Ludwigshafen Freiwilligentag: Denkmal zur Erinnerung an den Kanal gereinigt

Sprachkursleiterin Julia Oeschger (rechts) mit Teilnehmerinnen ihres Deutsch-Konversations-Kurses.
Sprachkursleiterin Julia Oeschger (rechts) mit Teilnehmerinnen ihres Deutsch-Konversations-Kurses.

Denkmäler haben geputzt für die Erinnerungskultur und die regionale Identifikation: Mit Schrubber, Bürste und allerlei Gerät sind rund zwei Dutzend Freiwillige ausgerückt. Türkische Sprachkurs-Teilnehmerinnen legten Hand an beim Sandstein-Memorial Am Kanal.

„Krrr, krrr, krrr“ tönt es am Donnerstag vom Hochdamm am Kanal. Metallene Messer und Spachtel kratzen auf Sandstein. Die Köpfe vorgebeugt sind die vier Frauen in ihre Arbeit versunken. Millimeter für Millimeter führen sie die Klingen vorsichtig durch die Ritzen der grob behauenen Steinplatte. Detailarbeit ist gefragt. Und Geduld.

Schon seit drei Stunden sind Ümmü Gülsüm Sener, Hediye Celik, Sabiha Özel und Hatice Ceylan bei der Arbeit. Im Rahmen des Freiwilligentags „Wir schaffen was“ der Metropolregion Rhein-Neckar, der Bürger zum ehrenamtlichen Einsatz ermuntert.

Geduld gefragt

Die vier Türkinnen sind Teilnehmerinnen eines Sprachkurses, den Julia Oeschger beim Frankenthaler Kultur- und Bildungsverein Turkuaz gibt. „Bei uns steht Konversation auf Deutsch im Fokus“, sagt die Dozentin für Deutsch als Fremdsprache. Es gehe um Alltagssituationen und leichte Sprache. Hilfsmittel ist das Lernportal „Deutsch perfekt“. Gemeinsames Ziel der Gruppe: die RHEINPFALZ lesen, denn „die hat mindestens B2-Sprachniveau“. Die Frauen verstehen sich gut untereinander, sind motiviert, beim Lernen und bei gemeinschaftlichen Aktionen wie hier als freiwillige Putztruppe.

„Bis alles perfekt ist, sind nochmal 25 Arbeitsstunden nötig“, erklärt Bernd Mohr. Der Restaurator am Erkenbert-Museum, sonst auf Metall spezialisiert, koordiniert die Arbeitsschritte: Am Anfang stand ein Porösitätstest mit Röhrchen. Der ergab, dass der Stein vor seiner Aufstellung im Jahr 1975 konserviert wurde. Dennoch haben ihm mit den Jahren Moose, Flechten und andere Verunreinigungen zugesetzt. Weil eine Radikalreinigung mit Hochdruckreiniger Schaden anrichten könnte, ist Sanftheit gefragt – Handarbeit.

So bekam das Denkmal erstmal ein „Schaumbad“ mit schwarzer Olivenölseife, was den mehrere Millimeter dicken Belag grob aufgeweicht hat, dann eine manuelle Abreibung mit Wurzelbürste und eine vorsichtige „Massage“ mit Edelstahlbürstchen. Derart vorbereitet geht es an der Frontseite ins Detail: Unter den wachsamen Blicken des Restaurators bearbeiten die Frauen jeden Buchstaben der Inschrift mit Freilegewerkzeugen. Abgebraust wird mit Wasser. Wassernachschub gibt es aus dem Gießwagen des EWR.

Inschrift wieder lesbar

In Frankenthal war an drei Tagen „Denkmäler putzen“ angesagt, berichtet Ehrenamtskoordinatorin Jennifer Speiger und beobachtet mit Verwaltungs-Praktikantin Samila Macebo-Rettinger das Geschehen. Am Montag wurde die Steinskulptur „Die Liegende“ in der Rudolf-Graupner-Anlage am Polizeipräsidium gesäubert – von sieben Kindern aus der Tagesbetreuung des ZAB. „Die Acht- bis Zehnjährigen waren fleißig im Einsatz“, berichtet die Ehrenamtskoordinatorin. Am Samstag zuvor wurden in Zusammenarbeit mit dem Verein für jüdisches Gedenken in der Innenstadt Stolpersteine geputzt.

Vorher-Nachher-Bilder zeigen: Die Putzaktion des Sarkophag-großen Sandsteinblocks auf dem Kanaldamm hat sich gelohnt. Das Denkmal enthüllt seine Geheimnisse, denn die Inschrift ist wieder zu lesen. Sie erzählt von der glorreichen Vergangenheit des Kanals, den Kurfürst Carl Theodor 1772 bis 1781 erbauen ließ und der zur Hauptader des wirtschaftlichen Aufschwungs wurde. Mit Muskelkraft zogen Treidler die mit Handelsgütern beladenen Schiffe vom Rhein bis ins Hafenbecken. Die Aluguss-Figur eines Treidlers ein paar Meter neben dem Sandstein erinnert an die Zeit des Kanalhafens. Und das frischgeputzte Denkmal erzählt die Geschichte dazu.

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