Ludwigshafen Kein böser Junge

Haben schon in Köln und Wiesbaden zusammen gearbeitet: Tilman Gersch (links) und Carlo Ljubek.
Haben schon in Köln und Wiesbaden zusammen gearbeitet: Tilman Gersch (links) und Carlo Ljubek.

Dass sich Pfalzbau-Intendant Tilman Gersch und Carlo Ljubek, Ensemblemitglied des Hamburger Schauspielhauses, gut kennen, war für das Ludwigshafener Publikum am Wochenende unschwer zu erkennen. Nach der Aufführung des „Kaufmann von Venedig“ unter der Regie von Karin Beier umarmten sich die beiden Künstler noch auf der Bühne herzlich und strichen dann gemeinsam durchs Gläserne Foyer. Für ein Treffen mit dem Freund zwischen den beiden ausverkauften Vorstellungen in einem Café in der Innenstadt nahm sich Carlo Ljubek ebenfalls Zeit. Der 42-jährige Schauspieler hadert ein wenig damit, dass die Autorin dieser Zeilen sich bei seinem Anblick spontan vor allem an eine Nebenrolle in einem „Tatort“ mit Til Schweiger erinnert. Ljubek mimt darin einen ziemlich fiesen Typen, der auch vor Gewalt gegenüber Frauen nicht zurückschreckt. „Ich spiele viel mehr Polizisten als Bösewichte“, bekräftigt der Darsteller mit dem Dreitagebart lächelnd. Aber die bösen Jungs blieben einfach besser im Gedächtnis mancher Zuschauer haften, lautet seine Erklärung. Grundsätzlich habe er schon früh versucht, gegen Schubladendenken anzusteuern. Es sei ein Privileg, sich nicht in eine Richtung pressen zu lassen. Pfalzbau-Intendant Gersch und Ljubek kennen sich seit bald 15 Jahren aus gemeinsamen Zeiten am Theater in Köln und in Wiesbaden. „Wir haben uns gegenseitig sehr inspiriert, uns beschäftigt beide die Frage: Wie will man auf der Bühne erzählen?“, schildert Ljubek. Es sei immer wieder sehr schön, wenn sich die beiden sehen. „Wenn wir uns treffen, ist das ein sehr vertrautes Gefühl“, sagt der 42-Jährige – und Tilman Gersch nickt zustimmend. Seit 20 Jahren ist Carlo Ljubek als vielfach ausgezeichneter Theaterschauspieler auf vielen deutschen Bühnen unterwegs. Fast ebenso lange steht er vor der Kamera. „Ich drehe viel, das macht mir Spaß und ist mir auch wichtig“, bilanziert der Kroate. Nach seinem Gastspiel auf der Pfalzbau-Bühne geht es für zwei Tage zu Dreharbeiten nach München. Gleichzeitig liebt er seine große Theaterfamilie. „Wenn sich ein Ensemble zusammenfindet, ist das sehr schön“, schildert er einen Aspekt seines bewegten Künstlerlebens, das ihn schon durch ganz Deutschland geführt hat. So lebhaft Ljubek über seine Arbeit und das Theaterleben spricht, so zugeknöpft wird er, wenn die Sprache auf die eigene Familie kommt. „Ja“, sagt er nur knapp, „die habe ich auch, aber darüber spreche ich nicht“. Unter der Regie von Tilman Gersch hat Ljubek bereits als damals 30-Jähriger am Staatstheater in Wiesbaden den Hamlet gespielt. Bei der Vorbereitung dieser großen Rolle für die jeweilige Aufführung hat ihm Musik geholfen: „Da habe ich immer das Stück „The Way Young Lovers Do“ von Jeff Buckley gehört, um komplett abzutauchen. Wenn er sich besonders konzentrieren müsse, stelle er sich oft eine spezielle Playlist zusammen, um in die Rolle hineinzukommen. Der „Kaufmann von Venedig“ sei dagegen nach seinem Empfinden ein Ensemblestück. „Da werde ich von den anderen getragen.“ Daher kann er auch noch zwei Stunden vor der Aufführung ganz entspannt mit einem Freund in einem Café sitzen, Espresso trinken und plaudern. Gemeinsam mit den anderen Hamburger Schauspielern hat Carlo Ljubek während der Gastspielzeit in Ludwigshafen auch die Stadt erkundet. „Wir sind lange am Rhein spazieren gegangen. Das war wunderschön.“ Belustigt habe ihn derweil ein Schild mit der Aufschrift „Rhein-Walk“, auf dem jemand das englische Wort sinnigerweise durch „Weg“ ersetzt habe. Auch auf der Pfalzbau-Bühne hat sich der Schauspieler spontan wohl gefühlt. „Das kam mir alles sehr bekannt vor, fast wie zu Hause in Hamburg.“ Und das anschließende Gespräch mit dem Publikum sowie die Gastfreundschaft des Theaters gegenüber dem Ensemble haben dem Darsteller auch richtig gut gefallen. Das sei etwas Besonderes. Gersch freut sich sehr über das Kompliment. Demnächst schlägt Carlo Ljubek an der Alster ein ganz neues Kapitel auf: „Ich freue mich auf meine erste Regiearbeit bei den Hamburger Kammerspielen. Darüber bin ich sehr glücklich.“ Vielleicht macht der Jungregisseur ja mit seiner neuen Arbeit schon bald wieder bei einem alten Freund in Ludwigshafen Station.

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