Ludwigshafen Eine Partei, zwei Positionen

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War der Machtwechsel auf dem Essener Parteitag der Anfang vom Ende für die AfD? Oder startet die Partei nun richtig durch? Jörg Matzat hat sein Amt als Ludwigshafener Kreisvorsitzender wegen des „Rechtsrucks“ niedergelegt und die AfD verlassen. Für Christiane Christen, AfD-Vorsitzende im Rhein-Pfalz-Kreis, ist der Kurs der neuen Frontfrau Frauke Petry genau der richtige.

Einig waren sich Christiane Christen und Jörg Matzat beim RHEINPFALZ-Streitgespräch in dieser Woche eigentlich nur in einem Punkt: Die AfD hat durch die Selbstzerfleischung rund um den Führungswechsel beim Essener Parteitag am ersten Juli-Wochenende die Gunst der Stunde verpasst, sich in ihrem ureigensten Thema politisch zu profilieren. Auf dem Höhepunkt der Griechenland-Krise spielten die Euroskeptiker in der Debatte über weitere Milliardenkredite oder den drohenden Grexit keine Rolle. „Das ist das große Versäumnis der vergangenen Wochen. Ausgewiesene Wirtschaftsexperten haben sich auf einen Machtkampf versteift, anstatt sich den wichtigen Themen unserer Zeit zu widmen“, sagt die 41-jährige Chefin des Kreisverbands Rhein-Pfalz. Und da stimmt ihr der vormalige Parteikollege aus dem Kreisverband Ludwigshafen ausnahmsweise mal zu: „Wegen innerparteilicher Querelen war keine Zeit mehr, echte Sachpolitik zu machen. Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass wir eine Alternative zu diesem Euro-Konstrukt bräuchten, die formuliert werden müsste von einer politischen Kraft. Diese Chance ist vergeudet worden.“ Ansonsten lieferten sich Christen und Matzat einen veritablen Schlagabtausch, der zeigt, wie weit sich Anhänger des wirtschaftsliberalen AfD-Gründers Bernd Lucke und Unterstützer der als nationalkonservativ eingestuften Bundesvorsitzenden Frauke Petry inzwischen voneinander entfernt haben. Während der Rheingönheimer hasserfüllte Kommentare führender AfD-Politiker unerträglich findet, hält die Harthausenerin relativ nüchtern dagegen: „Die Aussagen von einzelnen Mitgliedern kann man nicht zum Programm stilisieren. In unseren Leitlinien finden sich solche Aussagen nicht.“ Aussagen wie die des Stuttgarter AfD-Stadtrats Heinrich Fiechtner, der den Koran mit Hitlers „Mein Kampf“ verglich, verurteilt zwar auch Christen. Ein Grund, die Partei zu verlassen, sei das aber nicht. „In jeder Partei gibt es Leute, die sich außerhalb des politischen Mainstreams äußern.“ Die AfD in die Nähe der NPD zu rücken, sei „vollkommener Quatsch“, ihre Partei habe sich auch niemals gemein gemacht mit der Pegida-Bewegung. „Die AfD tritt nur dafür ein, Menschen, die mit einem Anliegen auf die Straße gehen, nicht von oben herab abzukanzeln, sondern mit ihnen zu sprechen“, sagt sie. Für den 42-jährigen Matzat war der Schmusekurs der Alternative für Deutschland mit Pegida nur Mittel zum Zweck: „Um Wähler anzuziehen, die die AfD als Protestpartei wahrnehmen.“ Matzat ist überzeugt, dass Petry „das gleiche Schicksal erleiden wird wie Lucke“, während Christen der Meinung ist, dass Frauke Petry an der Spitze der AfD einen anderen Stil als Lucke pflegen wird. „Sie will keinen Führerkult in der Partei installieren.“ Christen rechnet zudem fest mit dem AfD-Einzug in den Mainzer Landtag.

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