Ludwigshafen „Ich kann vom Handball nicht lassen“

Ludwigshafen. Das Leben von Sandra Senk dreht sich seit 20 Jahren um Handball: Die Oggersheimerin spielte früher in der Ersten Bundesliga, mittlerweile ist sie unter anderem als Schiedsrichterin aktiv.

Eigentlich scheint an diesem Tag, an dem man sich mit Sandra Senk zum Gespräch trifft, die Sonne. Aber im Kopf der 31-Jährigen brauen sich gerade dunkle Gewitterwolken zusammen. Zumindest kurzzeitig. Zumindest so lang wie sie an dieses Bundesligaspiel vor gut einem Jahr denkt. Thüringer HC gegen TuS Metzingen. Was sie akzeptiert, ist sachliche Kritik an ihrer Leistung an diesem Tag. Sie gibt selbst zu, nicht gut gepfiffen zu haben. Was sie nicht akzeptiert, ist die Art und Weise, wie der Trainer des Thüringer HC sie und ihre Partnerin kritisierte. „Der ist total ausgeflippt“, erinnert sich Senk. Dabei stand der Thüringer HC schon als Meister fest, gewann die Partie deutlich. „Da habe ich mich gefragt, warum ich mir das antue. Ich hätte ja auch im Schwimmbad liegen können“, sagt Senk. Die Antwort, warum sie an diesem Tag nicht im Schwimmbad lag, ist einfach, sie hatte diese zuvor im Gespräch gegeben: „Ich kann vom Handball einfach nicht lassen.“ Sandra Senks Leben ist Handball und Handball ist Sandra Senks Leben. Sie hat als Spielerin mit der TSG Ketsch in der Ersten Bundesliga gespielt, leitet nun die Handball-AG sowie einen Handball-Kurs für junge Migranten an der Integrierte Gesamtschule Ernst Bloch in Ludwigshafen und ist wegen der Schiedsrichterei teilweise das ganze Wochenende unterwegs. Dabei dreht sich ihre Welt um viel mehr als nur um Handball. Man könnte sich mit ihr auch lange über gesellschaftliche Probleme oder den Wert von Sport für die Gesellschaft unterhalten. Die Oggersheimerin wirkt sehr pfiffig, klug, weltoffen. Man merkt, dass sie sich über viele Dinge Gedanken macht – weit über den Handball hinaus. Sandra Senk, als C-Jugendliche mit dem TV Ruchheim süddeutsche Meisterin, hatte in ihrem bisherigen Handball-Leben so einige Optionen, um dem Handball den Rücken zu kehren. Beispielsweise nach ihrem ersten Kreuzbandriss, noch als Nachwuchsspielerin. Beispielsweise nach einem Knorpelschaden dritten Grades, da war sie noch nicht einmal 20. Beispielsweise nach ihrem zweiten und dritten Kreuzbandriss – diesmal im anderen Knie . Doch sie ist nie gegangen. Und wenn, dann immer nur kurz – und schnell wieder zurückgekehrt. In der vergangenen Saison ist sie noch zwei-, dreimal für die zweite Damenmannschaft der TSG Friesenheim aufgelaufen. Sie sagt, es seien ihre letzten Spiele gewesen. „Die Liebe zum Handball hat mich immer wieder motiviert, weiterzumachen“, berichtet Senk. Und die war so groß, dass sie nicht immer das tat, was ihr Verstand (und der anderer) sagte, sondern lieber das, was ihr Herz sagte. „Ich war schon in der einen oder anderen Situation unvernünftig“, sagt Senk rückblickend. So unvernünftig, dass sie mittlerweile hofft, dass „der Arzt mir erst mit 60 und nicht schon mit 50 ein neues Kniegelenk empfiehlt“. Senk erzählt mit einer ungewöhnlichen Ehrlichkeit und Direktheit („Man kann da schon von einer Sportsucht reden“), ist für den einen oder anderen lustigen Spruch gut („Wenn ich richtig trainieren würde, müsste man mich am nächsten Tag mit dem Kran aus dem Bett heben“). Sie wirkt unglaublich ehrgeizig, als Spielerin wollte sie so hoch hinaus wie möglich, bedauert, es nicht in die Nationalmannschaft geschafft zu haben. Als Schiedsrichterin hat sie Frauen- und Jugend-Bundesliga sowie Dritte Liga bei den Männern gepfiffen – höher geht es für sie als Frau nicht. Das liegt daran, dass es für weibliche Gespanne leichter und schneller nach oben geht. Das liegt aber auch daran, dass Senk immer gewinnen will. Übrigens: Die Spielerin Sandra Senk war für die Schiedsrichter keine einfache Akteurin. „Ich war immer die, die mit den Unparteiischen gemotzt und diskutiert hat“, erzählt sie. Ein aufbrausendes Temperament eben. Sie versichert, dabei nie ausgeflippt zu sein. Im Gegensatz zum Trainer des Thüringer HC. Dieses Spiel vor etwa einem Jahr war bislang das einzige, nach dem sie darüber nachdachte, ob das Schwimmbad nicht eine gute Alternative gewesen wäre.

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