Ludwigshafen Pfalzbau: Stockhaus liest Ludwig Thoma

In diesem Jahr richten die Festspiele Ludwigshafen im Theater im Pfalzbau den Blick nach München. Dabei sind es nicht allein Inszenierungen aus dem Residenztheater, den Kammerspielen oder der Schauburg, die im „Fokus Theaterstadt München“ zu erleben sind, sondern auch Konzerte und Lesungen. In einer Matinee las der Schauspieler Holger Stockhaus aus Ludwig Thomas „Lausbubengeschichten“.

Das Dutzend Kurzgeschichten erschien 1905, als der Oberammergauer Anwalt und Schriftsteller Ludwig Thoma Redakteur der in München erscheinenden satirischen Wochenzeitschrift „Simplicissimus“ war. Es sind humoristische Erzählungen aus dem Alltag eines Schuljungen, heitere Schilderungen vornehmlich von Bubenstreichen, die oft den bayerischen Provinzialismus aufs Korn nehmen. Ihr Untertitel „Aus meiner Jugendzeit“ deutet darauf hin, dass sie möglicherweise auf tatsächlichen Begebenheiten beruhen. Einige könnten ihren Ursprung in Landstuhl in der Pfalz, damals Bayern, haben, weil Thoma über mehrere Jahre genau hier zur Schule ging und 1886 auch die Maturitätsprüfung, das Abitur, hier ablegte. Jenseits der Literatur kennt man seine „Lausbubengeschichten“ durch die Verfilmung von Helmut Käutner. Stockhaus’ morgendlicher Vortrag der populären Schulbankerzählungen hätte wohl besser in ein bayerisches Wirtshaus gepasst als ins helle Gläserne Foyer des Pfalzbaus. Der Schauspieler selbst ist Hannoveraner und derzeit an der Volksbühne und am Deutschen Theater Berlin zu erleben. Im Kino ist er aktuell in der Detlev-Buck-Komödie „Wuff“ zu sehen, im Fernsehen verbindet man ihn etwa mit den Comedy-Serien „Ladykracher“ und „Sketch History“ oder der ZDF-Krimireihe „Friesland“. Ein eindeutig norddeutscher Hintergrund also, der den 45-Jährigen zunächst wenig prädestiniert dafür erscheinen lässt, Ludwig Thomas oberbayerische, zum Teil recht derb krachlederne Streichesammlung vorzulesen. Aber Stockhaus macht seine Sache ausgezeichnet. Er versucht gar nicht erst – oder nur äußerst selten –, die bayerische Mundart nachzuahmen, und entwickelt allein über seinen lebendigen Vortrag einen gewissen bajuwarischen Gestus, der Thoma treffend gerecht wird. Wie eine Fortsetzungsgeschichte flicht Stockhaus dabei immer wieder Abschnitte aus „Tante Frieda“ ein, die erst etwas später erschien, aber zu den bekanntesten Erzählungen des Autors gehört. „Wenn sie bleiben möchte, finde ich schon etwas, dass sie geht“, erklärt der Lausbub in dieser Geschichte angesichts des Besuchs der mäkeligen Tante und malträtiert ihren unschuldigen, aber eben unsympathischen Papagei Lorchen. „Um Ihnen nicht zuletzt aus Jugendschutzgründen die ganz schlimmen und unappetitlichen Passagen zu ersparen“, aber auch um möglichst viele der Erzählungen zum Vortrag zu bringen, habe er Thomas Texte etwas gekürzt, erläutert der Schauspieler, der als Zugabe zur Gitarre noch das Wienerlied „Wenn der Herrgott ned will“ anstimmt. Man darf sich dabei wie in einem Grinzinger Heurigenlokal fühlen.

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