Ludwigshafen Die Helden aus dem Jugenddorf

Da werden Erinnerungen wach (von links): die damaligen ASV-Volleyballer Reinhard Blechschmidt, Helmwart Dubiel, Bernhard Klinger
Da werden Erinnerungen wach (von links): die damaligen ASV-Volleyballer Reinhard Blechschmidt, Helmwart Dubiel, Bernhard Klinger, Fritz Buch und Gerhard Hommel vor einem auf die Leinwand projizierten Foto der einstigen Meistermannschaft, der sie alle angehörten.

«LIMBURGERHOF.»Wer hätte das gedacht? Die Wurzeln des deutschen Volleyballspiels liegen in Limburgerhof. Es ist eine Erfolgsstory, die ihresgleichen sucht und zwei Deutsche Meisterschaften – 1958 und 1959 – nach sich zog.

Begonnen hat alles im Februar 1958 und ist eng verbunden mit der Gründung des Christlichen Jugenddorfs (CJD) in Limburgerhof, das 1957 als Industriejugenddorf und Ausbildungsstätte der BASF für junge Menschen gegründet wurde. Vater des Erfolgs war Werner Lohr (1927-1993), der aus dem Osten zunächst nach Westberlin flüchtete und später im Jugenddorf als Sportlehrer und Jugendleiter eingestellt wurde. Im Februar 1958 begann der damalige Bundestrainer, mit 16 jungen Sportlern eine Volleyballmannschaft aufzubauen. Unter ihnen war auch der in Rockenhausen geborene Fritz Buch, heute 78, der nach wie vor in Limburgerhof lebt. Diese Mannschaft schloss sich im Sommer dieses Jahres – wie alle Sportabteilungen des CJD – dem ASV Limburgerhof an. Somit konnte man am geregelten Spielbetrieb der Verbände teilnehmen, ohne einen eigenen Verein gründen zu müssen. Der „positiv Volleyballverrückte“ Lohr hatte das Ziel, mit dieser Mannschaft die Deutsche Meisterschaft zu holen. „Lohr hatte es verstanden, Jugenddörfler für den in Deutschland noch wenig bekannten Volleyballsport zu begeistern. Durch seine Beziehungen kamen noch erfahrene Spieler wie Reinhard Blechschmidt und Helmwart Dubiel hinzu“, erinnert sich Buch. Sie alle hätten eine gemeinsame Vision gehabt und dafür eine große Leistungsbereitschaft mitgebracht. Die Rechnung ging nach sehr hartem Trainingsprogramm schon neun Monate später in Castrop-Rauxel auf. Am 9. November 1958 hieß der Deutsche Volleyballmeister nach einem dramatischen Fünfsatzmatch im Endspiel gegen Hannover überraschend ASV Limburgerhof. Der Nobody hatte sich durchgesetzt. Im Team standen neben Buch, Blechschmidt und Dubiel auch Karl Herzog, Bernhard Klinger und Bernd Henschke. Die Heimat stand kopf. Bei der Ankunft gab es für die Meistermannschaft einen kleinen Festzug durch die damals 6000 Einwohner große Gemeinde zum Vereinshaus und dort einen Empfang. Der örtliche Frisör versprach allen Spielern einen kostenlosen Haarschnitt. Ein Jahr später sollte das Wunder von Castrop-Rauxel Wiederholung finden. Jetzt wollten Spieler nach Limburgerhof kommen. Zur Truppe von Werner Lohr stießen damals Gerhard Hommel, Willi Ferier und Rudi Schenk. Die dritte Deutsche Meisterschaft der Damen und Herren richtete der ASV Limburgerhof selbst aus. Spielstätte war die Sporthalle der Carl-Bosch-Schule. Der ehemalige Bürgermeister Peter Kern (SPD) erinnert sich: „Die Halle, lediglich mit einem schmalen Randstreifen von 1,50 Metern, war voll von Zuschauern. Es schien, als hätte sich ganz Limburgerhof hier versammelt. Es war eine Dramatik ohne Ende. Am Ende hatten unsere Helden die Nase vorne.“ Ohne Satzverlust qualifizierte sich der Gastgeber wie schon ein Jahr zuvor gegen Hannover für das Finale. 15:11, 15:5 und 15:6 lautete das Ergebnis nach drei Sätzen. Fritz Buch und seine Mannschaft hatten ihren Titel souverän verteidigt. „Wir haben als Mannschaft funktioniert, auf und neben dem Feld. Motor und Motivator war unser Trainer, der uns immer wieder begeistert und zu Höchstleistungen angetrieben hat“, nannte der damalige Kapitän Reinhard Blechschmidt die Gründe des Erfolgs. Ein Jahr später fanden die Deutschen Meisterschaften in Heidelberg statt. Die Limburgerhofer gingen als Favorit ins Rennen. Allerdings verlor das Team aus unerklärlichen Gründen in der Zwischenrunde gegen Hamburg, so dass am Ende nur der dritte Platz heraussprang. 1960 löste sich die Meisterschaft auf. Blechschmidt, Dubiel, Herzog und Ferier wechselten zu Alemannia Aachen und wurden ein Jahr später Deutscher Meister. Andere begannen ein Studium oder gingen zur Bundeswehr. 1964 löste sich der ASV Limburgerhof auf, die Volleyballer wechselten zur TG 04 Limburgerhof. Freunde sind die Mitglieder der Meistermannschaft geblieben. Gelegentlich treffen sich die Helden von damals: zum Beispiel beim Besuch des Pfälzischen Sportmuseums in Hauenstein, oder jetzt bei der Jubiläumsveranstaltung in Limburgerhof. Dann leben die Erfolge von 1958 und 1959 neu auf.

Herausgeputzt: Die Volleyballer in Lausanne.
Herausgeputzt: Die Volleyballer in Lausanne.
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