Ludwigshafen „Die wirkliche Arbeit fängt erst an“

Das Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) in West hat als 71. rheinland-pfälzische und als fünfte Ludwigshafener Schule den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erhalten. Die Verleihung der Urkunde haben Schüler, Eltern und Lehrer am Freitag gemeinsam mit ihrem Schulpaten Rafik Schami und einem abwechslungsreichen Programm gefeiert.

Das THG ist jetzt Teil des mit 1500 Schulen aus dem ganzen Land größten Schulnetzwerks in Deutschland. Europaweit sind 1800 Schulen beteiligt. Um den Titel zu bekommen, müssen sich mindestens 70 Prozent aller Schulangehörigen durch ihre Unterschrift zu den Grundsätzen des Projekts bekennen. „Ich bin stolz auf die Schüler des THG. Sie haben verstanden, dass uns unser gutes Leben dazu verpflichtet, anderen zu helfen“, sagte Schami bei einer Feierstunde in der Aula der Schule. Der in Damaskus geborene Autor sagte, er habe schon früh gelernt, was es heiße, Teil einer Minderheit zu sein: erst als Christ in Syrien, zuletzt als Syrer in der Bundesrepublik. „Die primitive Art des Rassismus stört mich schon gar nicht mehr“, sagte er. Es sei vielmehr seine subtile und im Alltag erlebbare Form, die ihn verstöre. Besondere Unterstützung würden Kinder benötigen, die aus Krisengebieten flüchten. „Für sie sollte jeder einen kleinen Schaukelstuhl im Herzen bereithalten, auf dem sie sich ausruhen können.“ Der Verantwortung, die mit dem Titels einhergeht, sind sich viele Schüler bewusst. Die 18-jährige Hannah aus Mutterstadt ist der Meinung, dass das Thema zu wenig in der Gesellschaft beachtet wird: „Den Fünftklässlern zeigt der Titel, dass sie sich hier keine Sorgen machen müssen, diskriminiert zu werden.“ Lena aus Maxdorf stimmte ihr zu: „Ich habe an unserer Schule noch nie Rassismus miterlebt.“ Dem 16-jährigen Alex ist der Kontakt zu Menschen aus anderen Ländern wichtig, zumal Ludwigshafen eine Einwandererstadt sei. „Wir haben schon vor zwei Jahren kleine Projekte gestartet. Die wirkliche Arbeit fängt aber erst an“, sagte der Zehntklässler aus dem Hemshof. In der gut gefüllten Aula begrüßten Schüler der zwölften Klasse die Gäste mit einer Aufführung, die Ausgrenzung und Diskriminierung verdeutlichen sollte. Mit merkwürdigen Geräten gingen sie durch die Reihen, riefen Zahlen und Werteinheiten wie Kilo, Volt oder Meter. Zuschauer wurden auf die Bühne beordert, wo sie sich einer Untersuchung unterziehen mussten. Mit schroffen Befehlen wurden die „Aussortierten“ wieder auf ihre Plätze geschickt. Schulleiter Friedrich Burkhardt blieb am Ende übrig. „Die offizielle Anerkennung als Schule mit Courage ist zwar ein erfreulicher Anlass“, sagte er in seiner anschließenden Rede, „trotzdem ist mir nicht ganz wohl in meiner Haut.“ Ausgrenzung erlebe er immer wieder, an der Schule vor allem in Form von Mobbing über neue Medien. „Der Titel heißt nicht, dass bei uns alles in Ordnung ist, sondern, dass wir bei Diskriminierung einschreiten.“ Theodor Heuss wäre stolz auf die Schule gewesen, die seinen Namen trägt, sagte Marianne Rhode, stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung. Auch der erste Bundespräsident habe sich gegen Vorurteile und für mehr Akzeptanz ausgesprochen. (mnx)

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