Ludwigshafen „Es muss nicht immer Santiago sein“

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Pfarrer Michael Hergl von der Pfarrei Heiliger Sebastian bietet im Juni zwei Wallfahrten an. Im Interview spricht er über das Losgehen und Ankommen und wie ihn selbst Wallfahrten geprägt haben.

Dannstadt-Schauernheim.Herr Pfarrer Hergl, alte Kirchenbücher zeigen immer: Drei Monate nach der jährlichen Dorfwallfahrt gab es einen plötzlichen Anstieg bei den Hochzeiten und sechs weiter Monate später eine Menge Taufen. Hinterlassen die Dannstadter Pilgertouren auch solche Spuren in der Statistik? Darüber habe ich noch keinen Überblick, ich bin ja erst eineinhalb Jahre hier. Aber die angemeldeten Teilnehmer für die Wallfahrten sind in dem Alter, wo sie keine Kinder mehr bekommen. Aber wenn ich an den Wallfahrtsort Klausen mit dem Heiligen Kommholmich denke, ist das Pilgern ja doch mit dem Wunsch nach Partnerschaft verbunden. Es sind ganz verschiedene Anliegen, die die Teilnehmer mitbringen, jeder hat seine persönliche Biografie. Wallfahren ist ein spirituelles Ereignis, das verändert und man ist unter Gleichgesinnten. Die Teilnehmenden werden im Glauben gestärkt, denn Wallfahrtsorte haben eine besondere Ausstrahlung. Papst Johannes Paul II. hat sie mal die heimlichen Hauptstädte der Welt genannt. Was geben Ihnen die Wallfahrten? Ich bin durch Wallfahrten geprägt worden. Als Jugendlicher haben wir bei Zeltlagern nächtliche Pilgermärsche gemacht. Da sind wir singend 20 bis 25 Kilometer gelaufen. Als Student kamen dann Wallfahrten nach Chartres dazu, in den 1980er Jahren ging es in das polnische Tschenstochau. Da war es neben der intensiven geistlichen Dimension auch eine Demonstration des Selbstbewusstseins, sich nicht durch den Kommunismus unterdrücken zu lassen. Später lief ich mit Familienmitgliedern auf dem Jakobsweg, zuerst die letzten 200 Kilometer, dann begann ich einen Santiago-Pilgerweg in Etappen von der Pfalz aus mit meinen drei Pfarreien. In den letzten Jahren begleite ich regelmäßig Fußwallfahrten nach Schönstatt. Die Bobenheim-Roxheimer wallen nach Walldürn und müssen dabei über die Tromm. Sie fahren mit dem Bus. Trauen sich Ihre Gemeindemitglieder den sechsthöchsten Odenwald-Berg nicht zu? Ich denke, Buswallfahrten sind dem älteren Publikum angemessen. Aber geht es nicht eigentlich ums Losgehen, um bei sich anzukommen? Ja, aber es geht auch darum, aus dem Alltag herauszukommen. Genau das ist bei einer Tagesfahrt möglich. Die Freude an einer gemeinsamen Unternehmung. Es muss nicht immer Santiago sein. In Walldürn wird am Wallfahrtstag vermutlich viel los sein. Finden die Pilger denn die nötige Ruhe? Ja, wir beten schon unterwegs im Bus, dann feiern wir am Heilig-Blut-Altar eine eigene Heilige Messe und es bleibt noch Zeit zum stillen Gebet bis zum Hauptgottesdienst. Es finden sich dort auch stille Orte in den Gebetsecken, in denen man innehalten kann. (Archivfoto: Linzmeier-Mehn)

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