Ludwigshafen Ein disharmonischer Abschied

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Dass der offizielle Abgang von Pfalzbau-Intendant Hansgünther Heyme nicht ganz glatt über die Bühne gehen würde, muss allen Beteiligten im Vorhinein klar gewesen sein. Und tatsächlich: Während die Laudatoren aus der Politik am Sonntagabend bei Heymes Verabschiedung im Pfalzbau dessen Wirken priesen, sparte er selbst nicht mit Kritik an den Umständen seines Abgangs.

Hansgünther Heyme

geht nicht freiwillig. Wenn es nach dem 79-jährigen Regisseur gegangen wäre, hätte er noch länger im Pfalzbau gewirkt. Doch nun ist zum Jahresende Schluss (wir berichteten). Bei seiner Verabschiedung im gläsernen Foyer des Pfalzbaus mit zirka 200 Gästen lobte Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) den „großen Theatermann“ für seine Verdienste. In seinen elf Jahren in Ludwigshafen habe Heyme den Pfalzbau mit hochkarätigen Eigenproduktionen, Festspielen und Gastspielen überregional bekanntgemacht. Die Ring-Produktion mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und der Oper Halle sei ein Projekt gewesen, „dass viele dem Haus und der Stadt nicht zugetraut hätten.“ Heymes Stärke sei es auch gewesen, Theater zu machen, das in die Stadtgesellschaft hineingewirkt habe. „Es war nicht beliebig oder belanglos, sondern zeitkritisch und relevant“, sagte Lohse. Ganz so harmonisch ging es in der Ära Heyme allerdings nicht immer zu: „Natürlich gab es auch Kontrapunkte und Dissonanzen, aber es waren insgesamt elf sehr gute Jahre“, bilanzierte Lohse. „Wir haben uns aufeinander eingelassen. Er hat etwas in Gang gebracht, über das wir noch nachdenken.“ Der Mainzer Kulturstaatssekretär Walter Schumacher (SPD) sagte, Heyme habe die Theaterwelt verändert. Damit meinte er nicht nur Heymes hoch beachtete Inszenierungen in seiner 60-jährigen Theaterkarriere, sondern auch sein Bestreben, Theater mitten in die Gesellschaft zu holen: „Sie haben schon Jugendtheater gemacht, als das bei den Intendanten noch nicht modern war.“ Professor Jochen Hörisch vom Seminar für deutsche Philologie an der Universität Mannheim bescheinigte Heyme kluge Dramenkunst in prosaischen Zeiten. Und: „In der Bloch-Stadt haben Sie ungeahntes ästhetisches Potenzial gefunden und den Pfalzbau als ein Haus ohne festes Ensemble mit Leben gefüllt.“ Nach all dem Lob trat schließlich Hansgünther Heyme selbst ans Mikrofon. Schnell war klar: Der Vorhang fällt mit Donnergrollen. „Die Stadt feiert sich selbst, weil sie mich elf Jahre lang ertragen hat“, lautete Heymes Einschätzung des Abends. Er selbst fühle keine Bitterkeit, wohl aber die „Herbheit der Wahrheit“. Die stellt sich so dar, dass die Mehrheit des Stadtrats Heymes Vertrag nicht mehr verlängern wollte – und auch nicht den seiner Frau Eva Adorjan, die für das Jugendtheater verantwortlich ist. „Die Sippenhaft ist vollzogen.“ Mitten in der Spielzeit müsse man das Feld räumen, monierte Heyme zudem. Vor allem, dass mit dem Weggang des Paars die Jugendarbeit ab 2015 brach liege, schmerzt den Theatermacher. „Danke für einen Abschied, den ich nie gewollt habe“, schloss er. Viele Gäste erhoben sich daraufhin von ihren Stühlen und spendeten lange Applaus. Heyme polarisiert – auch jetzt. Kulturdezernentin Cornelia Reifenberg (CDU) glättete die Wogen mit persönlichen Worten. Sie erinnerte sich, wie sie als Oberstufenschülerin in Köln Heymes wegweisende „Hamlet“-Inszenierung gesehen hat. Markus Lemberger, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion, zeigte sich „schockiert über die Art und Weise“ von Heymes Abschied. (iak)

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