Arbeiten im Denkmal Lustschloss, Kavaliersbau, Kaserne

Die Gebäuderückseite mit Zugang ins Pfarrzentrum.
Die Gebäuderückseite mit Zugang ins Pfarrzentrum.

Spontan denken viele bei Ludwigshafen nur an Abriss. Doch das Verzeichnis der Kulturdenkmäler lenkt den Blick auf Hunderte besondere Gebäude. Wir begeben uns auf Spurensuche und wollen wissen: Wie lässt es sich in solchen Räumen arbeiten? Heute: das Oggersheimer Schloss.

Michaela Ferner vom Heimatkundlichen Arbeitskreis weiß einiges über die bewegte Vergangenheit des Oggersheimer Schlosses zu erzählen. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang eine fiktive Rekonstruktion der gesamten Anlage, die auf der Homepage des Arbeitskreises zu sehen ist und die auf Grundlage von vorhandenen Kupferstichen erstellt wurde. Das Schloss wurde 1720 von Erbprinz Joseph Carl Emmanuel als sogenanntes Lustschloss erbaut. Es bestand ursprünglich aus zwei einstöckigen Pavillons und einem Garten.

1729 kam die Loretokapelle dazu, die später im Auftrag von Kurfürstin Elisabeth Auguste, einer seiner drei Töchter, mit der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt überbaut wurde. Ein Jahr nach seiner Frau starb der Erbprinz 1729, das Schloss versank in einen Dornröschenschlaf, bevor es 22 Jahre später von Pfalzgraf Friedrich Michael von Zweibrücken, der mit der jüngsten Tochter des Erbprinzen verheiratet war, gekauft wurde. Er ernannte das Schloss zu seinem Sommersitz und ließ es in den folgenden 16 Jahren umbauen und erweitern.

Mehrstöckige Residenz

So wurde es durch den lothringischen Baumeister Nicolas de Pigage, der auch den Schlossgarten Schwetzingen und den Ostflügel des Mannheimer Schlosses errichtete, zu einer mehrstöckigen Residenz mit Repräsentationsgebäuden, Orangerie, Laubengängen und Wasseranlagen ausgebaut. Unter anderem entstand an der heutigen Mannheimer Straße 19 der Kavaliersbau mit Büros und Wohnungen für höhere Schlossbeamte.

Winterbau vollendet

Als 1767 Friedrich Michael starb, kaufte Kurfürst Carl Theodor das Schloss und schenkte es seiner Frau Elisabeth Auguste. Sie stattete die Räume prächtig aus und vollendete den Winterbau. Da die Ehe mit Carl Theodor als zerrüttet galt, wohnte sie, so lange es die Temperaturen zuließen, in Oggersheim. 1793 floh die Kurfürstin vor den französischen Revolutionstruppen nach Weinheim und starb dort 1794. Die französischen Truppen benutzten das Schloss als Kaserne und heizten im Winter mit offenem Feuer, wodurch es zu Brandschäden kam. Nach dem Abzug der Franzosen zogen die Soldaten der deutsch-kaiserlichen Armee ein und vergrößerten die Zerstörung. Deshalb versteigerte die kurfürstliche Hofkammer 1797 die restlichen Teile des Anwesens. Erhalten blieb nur noch der Gewölbekeller des Kavaliersbaus, der Anfang des 19. Jahrhunderts mit einem eingeschossigen Nachfolgebau mit Walmdach überbaut wurde.

Von 1817 bis 1855 war er Sitz des königlich-bayrischen Rentamtes und diente danach den Direktoren der 1855 erbauten Samtfabrik, die 1944 im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, als Wohngebäude. Danach befanden sich dort städtische Wohnungen, bis das Gebäude 1977 von der katholischen Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt für die Errichtung eines Pfarrzentrums gekauft wurde. Die Kolpingsfamilie hat dabei einen Anteil von 20 Prozent übernommen und sich aktiv in über 8000 Arbeitsstunden bei den umfangreichen Umbauten beteiligt. Die offizielle Einweihung des Pfarrzentrums Adolph Kolping erfolgte am 18. Oktober 1980.

Proberäume für Kapelle

Der Gewölbekeller mit seiner beeindruckenden Größe ist noch immer im Original erhalten und lässt erahnen, welche Dimension alleine der Kavaliersbau hatte. Heute ist er bestens für Veranstaltungen bis zu 200 Personen eingerichtet und kann auch für private Feiern angemietet werden, genauso wie eine Reihe von kleineren Räumen im Erdgeschoss. Diese dienen auch als Probenräume für die 35 Mitglieder der Kolpingskapelle, dem Kirchenchor, aber auch für die vielfältigen Aktivitäten der Gemeinde, wie den sonntäglichen Frühschoppen in der Schlossschenke, die Treffen der Jugendgruppen oder das gemeinsame Kegeln auf den vorhandenen beiden Bahnen. Horst Stauder ist seit 2012 Vorsitzender der Kolpingsfamilie und damit sozusagen Chef des normalerweise gut besuchten Kommunikationszentrums. Er freut sich besonders, dass nach der erzwungenen Ruhezeit durch Corona, jetzt langsam wieder das soziale und gesellschaftliche Leben gepflegt werden kann.

Besorgt wegen Einsparungen

„Besonders schade fanden wir, dass unser 40. Jubiläum des Pfarrzentrums im Vorjahr ausfallen musste. Auch unser alljährlicher Weihnachtsmarkt zugunsten sozialer Projekte konnte nicht stattfinden. Jetzt sind wir guten Mutes, dass es vielleicht in diesem Jahr wieder klappt“, sagt er.

Etwas Sorge bereiten ihm die auferlegten strukturellen Einsparungen, die jede Kirchengemeinde des Bistums Speyer betreffen. Sollte beispielsweise das üblicherweise gut besuchte Pfarrzentrum davon betroffen sein, fände er das sehr bedauerlich. Aber glücklicherweise gebe es noch keine Entscheidungen, was konkret in der Kirchengemeinde Hl. Franz von Assisi dem Rotstift zum Opfer fallen muss. Auf jeden Fall ist die Kolpingsfamilie mit viel Herzblut dabei, wenn es gilt, sich für den weiteren Erhalt des Hauses zu engagieren.

Bisher erschienen: Stadthaus Nord, das Rathaus in Rheingönheim, das Maudacher Schloss und die Kirche St. Bonifaz in der Gartenstadt, das Oppauer Rathaus, das Geschwister-Scholl-Gymnasium.

Vorsitzender Horst Stauder im Elisabethenzimmer neben dem Bild der Kurfürstin.
Vorsitzender Horst Stauder im Elisabethenzimmer neben dem Bild der Kurfürstin.
Das Wandrelief von Adolph Kolping an der Außenwand neben dem Eingang.
Das Wandrelief von Adolph Kolping an der Außenwand neben dem Eingang.
Der Gewölbekeller.
Der Gewölbekeller.
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