Ludwigshafen Flohmarkt der Amateurfunker: „Gucken, was man babbelt“

Ausrüstung und Literatur für Funk-Fans: Stoßzeit im Saal des Clublokals VSK „Germania“ 1919 .
Ausrüstung und Literatur für Funk-Fans: Stoßzeit im Saal des Clublokals VSK »Germania« 1919 .

Am taufrischen Sonntagmorgen führt der Flohmarkt des Ortsverbands K06 Ludwigshafen – Teil des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC) – gesellige und stöbernde Funkamateure zusammen. Hinter technischen Herausforderungen verbirgt sich ein Hobby, das Experimentierfreude und Weltoffenheit verbindet.

Die meterhohen Balkonantennen zeigen im Clublokal des Niederfelder Verbands für Sport und Kultur (VSK) „Germania“ gen Decke. Funkzubehör wie Ersatzteile oder Stecker liegen zwischen Handbüchern, einem Kassettenspieler und Funkgerät aus den 1980er-Jahren. Funkamateure aus der ganzen Region schlängeln sich zwischen den Tischen, bücken sich über die Auslage, betrachten sie, richten sich wieder auf und diskutieren mit anderen Besuchern über die technischen Fundstücke.

Um 9.30 Uhr sei Stoßzeit, stellt Christian Weyand fest. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Ortsverbands, der sich als bekannte Anlaufstelle für Funkamateure im vorderpfälzischen Raum etabliert hat. Nach Bestehen der Prüfung der Bundesnetzagentur sind Funkbegeisterte berechtigt, auf bestimmten zugewiesenen Frequenzen miteinander zu funken. Ihr Rufzeichen, eine individuelle Abfolge aus Buchstaben sowie Zahlen, ist der Prüfungsnachweis und wird zum Hobby-Namen. Im Raum taucht er als Schriftzug auf Pullovern, T-Shirts oder Kappen immer wieder auf.

Auch Weyand tippt bei der Begrüßung reflexartig auf das Rufzeichen auf seinem Kleidungsstück, er ist schon lange dabei – ähnlich wie Norbert Coßler-Volz, der erste Vorsitzende. Er kam auf eher unkonventionellem Weg zum Amateurfunk, beschreibt den Moment als puren Zufall und sehr atmosphärisch: „Mein Bruder hat in den 1980er-Jahren mit dem CB-Funk angefangen, aber das hat mich damals nicht besonders interessiert. An einem bitterkalten Winterabend in Neustadt an der Weinstraße wollte ich mich aufwärmen, bin dafür in den Bahnhofskiosk gegangen und habe dort die Zeitschrift ,Funk’ gesehen. Dann habe ich mich an meinen Bruder erinnert und begonnen, mich mit Amateurfunk zu beschäftigen.“

Mit der ganzen Welt kommunizieren können und niemals wissen, wen man am anderen Ende erreicht: Das ist der Kick, dem nicht nur Coßler-Volz verfallen ist. Drei Millionen Funker gibt es in ganz Deutschland, die sich entweder gezielt verabreden oder ungezielt agieren.

An seinem allerersten Funkversuch erinnert sich Coßler-Volz noch gut: „Ich war total mikrofonscheu und stand mit meinem kleinen, frisch gekauften Handfunkgerät im Freien beim Maudacher Bruch. Ich hab völlig unbeholfen in ein laufendes Gespräch zwischengefunkt.“

Das Kommunikations-Hobby folgt deswegen bestimmten Regeln, auch inhaltlichen. „Politik und Religion sind tabu“, erklärt der Vorsitzende. Nach ein paar Grüßen soll der Funkkontakt wieder beendet werden, um keine Konkurrenz zum Telefon oder anderen Kommunikationsdiensten darzustellen.

Gerda Selzer gehört zur weiblichen Minderheit der Besucher. Zuerst habe es zwischen ihr und ihrem Mann gefunkt, danach funkte sie mit der ganzen Welt. Schon Neuseeland habe sie per Funkverkehr erreicht, erzählt die 63-jährige Wormserin mit einem Strahlen. Nach vierzig Jahren Erfahrung rät sie: „Man muss gucken, was man babbelt.“

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