Ludwigshafen Mehr Mut zu Haltung

Nico Hofmann im Mannheimer Schauspielhaus.
Nico Hofmann im Mannheimer Schauspielhaus.

„Mehr Haltung, bitte!“ hat Filmproduzent Nico Hofmann in seiner „Mannheimer Rede“ im Nationaltheater gefordert. Er ermunterte zu Streitlust und einer Debattenkultur. Für eine offene Gesellschaft in einem vereinten Europa war Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann im vergangenen Jahr zum Auftakt des neuen Gesprächsformats der Mannheimer Bühne eingetreten.

Die von Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski und Christof Hettich vom Heidelberger Bildungs- und Gesundheitsunternehmen SRH initiierten Reden sollen eine gesellschaftliche Wertedebatte anstoßen. Nico Hofmann, „der wichtigste Produzent in der deutschen Filmlandschaft“, als den ihn Kosminski vorstellte, machte Mut zu Kontroversen, geißelte Konfliktvermeidung und Egozentrismus der etablierten politischen Parteien und attackierte die AfD. Der Regisseur, Drehbuchautor, Filmproduzent und neuerdings auch Geschäftsführer der Filmproduktionsgesellschaft Ufa ging weit in seine Kindheit zurück. Der in Mannheim aufgewachsene Sohn eines Journalistenehepaars schilderte, welchen Einfluss die Erfahrungen seiner Eltern im Dritten Reich auf ihn gehabt haben. In seinem frühen, in Ludwigshafen gedrehten Film „Der Krieg meines Vaters“ sah der 58-Jährige den Beginn einer filmischen Auseinandersetzung mit Themen der Zeitgeschichte und der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, die später zu Fernsehproduktionen wie „Dresden“, „Der Tunnel“, „Die Flucht“ und „Unsere Mütter, unsere Väter“ führten. Hofmann widersprach heftig Aussagen der AfD-Politiker Björn Höcke und Alexander Gauland, die er als „brandgefährlich“ bezeichnete. Höcke hat das Holocaust-Mahnmal in Berlin als „Mahnmal der Schande“ diffamiert, Gauland gefordert, einen Schlussstrich unter die deutsche Vergangenheit zu ziehen. „Ohne Beschäftigung mit der Vergangenheit ist kein Verständnis der Gegenwart und keine seriöse Gestaltung der Zukunft möglich“, ist dagegen Hofmann überzeugt. Populisten redeten Menschenverachtung und Ausgrenzung das Wort und schürten Ressentiments, „die schon einmal Deutschland und die Welt ins Unglück gestürzt haben“. Hofmann vermisst in Deutschland und in anderen europäischen Ländern den „Mut zur Kontroverse“ mit „Haltung“, die er – beim Einzelnen wie bei einer Gesellschaft – als „Summe aller Erfahrungen“ definierte. Unter Haltung versteht er Standfestigkeit, verbunden mit Offenheit und Lebensneugier: „Das ist ein Lernprozess, der aus einem lebendigen Diskurs der Widersprüche erwächst“. Auffällig war, dass Hofmann seine Kritik nur an Politikern und Parteien festmachte. Schauspielintendant Kosminski wollte in dem auf die Rede folgenden Gespräch wissen, wie sich denn eine Streitkultur nach Hofmanns Vorstellung in der Gesellschaft installieren lasse, und verwies auf den Einfluss, den der Produzent selbst auf das Fernseh-Business habe. Auf die Frage nach der Umsetzung blieb Hofmann eine klare Antwort schuldig. Der Fernsehzuschauer bevorzuge eben Unterhaltung gegenüber politischer Aufklärung. Seine Orientierung an Quoten und Zuschauerzahlen ließ Hofmann schon in seiner Rede erkennen. Seine eigenen, durchaus unterhaltsamen filmischen Aufarbeitungen deutscher Vergangenheit nannte er „hochemotionale Fiktionen“. überregionale Kultur Termin Die dritte „Mannheimer Rede“ wird der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert am 24. April um 20 Uhr im Mannheimer Nationaltheater halten .

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