Ludwigshafen KVD-Kontrollen in der Kritik: Reaktionen der Leser

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Die Kontrollen des Kommunalen Vollzugsdiensts (KVD) bleiben Gesprächsthema. Ordnungsdezernent Andreas Schwarz (53, SPD) hatte sich am Montag im RHEINPFALZ-Interview zur Leserbrief-Kritik bezüglich des Umgangs dreier Kontrolleure mit zwei Rentnern geäußert. Der Vorfall Mitte März am Berliner Platz – eine Maskenkontrolle – war am 22. März Thema im Stadtrat. Pauschale Vorwürfe wies Schwarz zurück, die Anzahl der Beschwerden sei verschwindend gering. Jede Kritik werde geprüft. Wir hatten Leser gebeten, uns ihre Erfahrungen zu schreiben und haben erste Reaktionen erhalten (siehe „Zur Sache“).

Dringlichkeitsantrag des Grünen Forums

Unterdessen stellt die Stadtratsfraktion Grünes Forum und Piraten klar, „dass erst aufgrund eines Dringlichkeitsantrags unserer Fraktion die Problematik im Stadtrat ausführlich erörtert wurde. Hätte es unseren Antrag nicht gegeben, hätte die Stadtspitze sicherlich nicht dazu Stellung genommen“, betont Fraktionssprecher Raik Dreher.

Schwarz zufolge sind die internen Ermittlungen zu dem Fall abgeschlossen. Den drei beschuldigten Kontrolleuren, die nicht zum KVD-Stammteam zählen, sei kein Fehlverhalten nachzuweisen, ihre Stellungnahmen seien glaubwürdig gewesen. Die betroffenen Bürger hätten sich nicht bei der Verwaltung gemeldet. Seit Pandemiebeginn habe es mit Blick auf coronabedingte Eingriffe von Leuten, die dem KVD ergänzend zugeordnet waren, 3295 Kontrollen gegeben. Daraus hätten drei Beschwerden resultiert. In allen sei die Vorgehensweise nicht zu beanstanden gewesen, so Schwarz. „Wir haben kein einziges Bußgeldverfahren verloren.“

Zur Sache: Die Zuschriften

„Ist eine Fehlbesetzung“

Zu Ihrem Gespräch mit Dezernent Schwarz fällt mir als Erstes das Sprichwort ein „Der Fisch stinkt vom Kopf …“ Wenn eine Person, die die Rechtmäßigkeit staatlicher oder kommunaler Gesetze oder Vorgaben vertreten soll, folgende öffentliche Aussage tätigt („Die Betroffene selbst wie auch die sehr problematische weitere Person, die sich eingemischt und den Vorgang gestört hat …“), kann ich verstehen, dass niemand mehr dazu Stellung beziehen will, muss er doch mit Repressalien rechnen, die von der Verwaltung (sicherlich unter Bezeugung durch die drei forschen Mitarbeiter) eingeleitet werden. Ich denke, die problematische Person hatte das Recht, sich einzumischen, und ihr sollte Lob gezollt werden für ihr Rechtsempfinden und ihre Zivilcourage. Ein Dezernent, der zu Bürgerrechten und -pflichten eine solche Einstellung vertritt, ist eine Fehlbesetzung. Den Mitarbeitern, die noch Fingerspitzengefühl und Anstand im Umgang mit ihren Mitmenschen und Bürgern haben, wünsche ich eine gute Zeit.

Gerhard Schubert, Fußgönheim

„Mit zweierlei Maß gemessen“

Es ist für mich als System-Beraterin ungemein spannend, die Diskussion über den Leserbrief vom 17. März zu verfolgen. Es ist richtig klasse zu lesen, wie die Darstellung und Wahrnehmung der sich zu Wort Meldenden ist. Meine Wahrnehmung, wenn ich die Artikel lese, ist, der Grundtenor der Verwaltung lautet: Wir sind die Opfer. Sehr interessant finde ich, dass niemand sich zu Wort gemeldet hat von der Stadtverwaltung zu der Kritik, ich zitiere (aus dem Leserbrief): „Übrigens, am gegenüberliegenden Bahnsteig standen fünf rauchende Personen ohne Maske. Aber die waren jung, kräftig und männlich. Finde den Fehler.“Dies zeigt doch eindeutig, dass sich Leserbriefschreiber Andreas Barko die Frage stellt, warum nur die ältere Dame und nicht auch die fünf Jugendlichen eine Ordnungswidrigkeit bescheinigt bekamen. Ich stimme Herrn Barko da voll zu, ich verstehe dies auch nicht. Das suggeriert, hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Und das macht traurig, wütend, ein Gefühl von Ausgeliefertsein bei vielen Menschen. Ich hätte mir in diesem Fall gewünscht, dass man die Frau darauf aufmerksam gemacht hätte, dass hier Maskenpflicht besteht, sie doch bitte das Essen beenden soll, da man ihr ansonsten eine Ordnungswidrigkeit zur Last legen muss. Auf nicht Befolgen wäre dies für mich okay gewesen. Dass die Arbeit als Ordnungsamtsmitarbeiter herausfordernd ist, keine Frage, aber trotzdem hat jeder Mensch das Recht, mit Respekt und Achtsamkeit behandelt zu werden (beide Seiten). Da es sich um Mitarbeiter handelt, die laut Aussage bereits jahrelange Erfahrung haben, verstehe ich dieses Verhalten nicht. Denn ich gehe davon aus, dass Menschen die jahrelange Erfahrung haben, sehr gute Menschenkenntnis haben und sehr wohl wissen, wie sie mit der jeweiligen Person agieren müssen. Hier braucht’s halt Fingerspitzengefühl. Und Fälle, wie der beschriebene, kursieren genug in Ludwigshafen. Ob sie zutreffen, weiß ich nicht. (…)

Monika Kiemstedt, Ludwigshafen

„Dringender Schulungsbedarf“

Mit Interesse habe ich Ihre Berichterstattung zu einem Vorfall am Berliner Platz, das Interview mit dem Ordnungsdezernenten Herrn Schwarz sowie den ebenfalls abgedruckten Leserbrief von Herrn Barko vom 17. März gelesen. Wenn die Schilderung des Vorfalls korrekt so abgelaufen ist, wie Herr Barko in seinem Leserbrief schreibt, ich zitiere: „Zwei der Mitarbeiter traten ziemlich dicht an die Dame heran … von Mindestabstand keine Spur …“; „… sagte der Rentner, er habe laut Grundgesetz ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Darauf der Mitarbeiter: Ihr Grundgesetz interessiert mich nicht. Halten Sie jetzt den Mund …“ – dann sehe ich sehr wohl dringenden Schulungsbedarf bei dem von der Ordnungsbehörde beschäftigten Personal. Das betrifft in diesem Fall die verordneten Schutzmaßnahmen (also zum Beispiel Abstand halten), die natürlich auch von den städtischen Mitarbeitern, auch untereinander, vorbildlich zu befolgen sind. Und das betrifft insbesondere die Kenntnis über das in unserer Verfassung gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung. Das Grundgesetz allgemein gilt nämlich nicht nur für Rentner, sondern auch für die Mitarbeiter der Ordnungsbehörde. Wenn Herr Schwarz im Interview der Meinung ist „Es gibt daher keine Notwendigkeit für einen Nachholbedarf bei Schulungen oder in der Ausbildung …“, dann wäre es wohl sehr zu empfehlen, wenn er ebenfalls bei solchen Nachschulungen teilnehmen würde.

Horst Anthes, Limburgerhof

„Auf Facebook umso aufgeregter“

Ich habe den Leserbrief (…) auf Facebook gelesen, wo er von empörten Lesern geteilt und kommentiert wurde. Und tatsächlich: Der Leserbrief liest sich traurig. Noch trauriger ist allerdings (… ), dass nur der Rentner, der ebenfalls auf der Bank saß, ansatzweise etwas dazu sagen wollte und nicht der Verfasser des Leserbriefs. Ich würde gern „finde den Fehler“ beifügen, nur um dem Leserbrief entsprechend zu formulieren. Das ist allerdings eine Floskel, die mir momentan zu viele Idioten benutzen. Im Übrigen haben bei diesem Facebook-Beitrag einige Leser ihre eigenen Beobachtungen dieser Art gepostet. Und in keiner der Situationen haben diese Personen auch nur ein Wort dazu vor Ort gesagt, dafür auf Facebook umso aufgeregter. Wenn sich solche Situationen ereignen, bin ich auch empört. Dann sage ich auch was. Andere über Leserbriefe zu informieren ist okay, aber auch irgendwie peinlich, wenn man selbst nicht genug Mumm hat, um den Personen den Rücken zu stärken, die in diesem Moment Hilfe/Unterstützung benötigt hätten.

Sabine Streeck, Ludwigshafen

„Fehlt an Feingefühl“

Eigentlich ist es traurig, dass man dazu überhaupt etwas schreiben muss. Der Vollzugsdienst des ruhenden Verkehrs ist für diesen Bereich nicht kompetent, es fehlt an Anstand und Feingefühl. Aus diesem Grund ist der Brief von Herrn Barko für mich auch glaubhaft. Ich wohne im Wittelsbachviertel, Parken in zweiter Reihe ist hier Normalität, drei Meter Abstandshaltung braucht man nicht (Feuerwehr), an den Wochenenden parkt man kreuz und quer, von Überwachung keine Spur, aber die Anwohner sind gleich mit dabei beim Knöllchen an der Scheibe, man geht den Weg des geringsten Widerstandes (wie denke ich auch am Berliner Platz ). Dies sind meine Erfahrungen dazu.

R. Barthel, Ludwigshafen

Leserforum

Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem städtischen Vollzugsdienst? Schreiben Sie uns per E-Mail an redlud@rheinpfalz.de.

Der Leserbrief im Wortlaut

Die Zuschrift von Andreas Barko, veröffentlicht am 17. März:

„Am Montag, 15. März 2021, um 16.10 Uhr wurde ich Zeuge einer Maskenkontrolle an der Haltestelle Berliner Platz. Insgesamt drei Mitarbeiter der Stadtverwaltung kontrollierten eine recht betagte Rentnerin, die auf einer Bank saß und in ein belegtes Brötchen biss. Zwei der Mitarbeiter traten ziemlich dicht an die Dame heran. Da die Dame saß, hatte sie keine Möglichkeit zurückzuweichen. Von Mindestabstand keine Spur. Man merkte recht rasch, dass die Dame von der ganzen Situation sehr überfordert war. Sie stellte dem Mitarbeiter auch Fragen, was man ihr vorwerfe. Die Antwort: Geben Sie mir Ihren Personalausweis, ich diskutiere nicht mit Ihnen. Sie bekommen eine Anhörung zugeschickt und können dann schriftlich Stellung nehmen. Übrigens, Ihr Ausweis ist auch abgelaufen. Deshalb bekommen Sie auch noch mal Post von uns. Zwischenzeitlich ist ein anderer Rentner, der mit genügend Abstand am anderen Ende der Bank saß, aufmerksam geworden und sprach den dritten Mitarbeiter, der in seiner Nähe stand, an. Der Mitarbeiter antwortete, sprechen Sie mich nicht an, es geht hier nicht um Sie. Halten Sie sich da raus. Der Rentner sagte daraufhin, laut Grundgesetz habe er ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Darauf der Mitarbeiter: Ihr Grundgesetz interessiert mich nicht. Halten Sie jetzt den Mund. Sie behindern hier eine Maßnahme. Noch ein Ton und ich erteile Ihnen einen Platzverweis. Ich schäme mich, wie Mitarbeiter der Stadtverwaltung in meiner Heimatstadt mit alten Menschen umgehen. Übrigens, am gegenüberliegenden Bahnsteig standen fünf rauchende Personen ohne Maske. Aber die waren jung, kräftig und männlich. Finde den Fehler.“

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