Ludwigshafen Lu can learn: Wie Ehrenamtler jungen Erwachsenen zum Schulabschluss verhelfen

Projektkoordinator Max Berger im Unterrichtsraum.
Projektkoordinator Max Berger im Unterrichtsraum.

„LU can learn“ heißt ein Projekt, das seit April im Heinrich-Pesch-Haus läuft. Sechs junge Erwachsene ohne Schulabschluss nehmen daran teil. Das Ziel ist klar definiert: Im Frühjahr 2025 wollen sie die Berufsreife erlangen. Um ihnen das zu ermöglichen, werden weitere Ehrenamtliche gesucht.

An ein klassisches Schulzimmer erinnert der Raum nicht, der im Heinrich-Pesch-Haus für „Lu can learn“ bereitgestellt wird. Es gibt kleine Arbeitsbereiche, eine Sitzecke, Whiteboards, viele Grünpflanzen und eine große Pinnwand voll mit Lernpostern. „Unterrichtet wird hier täglich von 10 bis 16 Uhr, und zwar Deutsch, Mathematik und Sozialkunde, aber auch Wahlfächer wie Biologie und Erdkunde“, erklärt Projektkoordinator Max Berger das Prozedere.

Hauptsächlich sind es Ehrenamtliche, die für „LU can learn“ mindestens zwei Stunden pro Woche ihre Zeit investieren und jungen Erwachsenen helfen, ihren Schulabschluss nachzuholen. „Im Moment haben wir tatsächlich zwölf Personen, die Mathe unterrichten“, freut sich Jana Sand. „Für das Fach Deutsch könnten wir zum Beispiel aber noch weitere Unterstützung gebrauchen, da sind derzeit drei Ehrenamtliche im Einsatz.“

Die bisherigen Erfahrungen mit dem neuen Projekt, das Mitte April gestartet ist, seien durchweg gut gewesen. „Überrascht hat mich insbesondere, wie positiv der Umgang zwischen Schülern und Lehrern ist“, erzählt Sand. „Teilweise sind das ja wirklich hochemotionale Themen, die wir hier behandeln“, betont die Projektleiterin des Heinrich-Pesch-Hauses, die selbst auch im Unterricht aushilft, wenn die Personaldecke mal dünn ist. Jede Schülerin und jeder Schüler, der mit der Hilfe von „LU can learn“ seinen Schulabschluss nachholen wolle, bringe eine ganz eigene Geschichte mit – mal handele diese von Mobbing oder anderen schlechten Erfahrungen im Schulsystem, von fehlender Unterstützung oder auch mangelnder Akzeptanz seitens des eigenen Elternhauses, mal spielten aber auch große gesundheitliche Probleme eine Rolle oder ganz einfach falsche Freunde, an die jemand geriet und auf diese Weise den Schulabschluss aus den Augen verlor.

Wunsch nach Respekt

Zwei Frauen und vier Männer im Alter von 18 bis 21 Jahren kommen derzeit in den Unterricht im Heinrich-Pesch-Haus, erzählt Sand. Darunter seien ein Syrer, ein Serbe und vier Deutsche. Als größten Wunsch hätten alle sechs gemeinsam formuliert: dass ihnen Respekt entgegengebracht werde. „Also haben wir im Sozialkundunterricht dann auch darüber gesprochen, was denn Respekt überhaupt bedeutet“, sagt Sand. „Ja, normal sein!“, habe die Antwort geheißen – woraufhin sich wiederum Gespräche und ein Austausch darüber entwickelt habe, dass hinter Respekt auch immer das Prinzip Geben und Nehmen steht.

Sich selbst eine Meinung bilden, sei ebenfalls ein Thema gewesen, bei dem es für manche ein gewisses Aha-Erlebnis gegeben habe. „Im Vorfeld der Kommunalwahl haben wir zum Beispiel gemeinsam den Wahl-O-Mat ausprobiert und die Fragen besprochen, die es zu beantworten gab“, erzählt Jana Sand. Dabei sei es vorgekommen, dass jemand, der felsenfest überzeugt war, die AfD wählen zu wollen, am Ende aber die meisten Übereinstimmungen mit den Positionen der Partei Die Linke hatte. Über solche Dinge zu diskutieren und auch zu merken, dass die ehrenamtlichen Lehrkräfte an dieser Stelle für einen da sind und zuhören, dafür seien die Schülerinnen und Schüler sehr dankbar.

„Eine schöne Aufgabe“

Das größte Problem, das die jungen Leute im Schulalltag haben, an dem sie in der Vergangenheit ja schon einmal gescheitert sind? „Das sind definitiv die Themen Pünktlichkeit und Verlässlichkeit“, erzählt Sand. Weil die Schülerinnen und Schüler zuvor oft keinen geregelten Tagesablauf hatten, komme es durchaus vor, dass seitens des Teams zu Hause angerufen werden muss. „Was brauchst du, damit du pünktlich bist?“, sei entsprechend eine Frage, die die ehrenamtlichen Lehrkräfte ihren Schützlingen häufiger stellen.

„Insgesamt ist das Unterrichten bei ,LU can learn’ aber eine wirklich schöne Aufgabe“, betont Michael Käufer von der Stiftung Jugendhafen, die als Kooperationspartner mit im Boot ist. „Man gibt den jungen Leuten wirklich etwas fürs Leben mit, und das ist absolut beeindruckend.“

Damit das Angebot weiter verbessert und ausgebaut werden kann, suchen die Initiatoren von „LU can learn“ derzeit noch ehrenamtliche Mitstreiter. „Man sollte sich mindestens zwei Stunden wöchentlich einbringen können und Freude an der Zusammenarbeit mit jungen Menschen haben, die ihren Schulabschluss nachholen wollen“, umreißt Max Berger das Anforderungsprofil. Unter den derzeit Engagierten seien zum Beispiel Ingenieure, IT-Fachkräfte, aber auch Studenten. Manche Ehrenamtler seien bereits pensioniert, andere noch berufstätig und unterrichteten entsprechend in den Randzeiten.

Noch Fragen?

Bei Interesse steht Max Berger für weitere Infos zur Verfügung. Er ist telefonisch unter 0621 5999-107 oder per E-Mail an bergerm@hph.kirche.org zu erreichen.

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