Ludwigshafen Klappe halten!

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Dialog ist Rede und Gegenrede. Der Heppenheimer Kabarettist Frederic Hormuth stellt dieser Tatsache ein Paradoxon entgegen und fordert: „Halt die Klappe – wir müssen reden!“ So hat er sein neues Programm betitelt, das nach ein paar Vorpremieren im Umland in der Mannheimer Klapsmühl` seine offizielle Premiere feierte.

„Also, das Reden übernehme ich und Sie halten die Klappe!“ klärt Hormuth zu Anfang die Rollenverteilung. Dabei ist ihm bewusst, dass sie so eindeutig nur möglich ist, wenn einer sich auf eine Bühne stellt und spricht, und die anderen auch willens sind, ihm zuzuhören, wie dies im Hörsaal üblich ist, im Theater oder im Kabarett. Die Meinungen, weiß Hormuth, gehen noch mehr auseinander als Reiner Calmund. Umso wichtiger sei es, nicht nur die eigene zu vertreten, sondern sich die anderen auch einmal anzuhören. „Man muss sich zuerst einmal zusammensetzen, um sich ordentlich auseinanderzusetzen“, nutzte der 47-jährige gelernte Tontechniker gleich die Chance für ein Wortspiel. „Für immer nur dasselbe gibt es wirklich keinen Anlass / und darum, Freunde, machen wir ab heute alles anders“, singt er dann am Klavier in einem seiner fünf neuen Kabarettlieder, die sein zehntes Solo-Programm strukturieren. Was in politischen Fernseh-Talkshows oder, noch mehr, in den Elefantenrunden nach den Wahlen zu erleben sei, sei nur das laut ratternde, eintönige Meinungskarussell, das immer weiter drehe. Keinesfalls entstünden bei derartigen Gelegenheiten, dem Aufeinandertreffen von Politikern vor Kameras, lohnende Diskussionen. Bei einer echten Debatte wechselte man auch mal die Perspektive und steige vom eigenen Pferdchen herunter und ein in Thomas de Maizières Polizeiauto oder Ursula von der Leyens Panzer. Stattdessen verbissen sich die rundfahrenden Politiker nur krampfhaft in das eigene Plastiklenkrad oder die Mähne des eigenen Reittiers, findet Hormuth. Sein Vortrag in der Klapsmühl` ist unterhaltend, aber noch holprig. Den Testläufen in Assenheim, Speyer und Lampertheim zum Trotz durchleidet Hormuth bei der Premiere mehrere Texthänger, die er und sein bewährter Regisseur Lutz von Rosenberg Lipinsky kurzerhand auf das Alter schieben. „Wir haben bis gestern noch geschrieben und gebastelt“, erklärte Hormuth entschuldigend. In einer Welt voller Meinungen äußert er die seine. „Ich hab’ die Wahrheit gepachtet“, singt er, wie er überhaupt seine thesenhaft pointierten Aussagen in leidenschaftlich ironische Lieder fasst. „Das Abendland geht wieder einmal unter“, heißt es da und der Kabarettist fragt sich besorgt: „Kann es noch oder kann es weg?“ Mit einem weiteren Song bedenkt er überfürsorgliche Helikopter-Eltern, die eisern über ihrer Brut schweben, jede Menge Wind machen, selbst bei der ersten Freundin beratend unterm Bett liegen, bis die bevormundeten Kinder schließlich lauthals mit Pink Floyd rufen: „We don’t need no education!“ Obwohl langjähriger Vegetarier fühlt sich Hormuth von Veganern bevormundet. „Früher haben uns die Fleischfresser schräg angeschaut, jetzt auch die Veganer“, fühlt er sich von gleich zwei Seiten bedrängt. Für Veganer seien Vegetarier ungefähr so konsequent wie ein Alkoholiker, der auf Schnapspralinen umgestiegen ist. In der Hauptsache bleibt Frederic Hormuth jedoch bei der Politik: bei der Flüchtlingsfrage, die aus der europäischen Solidarität eine echte Lachnummer mache, bei den AfD-Vorsitzenden Björn Höcke und Beatrix von Storch, die ihn befürchten lassen, sie vereinigten sich, um einen neuen „Führer“ zu zeugen, oder bei den fiktiven Steinzeit-Parteien „Vorchristliche Union“, „Bündnis Steinzeit/Die Grünen“ und den „Neolithium-Liberalen“, die gemeinsam auf Mammut-Jagd gehen, um das Biest zu erlegen, zu tranchieren und anschließend wegzutuppern.

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