Ludwigshafen Optimistisch eher nicht

Stimme, Gitarre und poetische Gedanken zu tragischen Themen aus dem Mund einer unscheinbaren jungen Frau: Liz Green eröffnete die „Querbeat“-Konzertreihe im BASF-Gesellschaftshaus in Ludwigshafen. Die britische Künstlerin vereint in ihren Songs reduzierte Musik mit nachdenklichen Texten und einer ungewöhnlichen Bühnenpräsenz.

Wenn Liz Green auf die Bühne geht, hat es ein wenig den Charme eines Schulkonzerts. Scheinbar vollkommen verunsichert blättert sie erst einmal in dem schwarzen Notizbuch, sucht die Reihenfolge ihrer Songs die sie vorher säuberlich notiert hat, findet die richtige Seite nicht, dann doch, legt das Buch auf den Boden. Dann schnallt sie die Akustikgitarre um die Schulter, schaut schüchtern ins Publikum. „I’m gonna sing some songs“, verkündet sie schließlich. Ein paar Lieder wird sie also singen. Im Laufe des Abends merken die Zuhörer, dass Liz Green mit ihrer zurückgenommenen Art und dem leisen Sprechstimmchen bewusst spielt. Spätestens dann, wenn sie in einem Nebensatz unerwartet eine humorvolle Bemerkung fallen lässt oder eine grotesk-witzige Geschichte erzählt – wie die von der Beerdigung ihres Onkels, bei der die Kirche mit Tina Turners „Simply the Best“ beschallt wurde. Um den Tod geht es oft in den Texten der 30-jährigen Sängerin aus Manchester. „Rybka“ handelt von einem Alkoholiker, Liedzeilen wie „Oh, what life is this?“ oder „I do not have much to say“ künden von Verzweiflung und Verunsicherung. Von Tod und Tragik erzählt sie in poetischen Umschreibungen, das traurige Thema schleicht sich fast unmerklich in die verspielte Musik. Eine Optimistin ist Green definitiv nicht. Dennoch triefen die Songs dank kreativer Begleitklänge auch nicht vor Verzweiflung, sondern machen schlicht nachdenklich. Würde sie nicht mit ihrer zaghaften Stimme vorher ankündigen, um was es geht, würden die Stücke oft im Unkonkreten verbleiben. Aber das möchte die Künstlerin ganz bewusst so – mit Bildern sprechen. Nur mehr Textverständlichkeit wäre wünschenswert gewesen. Stattdessen konnten sich die Zuhörer in den Sog der Musik begeben. Da ihre Band, wie sie erzählte, derzeit auf der ganzen Welt verstreut unterwegs ist, musste sie im Gesellschaftshaus allein antreten, nur mit Gitarre und Flügel. Greens Stimme ist ein Phänomen, bewegt sich direkt an der Grenze zwischen Sprechlage und Kopfstimme, droht zu kippen, balanciert auf den Grenzen der Intonation. Dabei klingt sie leicht nasal, auch mal soulig. Liz Green singt keine eingängigen Melodien, die zu Ohrwürmern werden könnten. Stattdessen springt sie munter von Ton zu Ton, immer sehr konzentriert mit starrem Blick in ihre Musik versunken. Die Instrumentalbegleitung scheint bei so manchem Stück im Gegensatz zum Text zu stehen. Folk-Klänge beim „Midnight Blues“, ein bisschen Norah-Jones-Pop beim Titelsong des neuen Albums „Haul away“. Der Konzertabend mit Liz Green wirkt aus der Zeit gefallen, ist ein ruhiges Fließen und weniger grotesk, als die Videos zu ihren Songs im Internet vermuten ließen. Dort schleichen gruselige Figuren in Schwarz-weiß über die Bildfläche so wie in einem Tim-Burton-Animationsfilm. Das eher spärlich anwesende Publikum im Gesellschaftshaus war nach anderthalb Stunden überzeugt und beglückt. Drei Zugaben und eine, für die wenigen Leute, verhältnismäßig lange Schlange beim anschließenden CD-Verkauf. Dazu viel Applaus. Das Konzert in Ludwigshafen war ihr letzter Auftritt in diesem Jahr. Vielleicht sogar für lange Zeit, wie sie auf der Bühne erzählt, denn: Sie habe jetzt endlich einen richtigen Job gefunden, was besonders ihre Eltern sehr freue. Lachen aus dem Publikum. Ob Liz Green das ernst meint, weiß man nicht genau. Vielleicht ist es auch nur wieder der besondere Humor der scheinbar so schüchternen Britin.

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