Do isses Gesucht: Die Melanchthonkirche

Gut versteckt: die Melanchthonkirche von Architekt Otto Bartning.
Gut versteckt: die Melanchthonkirche von Architekt Otto Bartning.

Ein Zeichen des Neuanfangs: Die Melanchthonkirche in der Maxstraße. In unserem Bilderrätsel Anfang August haben wir ein buntes Fenster der Kirche gezeigt. 62 Leserinnen und Leser haben die „Notkirche“ des Architekten Otto Bartning erkannt.

Eine warme Atmosphäre empfange Besucher der Melanchthonkirche, beschreibt Susanne Schramm, Pfarrerin der Citykirche. Das kleine Kirchengebäude ist nicht vergleichbar mit bekannteren Prunkbauten. Das liegt nicht nur daran, dass die Kirche kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Ihre Planung beruhte auf ganz neuen ideellen Vorstellungen zum Thema Bau, mit Wurzeln in der Weimarer Republik. Wer sie betritt, fühlt sich laut Schramm direkt wohl. „Ein kluger Architekt hat diese Kirche so entworfen“, ergänzt die Pfarrerin.

Dieser kluge Architekt war Otto Bartning. Er war und ist insbesondere für seine Kirchen bekannt. Als Architekturtheoretiker begründete er außerdem neben Walter Gropius die Bauhaus-Idee. An der Umsetzung dieser Schule, die Kunst und Handwerk verband, war Bartning nicht mehr beteiligt. Bis 1933 war das Bauhaus die wichtigste Bildungsstätte für Architektur, Design und Kunst.

Weniger Verschwendung

Bartnings Nähe zum Bauhaus und zur Architektengruppe „Der Ring“ schlägt sich in seinen Kirchenbauten nieder. Beide Institutionen können unter anderem dem „Neuen Bauen“ zugeordnet werden. Die Strömung steht für formale Vereinfachung von Architektur sowie für sachliche und schlichte Bauten. Dieser neue Stil entstand, weil Architekten wie Bartning dem Bauen eine soziale Verantwortung zuschrieben. Es sollte mehr an die Bedürfnisse der Bewohner gedacht werden: Licht und Sonne, Luft und Raum, keine Verschwendung.

Der Altarraum.
Der Altarraum.

Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten sich die Bedürfnisse. In dieser Zeit entstanden Bartnings Notkirchen. Das mache sie zu Zeitzeugen des Krieges und des Nationalsozialismus, meint Susanne Schramm. Viele Kirchen, wie die Lutherkirche in Ludwigshafen, wurden im Krieg zerstört. Es gab kaum Raum für Gottesdienste. Das Konzept musste schnell umsetzbar und bezahlbar sein. Bartning entwarf Modelle mit genormten Bauteilen – modulare Kirchengebäude mit Fertigbauteilen. „Ein bisschen wie bei Ikea“, sagt Schramm amüsiert. Die Modelle ließen sich von den Gemeinden an die jeweilige Umgebung anpassen, Trümmerteile der zerstörten Kirchen konnten verbaut werden.

Kirche zum Wohlfühlen

43 Bartning-Notkirchen wurden gebaut, eine davon ist die Melanchthonkirche. Sie ist eine Notkirche vom Typ B, eine Variante mit vieleckigem Altarraum, und wurde 1949 eingeweiht. Von außen unscheinbar, fällt sie wenn überhaupt durch das Sandsteinmauerwerk auf. Das Innere überrascht laut Susanne Schramm viele Besucher. „Ich hätte gar nicht gedacht, dass es hier so schön ist“, sagt ihr ein Kirchenbesucher. Der Pfarrerin gefallen besonders die Materialien: „Bretter, Ziegel, Glas. Kein Gold, kein Marmor, kein Stuck.“ Die Kirche mache sich nicht größer als sie sei und alles, was aus Holz gebaut sei, sei auch so erkennbar. „Keine Mogelei.“ Man werde in der Melanchthonkirche nicht klein gemacht, sie sei an den menschlichen Körper angepasst, meint Schramm.

Gezeigter Ausschnitt.
Gezeigter Ausschnitt.

Deshalb würden sich Besucher wohlfühlen. „Es ist wie in einer schützenden Hütte“, erzählt ihr ein Besucher. Auch dass die Kirche bescheiden sei und nicht pompös, gefalle vielen. Sie sei die „Heimat derer, die zufällig vorbeikommen“, erzählt die Pfarrerin. Für die gibt es viele Angebote. Einen Trauertreff, Sprachkurse für Eltern der angrenzenden Kita. Kunst und Kultur finden beispielsweise in Form eines Kreativkreises sowie Führungen durch das Denkmal ihren Platz. Ein neues Projekt ist die Planung von Pop-up-Trauungen im September. Ungezwungen und spontan erhält jeder der möchte den Trausegen. Die Kirchengemeinde überlegt sich, wie schon Bartning, was die Menschen wirklich brauchen.

Die Gewinner

Aus den richtigen Einsendungen haben wir zwei Gewinner ausgelost, die von uns verständigt werden: Über je zwei RHEINPFALZ-Tassen freuen dürfen sich Petra Fischer aus Ketsch und Matthias Tratz aus Gerhardshofen. Das nächste „Wo isses?“-Rätsel gibt’s im September.

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