Ludwigshafen Der singende Lyriker par excellence

Ein Konzert findet Stephen Costello bequemer, weil man sich auf den Gesang konzentrieren kann. Doch er mag die Atmosphäre der Op
Ein Konzert findet Stephen Costello bequemer, weil man sich auf den Gesang konzentrieren kann. Doch er mag die Atmosphäre der Oper.

Der Stil der französischen Oper liegt ihm ganz besonders: Der amerikanische Tenor Stephen Costello ist am Samstag Gast beim Festlichen Opernabend im Mannheimer Nationaltheater in Puccinis „La Bohème“. Die aus Rumänien stammende Sopranistin Anita Hartig singt die Rolle der Mimì. Beide gehören zur internationalen Sängerprominenz der jüngeren Generation und sorgen für Furore an fast allen weltweit führenden Opernhäusern. Warum er auf die „Otello“-Rolle ewig warten will, erklärt Costello im Interview.

Als gut nachgefragter Tenor spielt sich Stephen Costellos Alltag zwischen Opernhaus, Hotel und Flugzeug ab. Auf Puccinis „Bohème“ folgt Verdis „La Traviata“ im März an der Hamburgischen Staatsoper und im April an der New Yorker Metropolitan. Dazwischen steht ein Konzert in Sofia an mit dem Philharmonischen Orchester der bulgarischen Hauptstadt. Wie lässt sich das mit seinem Privatleben vereinbaren? Er reise gern, erzählt er zunächst locker im Telefoninterview aus Dresden. Etwas nachdenklicher erklärt er, genaue Organisation und Planung seien allerdings – wegen der vollen Terminkalender – nötig, um möglichst viel Zeit mit seiner Frau, der koreanisch-amerikanischen Violinistin Yoon Kwon, verbringen zu können. Seinen Repertoireschwerpunkt sieht der amerikanische Sänger, der aus Philadelphia stammt, in der italienischen und französischen Opernliteratur. Er verstehe sich als lyrischer Tenor par excellence und empfinde etwa „Bohème“, „Rigoletto“ und „Traviata“ als seine ureigene Domäne. Die Belcanto-Oper mit einem weichen und ausschmückenden Gesangsstil komme seiner Stimme ebenfalls entgegen. So habe er kürzlich mit der Partie des Fernand in „La Favorite“ von Gaetano Donizetti sehr positive Erfahrung gemacht, wie auch mit Charles Gounods Drame Lyrique „Roméo et Juliette“. Überhaupt liege ihm der Stil der französischen Oper nahe und ganz besonders jener von Georges Bizets „Carmen“. Was Sänger allerdings unbedingt vermeiden sollten, ist das Forcieren – „to push the voice“, sagt der Amerikaner. Das sei gefährlich: Es verkürze die Laufbahn. „Schließlich handelt es sich bei der Singstimme nicht um ein Instrument.“ Costello selbst will noch einige Jahre warten mit Giuseppe Verdis „Un ballo in maschera“ und „Don Carlos“. Und für „Otello“ brauche er noch lange Zeit – wenn es denn überhaupt einmal so weit kommen sollte. Und das deutsche Repertoire? „Die Zauberflöte würde ich sehr gern singen“, antwortet er. „Die Rolle des Tamino wurde mir aber bislang nicht angeboten. ,Fidelio` verlangt dagegen nach einem Stimmcharakter, der sich von meinem deutlich unterscheidet, und schwere Wagner-Partien kommen für mich nicht in Frage.“ Außer in der Oper singt Costello auch im Konzert, den Vorzug gibt er aber ersterem. Das Konzert sei bequemer, meint er, es ermögliche volle Konzentration auf den Gesang und die Musik, aber die Bühnenatmosphäre findet Costello intensiver. Liegt ihm auch das moderne, die Vorlagen freizügig behandelnde Regietheater? Dazu bezieht der Sänger keinen prinzipiellen Standpunkt. Ihm komme es auf den Einzelfall an. „Ich habe schon sowohl in ganz abstrusen als auch in künstlerisch außerordentlich anregenden Arrangements mitgewirkt“, sagt er. „Für letztere war Michael Mayers ,Rigoletto`-Inszenierung ein höchst attraktives Beispiel. Sie verlegte die Handlung in unsere Gegenwart und nach Las Vegas. Ich fand diese Einrichtung bei allen Anachronismen einleuchtend, ja bewegend.“ Anregend und bereichernd fand der Tenor andererseits die Zusammenarbeit mit den Dirigenten Yannick Nézet Séguin und Riccardo Muti. Bei Muti, meint er, „lässt sich die Musik leichter singen – und wird aufregend“.

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