Schifferstadt Das Würstchen Deutschland: Musikalische Lesung würdigt das Grundgesetz

Bissig humorig, aber auch voller Liebe zum Grundgesetz: Schauspieler Roman Knizka mit dem Ensemble Opus 45.
Bissig humorig, aber auch voller Liebe zum Grundgesetz: Schauspieler Roman Knizka mit dem Ensemble Opus 45.

Demokratie, Gleichstellung, Freiheit: Mit der musikalischen Lesung „75 Jahre Grundgesetz – Die Würde des Menschen ist unantastbar“ würdigte Schifferstadt dieses Ereignis in der Aula des Paul-von-Denis-Schulzentrums. Dabei legt Schauspieler Roman Knizka in seinen Liedern und Texten den Finger in die Wunde: Wie steht es um die Gleichberechtigung?

Eine Wurst, eine Teetasse, ein Hamburger und eine Flasche Wodka, dazu eine Sahnetorte und das Grundgesetz. Komische Zusammenstellung möchte man meinen. Oder ist das etwa das Geburtstagsessen für das Grundgesetz? Nicht ganz. Aber zumindest die Torte steht für den Geburtstag. Die anderen Lebensmittel symbolisieren etwas anderes: die Siegermächte nach Ende des Zweiten Weltkrieges, die sich in die Haare kriegen. Und das Würstchen Deutschland, das sich irgendwie inmitten des Streits befindet. So jedenfalls spielt es TV-Star Roman Knizka vor, der wort- und stimmgewaltig die Lesung übernimmt und nach und nach die Geschichte und Entwicklung des Geburtstagskindes entfaltet – bissig humorig, dabei aber voller Liebe zum Grundgesetz.

Wie steht es um die Gleichberechtigung?

Wie den Part der Gleichberechtigung der Frau, die den vier Müttern des Grundgesetzes sehr wichtig war. Knizka zeichnet den zähen Kampf vor allem von Elisabeth Selbert nach, die unbedingt den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ verankert sehen wollte – der mehrmals abgelehnt und zugunsten der Männer anders formuliert wurde. Denn die Formulierung zementiert die Rechtlosigkeit der Frau auch in Zukunft. Der Mann bestimmt umfassend: über die Erziehung der Kinder, das Frauenvermögen, ob sie arbeiten darf oder nicht. Der Mann hat das Entscheidungsrecht, die Frau die Folgepflicht. Die Frist zur Änderung des Familienrechts verstrich dank CDU und CSU, damit nicht zwei Gleichberechtigte einander gegenüberstehen. Erst 1976 gab es ein liberales Familienrecht und noch später 1992 die Ergänzung, dass der Staat die tatsächliche Gleichberechtigung fördern soll. „Auch heute ist die Gleichberechtigung noch nicht Realität“, denn die Karriereleiter von Frauen endet früh, Lohngerechtigkeit gibt es nicht und der Frauenanteil in der Politik ist „ernüchternd“.

Gesetz als Kompromiss

Knizka legt also den Finger in die Wunde. Er tut das mit Hilfe von Liedern, die er selbst singt, wie „Raus mit den Männern!“ von Claire Waldoff, Tonbandeinspielungen, einem Interview mit dem Grundgesetz persönlich und den Mitteln der Satire. Dabei wird er gefühlvoll und mit vielfältiger Auswahl der Kompositionen unterstützt vom Bläserquintett Opus 45, dessen Namensgeber Johannes Brahms’ „Ein deutsches Requiem“ (Opus 45) war und dessen Mitglieder aus Musikern renommierter Orchester wie der Hamburgischen Staatsoper bestehen.

Den holprigen Weg des Grundgesetzes beschreibt Konrad Adenauer nach der Schlussabstimmung 1949: Es sei ein Kompromiss mit „Fehlern und Mängeln“, lehre aber die Parteien, ehrliche Gegner zu schätzen. Die Zusammenarbeit aller Parteien tue Not für das Volk. Tenor der Texte insgesamt: Demokratie muss man gerade auch im Alltag lebendig halten; sie erhält sich nicht von selbst. Die Bürger der früheren DDR zum Beispiel mussten sich Freiheit und Selbstbestimmung „selbst erkämpfen“. Wohl auch deshalb bestürzt es Knizka sehr, wie bei der letzten Europa- und Kommunalwahl gewählt wurde. „Es ist erschreckend, dass die AfD wieder einmal so weit nach vorne gekommen ist.“ Vor allem seine Heimat Sachsen erkenne er nicht wieder. Die Message: „Wir sind nicht nur als Künstler, sondern auch als Demokraten unterwegs.“

Dem schließt sich die Schifferstadter Bürgermeisterin Ilona Volk (Grüne) an. „Demokratie ist ein Thema, das uns allen sehr am Herzen liegt.“ Man müsse täglich dafür einstehen, „für Toleranz, für Vielfalt“, und junge Menschen immer wieder mitnehmen. „Das Grundgesetz garantiert uns, dass wir in einem Rechtsstaat leben.“ Es sei ein Garant für „Freiheit, Demokratie und Menschenwürde“. Das gilt es zu bewahren.

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