Ludwigshafen Als Zugabe wird gesungen

Vorweihnachtliche Musik, Blechbläser, Ludwig Güttler – mit diesem Dreiklang kann ein Konzertveranstalter Mitte Dezember wenig falsch machen. Auch bei Pro Arte im Mannheimer Rosengarten war volles Haus. Der 74-jährige Trompetenstar war mit seinem eigenen Ensemble zum Gastspiel angereist.

Mit drei unterschiedlichen Instrumenten in der Hand und unterm Arm betritt Ludwig Güttler die Bühne. Weitere stehen bereits am Platz. Trompete ist schließlich nicht gleich Trompete. Es gibt sie in unterschiedlichen Stimmungen und Größen. Hinzu kommt in Güttlers Fall das Corno da caccia – übersetzt: Jagdhorn. Zu diesem kleinen, rundgebogenen Instrument hat er eine besondere Beziehung. Er selbst hat in den 1980ern eine spezielle Form dieses Horns mitentwickelt. Auch das wird im Laufe des Konzerts erklingen. Auf der Bühne steht aber nicht nur eine Menge Blech, es sitzen auch zwölf Männer im Halbkreis. Und das ist das Einzige, was den einen oder anderen Konzertbesucher an diesem Abend enttäuscht haben könnte: Als Solist ist der Startrompeter mit dem markanten Schnauzer dieses Mal nicht zu erleben. Er ist mit dem nach ihm benannten „Blechbläserensemble Ludwig Güttler“ auf Tour, das durchweg aus Musikerprofis renommierter Orchester besteht, darunter die Staatskapelle Dresden und das Gewandhausorchester Leipzig. Güttler hat das Ensemble 1978 in Dresden gegründet und übernimmt meist auch Melodie- und Oberstimmen. Er dirigiert hin und wieder mit, gibt Einsätze mit zum Kreis geformten Daumen und Zeigefinger. Doch eigentlich sind hier alle Musiker gleichberechtigt, was einen bestens austarierten Gesamtklang ergibt – so zu hören in „Tochter Zion“ aus Georg Friedrich Händels „Judas Maccabäus“. Wenn alle Musiker gleichzeitig spielen, entsteht eine Harmonie, die den Zuhörer umarmt und gleichzeitig berührt. Der Klang ist zwar – typisch für Blechbläser – majestätisch, aber nie scharf oder dröhnend. Das Programm hat es in sich und fordert auch den Zuhörer. Zwar stehen bekannte Weihnachtsmelodien darauf: „Nun komm der Heiden Heiland“, „Es ist ein Ros entsprungen“ und „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Doch das Ensemble spielt verschiedene Bearbeitungen mit unterschiedlichen Besetzungen aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Dabei zeigen die vielen Blechblasinstrumente ihre Eigenheiten. So klingt Melchior Vulpius’ Kanon über „Es ist ein Ros“ weich und singend, wird er doch nur von vier Posaunen gespielt. Wenn Ludwig Güttler oder einer seiner vier Trompeter-Kollegen die Piccolo-Trompete – das kleinste Instrument der Gattung – hervorholt, erhält das jeweilige Werk eine festlich triumphierende Atmosphäre. Güttler gehört zu den wenigen Instrumentalsolisten, die – neben Anne-Sophie Mutter vermutlich – in wohl jedem einigermaßen gut sortierten Klassik-CD-Regal vertreten sind. Seit 40 Jahren ist er als Solist unterwegs, hat die Welt bereist und ist dennoch immer seiner Heimat treu geblieben. In Sachsen setzte er sich unter anderem vehement für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche ein. Wer zu seinen Konzerten kommt, weiß in bestimmter Hinsicht, was ihn erwartet: ein verlässlich stimmungsvolles Klangerlebnis. Doch er und die anderen elf Bläser können auch überraschen. Als Zugabe singen sie „Herbei, oh ihr Gläubigen“. Jetzt kann Weihnachten kommen.

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