Ludwigshafen Mit 500 Gramm in ein gutes Leben starten: 25 Jahre „Station Däumling“ am St. Marien

Stationsleiterin Maike Lutz auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation des St. Marien. Elf Intensivtherapieplätze stehen dort
Stationsleiterin Maike Lutz auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation des St. Marien. Elf Intensivtherapieplätze stehen dort zur Verfügung.

Eins von zehn Babys ist ein Frühgeborenes – weltweit. In Deutschland werden jährlich rund 60.000 Kinder zu früh geboren. Dazu kommen kranke Neugeborene. Beide Patientengruppen werden auf der vor 25 Jahren eröffneten Früh- und Neugeborenenintensivstation Däumling im St. Marienkrankenhaus versorgt.

Wenn Kinder als Frühchen auf die Welt kommen, ist das oftmals ein Ausnahmezustand für alle Beteiligten. Der Säugling leistet Schwerstarbeit und muss lernen zu atmen, seine Eltern treibt die Sorge um, die zu frühe Geburt könne die weitere Entwicklung ihres Kindes beeinträchtigen. Es gibt wohl kaum einen anderen Moment im Leben, wo Angst und Glück so nahe beieinander liegen.

Am St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus werden kleine Patienten, die keinen optimalen Start ins Leben erwischen, seit inzwischen 25 Jahren auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation Däumling versorgt. Am Standort in der Salzburger Straße stehen heute elf Intensivtherapieplätze und drei Beobachtungsplätze zur Verfügung. „Jährlich betreuen wir über 300 Kinder auf der Station Däumling“, berichtet Oberarzt Paul Köhler. „200 bis 270 davon sind Frühgeborene – und davon wiegen rund 40 Kinder bei ihrer Geburt unter 1500 Gramm.“

Im Inkubator wird der Zustand des Kindes mit Geräten überwacht und es können Infusionen und Medikamente verabreicht werden.
Im Inkubator wird der Zustand des Kindes mit Geräten überwacht und es können Infusionen und Medikamente verabreicht werden.

Als Neonatologe ist Köhler auf die Behandlung von Frühchen und kranken Neugeborenen spezialisiert und weiß: „Auch wenn statistisch gesehen Frühgeborene heute ab vollendeten 24 Schwangerschaftswochen gute Überlebenschancen haben, klingt diese Information für Eltern, die ihr extrem kleines Kind im ,Brutkasten’ liegen sehen, zunächst oft unglaubwürdig.“

Nur 530 Gramm wog zum Beispiel die kleine Emma, als sie Mitte August geboren wurde. Wie winzig klein sie damals war, lässt sich anhand ihrer Fußabdrücke erkennen, die aktuell auf einer Tafel im Eingangsbereich des St. Marienkrankenhauses zu sehen sind. „Menschen, die nicht an Wunder glauben, haben noch keine Frühchen kennengelernt“, steht auf der Tafel. „Emma hat inzwischen deutlich zugenommen“, berichtet Maike Lutz, Leiterin der Früh- und Neugeborenenstation. „Auch solche Extremfrühchen können heute in ein gutes Leben starten“, betont sie.

Tafel im Eingangsbereich des St. Marien mit Fußabdrücken von Frühchen.
Tafel im Eingangsbereich des St. Marien mit Fußabdrücken von Frühchen.

Wie stolz das gesamte Team ist, mit einem sogenannten Level-1-Perinatalzentrum für Mutter und Kind eine Maximalversorgung bieten zu können, ist den Beteiligten des St. Marien beim Pressegespräch anzumerken. „Entbindungsstation und die Neugeborenen-Intensivstation sind räumlich miteinander verbunden. Wenn es hart auf hart kommt, kann ich als Arzt innerhalb von 30 Sekunden im Kreißsaal stehen“, sagt Paul Köhler.

„Nahezu alle gesund“

Doch auch die Nachhaltigkeit der medizinischen Leistung, wenn man sie denn in Zahlen messen möchte, ist beeindruckend. „Wir hatten in der Vergangenheit über einen Fünfjahreszeitraum rund 200 Kinder, die mit weniger als 1500 Gramm als unreife und damit gefährdete Frühchen geboren wurden“, berichtet der Oberarzt. „190 dieser Kinder haben wir in ihren ersten zwei Lebensjahren nachuntersucht, davon hatten 186 keine Behinderung oder Beeinträchtigung. Es sind heute also nahezu alle gesund.“

Je nachdem, wie früh ein Kind geboren werde, müsse es jedoch teils bis zu 18 Wochen im Krankenhaus verbringen, erzählt Köhler. „Eine Zeit, in der die Eltern eine Pflegekraft als festen Ansprechpartner erhalten, der sie bei der eigenständigen Versorgung ihres Kindes unterstützt.“ Doch auch nach der Entlassung machten Kinderkrankenschwestern – die sogenannten Marienkäfer – Hausbesuche, um den Familien zur Seite zu stehen, erklärt Maike Lutz.

„Babywatch“ als digitale Unterstützung

Unterstützung gibt es zudem in digitaler Form: „Damit Eltern, Geschwisterkinder und Angehörige ihrem Kind virtuell nahe sein können, solange es noch im Krankenhaus versorgt werden muss, setzen wir ,Babywatch’ ein“, berichtet Ulrich Merz, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. „Mittels an den Bettchen befestigter Kameras bekommen die Eltern zu festgelegten Uhrzeiten die Gelegenheit, ihr Kind über eine verschlüsselte Internetverbindung per Video-Livestream zu beobachten.“ Rat und Hilfe können die Eltern von Frühchen zudem auch vonseiten des Däumlingsvereins bekommen – ein Netzwerk, das aus Eltern, Ärzten und Pflegekräften besteht.

Für Maike Lutz ist das vom Verein jährlich organisierte Sommerfest immer wieder ein Höhepunkt: „Dort das unbekümmerte Lachen der Kinder zu sehen, die mal als Frühchen bei uns waren, ist immer wieder ein ganz tolles Erlebnis“, sagt sie.

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