50 Jahre Eberthalle: Leser schildern ihre Erlebnisse Mit The Who randaliert, mit Vampiren gerockt

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Viele Zuschriften drehen sich um ein Konzert, bei dem die Fetzen – und Stühle – flogen: The Who, April 1967. Aber auch weniger skandalöse Auftritte wie Schulaufführungen haben die Menschen begeistert. Ob auf, vor oder hinter der Bühne: Prägende Augenblicke ihrer Jugend verbinden sie alle mit der Eberthalle.

Band oder Familie

„Das war die wilde Zeit“, erzählt Dieter Heintz. Der frühere Oggersheimer Ortsvorsteher erinnert sich vor allem gerne an die Anfangsjahre der Eberthalle zurück, als dort viele Rockkonzerte über die Bühne gingen. Er selbst trat ebenfalls dreimal auf – mit seiner Band Vampires. Zu den Fans habe der junge Günter Ramsauer gezählt. Das SPD-Urgestein begrüße ihn bis heute mit den Worten „Na, du alter Vampir“. Den größten Auftritt absolvierten Heintz und seine Mitstreiter vor 4500 Zuschauern als Vorgruppe der Troogs. „Wir wurden als Anheizer eingeladen, weil wir den Vorentscheid für das Finale des Beat-Festivals gewonnen hatten“, berichtet der heute 68-Jährige. Oft seien bei solchen Konzerten Instrumente und Mobiliar zertrümmert worden. Hat Heintz sein Schlagzeug etwa auch zerschmettert? „Nein, da fehlte uns die Versicherung“, antwortet er und lacht. Seine Band gibt es übrigens immer noch, wie die Eberthalle feiert sie dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. Heintz hat jedoch nur bis 1971 mitgewirkt – bis zur Geburt seiner Tochter. „Dann stellte mich meine Frau vor die Wahl: Band oder Familie. Ich hab’ mich für die Familie entschieden“, verrät der Ludwigshafener. Sein Schlagzeug hat er gleich verkauft, aus Platzgründen und „damit ich nicht in Versuchung gerate“. Sein schönstes Erlebnis als Zuschauer in der Halle ist ebenfalls musikalischer Art: das Konzert der Beach Boys. „Was die damals auf die Bühne gebracht haben, war einfach spitze“, schwärmt Heintz noch heute. Der Publikumsandrang sei derart groß gewesen, dass der Auftritt der Kalifornier auf zwei Tage ausgedehnt wurde. Von den Vorzügen der Halle ist Heintz nach wie vor überzeugt. Die Technik sei zwar in die Jahre gekommen, sagt er, aber immer noch funktionell, die Architektur bleibe zeitlos einmalig. „Und für Sportveranstaltungen ist unsere Eberthalle ideal“, findet er. „Ich war einfach nur geflasht“  „Alles tolle Erlebnisse“: So beschreibt Tomas Krüger aus Freimersheim die musikalischen Erinnerungen, die er mit seinem umfangreichen Fundus an Eintrittskarten verbindet. Sein erstes Konzert in der Eberthalle war das Gastspiel Rory Gallaghers im März 1975. „Ein großer Gitarrist, leider viel zu früh verstorben“, sagt er. Für damalige Verhältnisse „echt viel Geld“ zahlte er ein halbes Jahr später für das berühmt-berüchtigte Konzert von The Who: 18 Mark. Die zwei Abende in Ludwigshafen waren deren letzter Deutschlandauftritt. „Damals war ich 15, ein unfassbares Erlebnis. 26 Songs, einer wuchtiger als der andere. Zum Ende zerlegte Pete Townshend so einiges an Instrumenten. Es waren unglaublich viele GI’s da, und ich war in meinem Alter einfach nur geflasht. Danach musste Papa als Chauffeur herhalten“, erzählt Krüger. Auch Udo Lindenberg verfolgte er live, als dieser mit seinem Album „Galaxo Gang“ unterwegs war. „Er ist heute noch immer auf Tour, Respekt“, sagt er. Damit endet seine Liste noch lange nicht. Gerne denkt er etwa an das SWR-3-Festival 1981 zurück, bei dem die Boomtown Rats und der junge Bob Geldof kurz nach der Veröffentlichung von „I don’t like mondays“ zu hören waren. Weitere Höhepunkte der Kollektion: Eine Wahlkampfveranstaltung der Grünen zur Bundestagswahl im März 1983, bei der neben Udo Lindenberg Spliff, Heinz Rudolf Kunze und Wolf Biermann am Start waren. Es folgten Joe Jackson (1984) und Midnight Oil (1990). Die Australier begeisterten ihn mit ihrem Megahit „Beds are burning“. „Sie haben sich leider viel zu früh aufgelöst“, trauert Krüger der Gruppe nach. Sänger Peter Garett ist heute Umweltminister in Down Under und für Krüger „vielleicht einer der charismatischsten Sänger auf der Bühne“. Unvergesslich: Auf los geht’s los Mit der Eberthalle sei sie gewissermaßen alt geworden, sagt Monika Pahler aus Ludwigshafen. Deshalb verbindet sie mit dem prägnanten Gebäude schöne Erinnerungen, etwa an viele Konzertabende mit Stars wie Peter Alexander und Udo Jürgens oder an einige der insgesamt 22 Verleihungen der Goldenen Stimmgabel. Auch die Sendung „Wetten, dass...“ verfolgte sie im Ludwigshafener Veranstaltungshaus. „Aber das schönste Erlebnis, das ich niemals vergessen werde, war ,Auf los geht’s los’ mit Joachim Fuchsberger. Da saß ich 1982 auf der Bank mit den Geschworenen, als rothaarige Kandidaten gesucht wurden“, blickt sie zurück. Vorher traf Pahler noch auf die Schauspielerin Linda Gray alias Sue Ellen aus der US-Fernsehserie Dallas. Leider existieren davon keine Bilder, bedauert die Ludwigshafenerin, da ja bei solchen Sendungen ein absolutes Fotografierverbot galt. Für den Auftritt damals habe jeder, der auf der Bank Platz nehmen durfte, 50 Mark erhalten. Ihre Suche nach anderen Geschworenen – in der Hoffnung, dass vielleicht einer von denen eine Videoaufzeichnung besitzt – sei leider nicht von Erfolg gekrönt worden. Als Hostess im Rampenlicht In dunkelblauer Uniform, weißen Lackstiefeln und mit Mütze: So haben einige junge Frauen im Februar 1970 vorm Eingang der Eberthalle posiert, darunter Jutta Wennagel aus Deidesheim. Die Aufnahme aus ihrer Jugendzeit hat sie kürzlich bei einem Umzug wiederentdeckt. „Meine Freundin und ich hatten uns als Hostess beworben, ebenso wie einige andere Lehrlinge beim Kaufhof“, erzählt sie die Geschichte des Fotos. Den Zuschlag bekamen ihre Mitstreiterinnen und sie für eine Wohltätigkeitsveranstaltung mit dem Titel „Beat-Show – Hallenhandball“. Diese wurde vom Förderkreis der Schwerhörigen- und Sprachheilschule aus Mannheim organisiert, unter Leitung des dortigen Oberbürgermeisters Hans Reschke und seines Ludwigshafener Amtskollegen Werner Ludwig. Die Teilnehmerliste konnte sich sehen lassen. So kamen namhafte Künstler und Sportler wie Fernsehmoderator Otto Höpfener, Sänger und Stimmenimitator Kurt Stadel, Boxer Karl Mildenberger, die 76. US-Armee-Band Square Dancers und die schwarzen Rhythmiker Tiger Dolls. Beim Blick auf die Mode muss Wennagel heute lachen. Damals sei es aber „in“ gewesen. Die Show hat sie in guter Erinnerung behalten. „Das war schon etwas Besonderes, zumal wir ja irgendwie auch im Rampenlicht standen und ganz aufgeregt waren“, verrät sie. Zudem hätten die jungen Damen – sie war damals 15 oder 16 – Pläne in die Hand bekommen, in denen genau geregelt war, wer wann wo was und wie tun muss. „Die Uniform und die Stiefel durften wir hinterher übrigens behalten.“  Krawall-Laune und Kiffer-Wolke Auf viele bemerkenswerte Erlebnisse blickt Doris Hoffmann zurück. Vor einem Konzert der Les Humphrie Singers in den 70er-Jahren war sie gerade auf dem Weg zur Eberthalle, als plötzlich in Höhe des Eingangs in den Park ein großer Citroën hielt. „Das Fenster wurde heruntergekurbelt, und mir lachte ein sehr sympathischer junger Mann entgegen. Es war Jürgen Drews“, erinnert sie sich. Der Schlagerstar fragte Hoffmann nach dem Weg zur Eberthalle. Selbstredend habe sie weitergeholfen. „Ich sagte ihm, dass er nur noch ein paar Meter zu fahren hätte, und dann wäre er da. Er bedankte sich freundlich und fuhr weiter.“ Danach setzte Hoffmann den eigenen Weg zum Konzert fort, wo sie nahe an der Bühne stand. Als Drews sie erblickte, „winkte er mir lächelnd zu“. Wie vielen anderen Lesern geht ihr aber vor allem der Auftritt von The Who nicht aus dem Kopf. „Ich war 17, das Konzert der Hammer. Pete Townshend schlug seine Gitarre auf den Boden. Das war für uns die Aufforderung mitzumachen. Wir rissen die Lehnen aus den Stühlen und schlugen im Takt dazu“, gesteht sie die Jugendsünde. Bei Ten Years After im Jahr 1972 zogen ihrer Schilderung nach Nebelschleier durch die Halle, verursacht von kiffenden Fans. „Es war zeitweise so schlimm, dass ich mit meiner Freundin, die an Asthma litt, aus der Halle musste“, berichtet Hoffmann. Aber: „Das Konzert war trotzdem super.“ Daher hofft sie, dass die Eberthalle „uns noch lange erhalten bleibt“. Schätze und ein Tigerkostüm Die eine oder andere Eintrittskarte für besondere Veranstaltungen besitzen sicher die meisten auch nach vielen Jahren noch. Manuela Engel-Krieg nennt eine wahre Kollektion solcher Erinnerungsstücke ihr Eigen, ihre gesammelten Schätze. Sie hat in der Eberthalle zahlreiche schöne Stunden verbracht und vielen Stars der Musikszene ihr Ohr geliehen, wie Barclay James Harvest oder Status Quo. Selbst den Titel des RHEINPFALZ-Berichts vom Konzert 1992 kennt sie noch: „Ein Fels in rockiger Brandung“. Obwohl ihre Erinnerungen damit beginnen, durfte sie ausgerechnet dem Ludwigshafener Gastspiel der Band Smokie, deren glühende Anhängerin sie war, im November 1977 nicht besuchen. „Ich war mit 14 Jahren noch zu jung, um abends auf ein Konzert zu gehen“, was sie bis zum heutigen Tag schade findet. Immerhin zierte ein großer Starschnitt der Zeitschrift „Bravo“ ihr Zimmer. Die Assenheimer Gruppe Grand Malör genoss Engel-Krieg bei der Altweiberfasnacht 1998 – im Tigerkostüm. Auch die Revue Holiday on Ice hat sie in der Eberthalle aus nächster Nähe miterlebt. Vom Schulorchester begeistert Clemens Blau aus Ludwigshafen verbindet mit dem Gebäude ebenfalls sehr angenehme Klangerlebnisse. In seinem Fall haben dazu allerdings keine internationalen Superstars beigetragen, sondern das Konzert des Carl-Bosch-Gymnasiums (CBG) im Vorjahr. „Dazu hatte uns 2014 die Freundin meines Sohns eingeladen, die selbst im Orchester mitspielte. Es war toll, und ich freue mich schon jetzt auf das, was das CBG in diesem Jahr auf die Bühne bringt“, sagt Blau.   Kaputte Stühle und Autogramme Norbert Schick hat Friesenheim viel zu verdanken – etwa erste Bekanntschaften mit Rotwein und Mädchen. Unvergessliche Erlebnisse in der Eberthalle zählen natürlich auch dazu, wie das legendäre The Who-Konzert 1967. „Mit dem Fahrrad bin ich, damals 13-jährig, hingefahren, später abgeholt haben mich meine Eltern in einem blauen Opel Rekord“, erzählt der Oggersheimer. Das Abholen war ihre Bedingung, dafür haben sie ihm die Eintrittskarte bezahlt. Bei der Vorgruppe, den Lords („Poor Boy“), sei alles noch in Ordnung gewesen. „Beim letzten The Who-Lied, ,Happy Jack’, schien aber die Bühne zusammenzubrechen“, schildert Schick. Alle hätten auf den Stühlen gestanden. „Ich sah nur noch hochfliegende, gebrochene Gitarrenhälse und blitzende Verstärker.“ Danach sei das Konzert vorbei gewesen, fast alle Fans hätten friedlich die Halle verlassen. „Das einzige, was wirklich kaputt war, war das Schlagzeug von Keith Moon. Und die Stühle. Von unten warfen ein paar Typen Stühle nacheinander auf die Bühne, die Roadies warfen sie wieder hinunter“, erinnert er sich. Im Nachhinein habe alles wie eine von The Who geplante Inszenierung gewirkt. Sie hätten sich als besonders wilde Band verkaufen wollen, um sich von der Beat-Konkurrenz in England abzuheben. „Das Ende vom Lied war ein jahrelanges Rock/Pop-Konzertverbot in der Eberthalle“, bedauert Schick. Fan der Beach Boys ist er auch, doch deren Konzert verpasste er. „Ich durfte nicht hin, weil ich zu jung war. Ich habe aber hinterher einem Klassenkameraden für eine Mark das Programmheft abgekauft – mit den Originalunterschriften von Dennis Wilson, Mike Love und Bruce Johnston. Sensationell.“ Bei einer Ferienreise im Sommer 1969 wurde Schick Irland-Fan. Als die Judo-WM 1971 in der Eberthalle stattfand, sei er um die irischen National-Judoka herumgeschlichen. Am zweiten Tag gewann er ihre Sympathie, weil er jedem von ihnen eine Flasche Guinness mitbrachte. „Die habe ich morgens in einem Feinkostladen in Oppau ergattert“, verrät er. Als Dank habe ihm einer der Kämpfer sein T-Shirt geschenkt, auf dem der Name seines Heimatvereins in Belfast stand. Er sei Katholik gewesen und habe sich geweigert, für „Great Britain & Northern Ireland“ zu starten – die blutigen Unruhen in Nordirland erreichten da gerade ihren Höhepunkt. Deshalb sei der Mann für die Republik Irland gestartet, obwohl er dort gar nicht lebte, erzählt Schick, der in jungen Jahren auch Autogrammjäger war. Bei den Sportpressefesten in der Eberthalle ergatterte er die Unterschrift von Moderator Rudi Michel, Ringer Wilfried Dietrich und Fußball-Trainerlegende Seppl Herberger („Was willst du, Bub?“ „Ein Autogramm bitte, Herr Herberger“). Schick: „Er hat mit Seppl Herberger unterschrieben, nicht mit Sepp, Josef oder ohne Vorname.“ Zum Ärzte-Konzert mitgeschleift Roland Epple aus Ludwigshafen wurde 1987 zum Konzert der Ärzte „mitgeschleift“, wie er berichtet. „Die wussten scheinbar selbst nicht so genau, wo sie sich befinden, und redeten immer von ,heute Abend hier in Mannheim’“, erinnert sich der 49-Jährige. „Sie spielten auch legendäre Songs, die auf dem Index standen wie ,Helmut Kohl schlägt seine Frau’. Der kam natürlich besonders gut an.“ Die Eberthalle hat für Epple auch einen gewissen Angstfaktor, denn die erste Stunde der Fahrschulen fand (und findet) auf dem Parkplatz vor der Halle statt. „So manche Kupplung und Bremse“, vermutet er, „wurde da sicher schon bis zur Weißglut gequält.“ Die stärkste Liga der Welt Sport statt Musik zieht Markus Scherf aus Limburgerhof in die Eberthalle. Genauer gesagt: Die Handballer der TSG Friesenheim. Seit der Saison 2009/10 besucht er regelmäßig die Spiele der „Eulen“. „Als Handballfan erfreut es einen, wenn direkt vor der Haustür die Teams aus der stärksten Liga der Welt auflaufen. Mit viel Glück auch in der Saison 2015/16!“ Zusammengestellt und bearbeitet von Steffen Gierescher und Markus Müller

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