Ludwigshafen „Es passiert nichts“

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Eine Gruppe von 33 Syrern hat gestern Nachmittag vor der Notunterkunft auf dem Messplatz (Mitte) demonstriert. Die Männer warten teils seit über fünf Monaten auf einen Anhörungstermin in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes, um Asyl in Deutschland bekommen zu können.

Hassan Erksosi ist frustriert. Der promovierte Bauingenieur ist vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen. Nach seiner Flucht ist der 41-Jährige in einem Erstaufnahmelager in Ingelheim (Kreis Mainz-Bingen) registriert worden. Dann wurde er nach Ludwigshafen weiter geschickt. Dort landete er zunächst in einem Zelt an der Blies. Im Oktober zog er mit seinen Landsmännern in die Notunterkunft auf dem Messplatz um. Seitdem wartet er jeden Tag auf einen Termin für seine Anhörung als Asylbewerber. „Es passiert nichts. Meine drei Kinder, meine Frau und meine Eltern sind noch in Syrien. Ich will sie nachholen. Sie sind in Lebensgefahr“, sagt der 41-Jährige. Neben ihm stehen die Studenten Ahmed Mustafa (20) und Riad Sirajeddin (21). Auch sie warten seit Monaten auf einen Anhörungstermin und können nicht verstehen, warum andere Syrer, die später registriert wurden, nach drei Wochen den Termin bekommen haben. „Wir wollen arbeiten, nicht nur hier herumsitzen und schlafen und essen“, sagt Sirajeddin, der vor der Flucht ein Medizinstudium in Syrien begonnen hatte. Ähnlich verzweifelt ist auch Mahammad Aziz Mawaldi. Der 55-Jährige hatte früher einen Import-Export-Handel in der syrischen Hauptstadt Damaskus, wo seine Familie ausharrt, bis das Familienoberhaupt eine sichere Bleibe in der Ferne gefunden hat. „Wir wollen ein neues Leben beginnen und nicht in einem Zelt schlafen und warten“, sagt der Mann neben ihm, der früher als Koch in einem syrischen Fünf-Sterne-Hotel für Urlauber gearbeitet hat. Jeder der 33 Männer, die vor den Hallen auf dem Messplatz stehen, ist mit der Geduld am Ende. Die Ungewissheit zehrt an ihren Nerven. „Wir brauchen eine Entscheidung, ob wir hier bleiben dürfen. Ich will keine Sozialhilfe, ich will von meiner Hände Arbeit leben. Aber dafür müssen die Behörden endlich entscheiden“, sagt Hassan Erksosi. Die Leiterin der SOS-Unterkunft auf dem Messplatz, Anja Fiedler vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), hat großes Verständnis für den Frust der Syrer und ihre öffentliche Kundgebung. „Die Flüchtlinge selbst haben mehrfach beim BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) nachgefragt. Das ist ins Leere gelaufen. Dann haben wir nachgehakt“, sagt die 41-Jährige. Der Verdacht, dass die Unterlagen der 33 Syrer im Bürokratiedschungel verschwunden seien, habe sich nicht bestätigt. Aber Termine für eine Anhörung der Ludwigshafener Gruppe gebe es immer noch nicht. Sie bestätigt, dass Fälle andere Neuankömmlinge wesentlich schneller bearbeitet worden seien. „Die Flüchtlinge protestieren zurecht“, sagt auch Ortsvorsteher Christoph Heller (CDU). Dem BAMF müsse irgendein Fehler unterlaufen sein. „Wir versuchen, hier vor Ort zu helfen, wo es geht“, sagt er. Heller will gemeinsam mit der Stadtverwaltung Druck bei den zuständigen Landes- und Bundesbehörden machen, damit die Syrer-Gruppe aus Ludwigshafen bald einen Termin für eine Anhörung erhält. Ohne dieses persönliche Gespräch in den Erstaufnahmelagern liegt das gesamte Asylverfahren der Flüchtlinge auf Eis. Eigentlich ist vorgesehen, dass die Anhörung eines Flüchtlings kurz nach der Asyl-Antragstellung noch in der Erstaufnahmeeinrichtung stattfindet – also bevor er auf Unterkünfte im Land weiter verteilt wird. In der Praxis kommt es aber nur noch selten dazu. In einigen Fällen hat es Wartezeiten von über einem Jahr gegeben, wie der Informationsverbund Asyl und Migration mitteilt, ein Zusammenschluss von in der Flüchtlingsarbeit aktiven Organisationen wie etwa Diakonie und DRK. So viel Geduld wollen die Syrer in Ludwigshafen nicht mehr aufbringen. (mix)

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