelett wächst ja gar nicht mit!“ wundert „Calli“ sich da. Jeden Tag würden 800 Millionen Menschen auf diesem Planeten nicht satt, weiß der schwergewichtige Fußballfunktionär, „und ich bin einer von ihnen.“ Müllers scheinbar flapsig dahingesagtes „dass ich so zahlreich erschienen bin“, macht ja tatsächlich Sinn. Der 49-jährige Komiker steht, auch wenn er als Solist auf die Bühne kommt, nicht wirklich alleine vor seinem Publikum. In Fernseh- und Hörfunkausschnitten und besonders in Form seiner gekonnten Stimmenimitationen holt er eine Unmenge Prominenter auf die Bühne. Reiner Calmund ist da nur einer von vielen. Aktive Kicker wie Lukas Podolski oder Miroslav Klose geben sich mit ehemaligen wie Jürgen Klinsmann oder Franz Beckenbauer gewissermaßen die Klinke in die Hand. In der Politik begegnen sich Günther Oettinger und Winfried Kretschmann, Helmut Kohl und Helmut Schmidt, Angela Merkel und Horst Seehofer. Und die letzten drei Päpste treten ebenso in Erscheinung wie Roberto Blanco, Dieter Bohlen oder Lokführer-Gewerkschafter Claus Weselsky. Und Jan Delay schickt Müller mit einer Variation von „Mein kleiner grüner Kaktus“ von den Comedian Harmonists auf die Bühne: „Mein kleiner brauner V-Mann“. Aber auch die Fans seiner Radio-Comedy-Serien wie „Feinkost Zipp“ („Mogäään“), „Jogis Jungs“ („Höggschde Disziplin“) oder „Baumarkt Hammer“ („Geht nicht gibt’s!“) kommen voll auf ihre Kosten.

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