Ludwigshafen Kreischen gehört dazu

Ganz in Weiß und ziemlich cool: Die fünf gecasteten Darsteller der Musikshow „Boybands forever“ im Rosengarten.
Ganz in Weiß und ziemlich cool: Die fünf gecasteten Darsteller der Musikshow »Boybands forever« im Rosengarten.

„Wir begrüßen auch die paar mitgeschleppten heterosexuellen Männer im Saal, die jetzt denken: Ach du Sch..., wär’ ich doch zu Hause geblieben“, meinte Moderator Ole Lehmann einleitend zur Musikshow „Boybands forever“. Aber vermutlich dachten die Angesprochenen nach dem Abend im Mannheimer Rosengarten, der eine Mischung aus Hommage und Persiflage bot, dass es sooo schlimm gar nicht war.

Für die einen waren die in den 90ern in Mode gekommenen Boybands wie Take That, Backstreet Boys und N’Sync Symptom einer komplett künstlichen, perfekt vermarkteten Popkultur. Für die anderen war es ein großer Spaß aus Trash und Pop, aus Tanzmusik zum Abfeiern und optischen Leckerbissen mit halbnackten muskulösen jungen Männern und tollen Choreografien. „Boybands forever“ greift all das auf und fährt damit erstaunlich gut. Die Botschaft ist: Wir wissen, was da passiert und wie Boybands funktionieren – aber pfeif drauf, heute wollen wir Spaß! Das euphorische Publikum bestand aus 80 Prozent Frauen, die keine Teenager mehr sind, aber sich gerne daran erinnern, und dem Rest, nämlich begeisterten schwulen Männern und ein paar überwiegend mitgeschleppten Heteros. Lehmann witzelte darüber und ließ das schrille, weibliche Kreischen einspielen, das Boyband-Konzerte stets begleitete. Da wollte der Saal natürlich nicht nachstehen und kreischte ebenfalls. Lehmann, selber schwul und seit den 1990ern Boyband-Fan, traf genau den richtigen Ton. Locker und mit einer tollen Mischung aus Sachkenntnis, Bewunderung, aber auch Witz und Ironie führte er durch den Abend. Er nahm sich auch selber auf die Schippe und erzählte, wie er so gerne selber in einer Boyband gewesen wäre und zu Hause in seinem Zimmer gesungen und getanzt hat. Was er nicht erzählte: Er ist zwar heute als Stand-up-Comedian bekannt, hat aber eine Ausbildung als Musical-Darsteller. Als solchen hat ihn Thomas Herrmanns kennengelernt und in seinen „Quatsch Comedy Club“ geholt. Und Herrmanns ist der Erfinder der „Boybands forever“-Show. Herrmanns ist ein Kenner der Popkultur und seit Jahrzehnten als Autor für Theater und Fernsehen, Regisseur, Moderator und Komiker eine feste Größe in der Unterhaltungsbranche. Er versteht das Handwerk, hat ein feines Gespür, was ankommt und Publikum findet. Er hörte einen Boyband-Song im Radio, stellte fest, dass die Musik gar nicht mal schlecht ist. Und vermutlich dachte er sich, dass die Teenager der 1990er Jahre auch heute Spaß an einer Reise in ihre Jugend haben könnten – und sich das auch leisten können. Um die prototypische Boyband für seine Show zu finden, machte er das, was Ausgangspunkt aller Boygroups war: Ein Casting, bei dem genau definierte Rollen zu besetzen waren. Lehmann stellte sie in der Show vor: Da ist der Schwiegermutter-Schwarm (Josh Randall), der Sportliche (Christopher Haul), der Süße (Robbie Culley), der Bad Boy (David Lei Brandt) und der, an den sich keiner so recht erinnert und der deshalb nur „der Fünfte“ heißt (Hector Mitchell-Turner). Alle stellen sich erst als Solist vor, dann beginnt das eigentliche Boyband-Ding, live und mit Band: Sie tanzen – und das heftig, und sie singen – und zwar gut. Beides zusammen ist eine echte Leistung. Jungs zu finden, die das können, war nicht einfach, wie Lehmann erklärt. Klar, waren die Rollen und die Klatschgeschichten damals inszeniert. Wer aber glaubt, das Gegenteil seien authentische Rocker, die durch eigene Arbeit zu Superstars werden, hat vom Musikgeschäft keine Ahnung. Und wer neugierig ist: „Boybands forever“ kommt wieder.

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